Aeon
wir!«
»Das geht ja schnell bei dir, was?«
»Wart erst mal ab«, warnte sie.
»Okay. Wenden.« Er deutete auf die nächste Straßeneinmündung.
Die von Mauern gesicherten Wartungsstraßen verliefen durch die Gebäude der Stadt und darunter, wobei die Steigungen maximal zehn bis fünfzehn Prozent betrugen. In einem Abschnitt fühlte man sich allerdings wie auf einer Achterbahn. Takahashi redete ihr schmeichelnd zu und jagte sie so über Berg und Tal. »Passierten gerade den Versorgungsknoten dieses Abschnitts«, erklärte er.
Wenn die Wartungsstraßen durch Tunnels führten und wo Bögen und andere Gebilde das Röhrenlicht größtenteils ab schirmten, verbreiteten große, milchige Scheiben warmes Licht. Überhaupt waren in der Stadt keine Schatten zu entdecken; alles war gleichmäßig ausgeleuchtet.
Takahashi empfahl ihr ein geringeres Tempo, als sie sich einer Gabelung in der Wartungsstraße näherten. Er nahm einen Lesestift aus seiner Tasche und richtete ihn auf ein Gewirr von Strichen in unterschiedlichen Stärken am Ende der linken Mauer. Der Stift war mit seiner Tafel verbunden, die nun eine Karte darstellte mit digitalen Koordinaten und Richtungshinweisen zu nahe gelegenen Punkten. »Links«, sagte er. »Gleich kommen wir in den Wohnblock. Durch die Hintertür sozusagen.«
Die Wartungsstraße verlief nun unterhalb des Innenhofs eines glitzernd vergoldeten Turms. Lichter blitzten ihnen beim Einfahren entgegen, aber die Form des Laster – oder ihre Anwesenheit im Führerhaus – löste keine automatischen Reaktionen aus.
»An der offenen Tür vorne anhalten!«, sagte Takahashi.
Ein Schild, das an einer Kette hing, versperrte den Durchgang. Nachdem Patricia das Fahrzeug angehalten und die Feststellbremse betätigt hatte, las sie das Schild.
BEFAHREN UND BETRETEN VERBOTEN!
Y. JACOB, DIREKTOR
DES ARCHÄOLOGISCHEN TEAMS
»Und das ist sein Ernst«, bemerkte Takahashi trocken. »Absolut tabu, der Bereich hinter dem Schild. Sie haben dieses Ge bäude schon durchgesehen; deshalb dürfen wir rein. Aber nichts anfassen.«
Sie kletterten auf einen hüfthohen Sims und gingen gebückt durch einen Durchgang. Sämtliche Türen wurden durch neu installierte Schlösser und Ketten offen gehalten. Patricia bemerkte weitere Sensoren, die zum Teil mit silberglänzendem Band über klebt waren, an Wänden, Boden und Decke.
»In diesem Gangsystem wurden Nahrungsmittel und andere Bedarfsgegenstände für diesen Block angeliefert. Automatische Loren verteilten die Waren auf die entsprechenden Förderbänder, von wo aus sie in die jeweiligen Geschosse gelangten. Von jetzt an sind wir allerdings keine Ware mehr, sondern Menschen.«
Durch einen weiteren offenen Durchgang gelangten sie ins weitläufige Foyer im Erdgeschoss. Sessel und Sofas in aufwendigem Design – offenbar aus Naturhölzern – bildeten eine vertieft angelegte Sitzgruppe nahe einem breiten Fenster mit einer Scheibe aus einem Stück, die mindestens zwanzig Meter bis zur Decke reichte. Vor dem Fenster war ein gepflegter Blumen garten angelegt. Patricia war begeistert von dieser Illusion. Plötz lich fiel ihr auf, dass die Sonne schien und durchs Laubwerk der Bäume der blaue Himmel glänzte.
»Hübsch«, sagte sie.
»Der Garten ist echt. Sonne und Himmel sind falsch«, meinte er unverbindlich.
»Ich habe mich schon gefragt, wie die ohne Sonne und blauen Himmel ausgekommen sind.«
»Wenn du rausgehen würdest, könntest du feststellen, dass die Scheibe uns was vorgaukelt.«
»Wirkt aber sehr echt.«
Der Boden erinnerte an glänzendes Steinmosaik, fühlte sich jedoch wie Teppich an. Patricia rieb mit den Sohlen dagegen, was keinerlei Geräusch erzeugte.
»Das Hochfahren kostet Überwindung«, warnte Takahashi. Am anderen Ende des Foyers waren zwei offene Schächte in die Wand eingelassen. »Für nicht Schwindelfreie nicht zu empfehlen.« Sie betraten den linken Schacht. Takahashi deutete nach unten und trat mit dem Fuß auf einen roten Kreis am Boden. Der Kreis leuchtete auf. »Sieben«, sagte er. »Alle beide.«
Der Boden wich zurück. Ohne sichtbaren Halt wurden sie nach oben getragen. Außer dem Gefühl von Bewegung empfand man dabei nichts. Patricia riss die Augen auf und umklammerte Takahashis Arm. Über dem Foyer war der Schacht ohne jegliche Markierung. Es war nicht zu erkennen, wie viele Geschosse sie passierten.
»Dauert nur ’ne Sekunde«, sagte er. »Findest d u’s nicht auch ganz toll? Ich weiß nicht, wie viele Romane ich gelesen hab,
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