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Aeon

Aeon

Titel: Aeon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Damen«, sagte er, »wir haben zu tun.«
    »Sicher«, erwiderte Farley. Carrolson grinste hinter Rimskayas Rücken. Sie kehrten ins Zelt zurück.

16
    Vasquez setzte ihre Erkundungstour durch die Stadt der dritten Kammer mittels Bibliothekssimulation fort. Sie stellte fest, dass sie freizügig durch die Aufzeichnungen wandern und jede gewünschte Richtung einschlagen konnte, wobei ihr der Zutritt in Privaträume allerdings nach wie vor verwehrt blieb.
    Auf diese Ausflüge griff sie hauptsächlich zurück, um nach konzentrierten Denkphasen zu entspannen und abzuschalten. Darüber hinaus erkundete sie die Stadt zu Fuß; es gab ihr ein berauschendes Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit, mittels Faltplan oder Tafel plus Memoblock die Stadt zu erwandern, ohne jemandem Rechenschaft ablegen zu müssen. Dabei schaffte sie es fast, ihre düsteren Gedanken zu verdrängen – aber nur fast.
    Wenigstens einmal pro vierundzwanzig Stunden fuhr sie mit der Bahn von der sechsten zur dritten Kammer. Hin und wieder benutzte sie die Bibliothek in der zweiten Kammer, wobei sie manchmal blieb und auf der Pritsche im verdunkelten Lesesaal schlief. Das war allerdings nicht gerade ihr liebster Schlafplatz – sie bevorzugte das Zelt in der siebten Kammer mit Menschen ringsum –, aber der ungestörteste. Nicht einmal Takahashi benutzte die Bibliothek in der zweiten Kammer häufig.
    Die Bibliotheken waren die beiden Hauptbereiche ihrer Arbeit. Während die Probleme, die ihren Verstand durchwanderten, von einem Punkt zum nächsten schritten, befasste sie sich damit, mehr Informationen aufzunehmen, als sie benötigt hätte; sie schwelgte in intellektueller Fülle.
    Wenn sie um Quellen bat zum Aufbau des Steins, erschien als deutliches Signal die massive schwarze Kugel, morgenstern artig von einem Stachelkranz umgeben. Eine freundliche Stimme kommentierte dazu: »Es stehen derzeit keine Daten darüber zur Verfügung. Bitte wenden Sie sich ans Bibliothekspersonal.«
    Bald hatte sie die frustrierende Systematik dahinter durchschaut. Buchstäblich alles, was mit der Theorie und Konstruktion der sechsten Kammer zu tun hatte, war unzugänglich. Es gab keinerlei Informationen zur siebten Kammer und zum Korridor; die Antwort auf einschlägige Fragen lautete schlicht: »Nicht vorhanden …« in Kombinationen mit einem schwarzen Balken.
    Während sie sich über die schroffe Abfuhr ärgerte, fiel ihr ein, dass sie zurückgehen und die eigenen – auch zukünftigen – Arbeiten abrufen könnte, um zu sehen, ob es zu ihr ein Gegenstück gäbe und ob dieses Gegenstück einen prägenden Beitrag zum Universum des Steins geliefert hätte.
    Dabei war ihr dieses Vorgehen gar nicht geheuer; abergläubisch zögerte sie immer wieder, dieser Frage auf den Grund zu gehen. Als sie schließlich an ihren Namen geriet, geschah dies aus purem Zufall.
    Die einzig nützlichen Hinweise zur sechsten Kammer waren in der Bibliothek von Alexandria zu finden und steckten in einem fünfundsiebzigbändigen Grundlagenwerk, das den Eindruck einer Kunstdruck-Edition für Sammler oder nostalgische Ruheständler aus technischen Berufen erweckte.
    Es war der fünfundvierzigste Band, ein Zweitausend-Seiten- Wälzer voller Theorie über die anfängliche Technik in der sechs ten Kammer und die Trägheitspufferung, wo sie ihren Namen in einer Fußnote entdeckte.
    Im dunklen Lesesaal, der mit Tischlampen und Lichtleisten nur spärlich beleuchtet war, starrte sie mit großen Augen auf die Anmerkung.
    »Patricia Luisa Vasquez«, las sie wie verzaubert. »Theorie n-räumlicher Geodäsie, bezogen auf die Newto n’s che Physik mit besonderer Berücksichtigung der p-Simplon-Weltlinien.« Sie hatte keinen Aufsatz dieses Titels geschrieben – noch nicht jedenfalls.
    Es würde im Jahre 2023 im Postmortalen Journal für praktische Physik erscheinen.
    Patricia würde also den Tod überleben.
    Und zumindest auf diese bescheidene Art zum Bau des Steins beitragen.
    Sie fand den Artikel auch in der Bibliothek der Stadt Thistledown, wo man ihn offenbar für dermaßen antiquiert hielt, dass er nicht mit einer Sperre belegt war. Beim Lesen bekam sie klamme Finger, so kompliziert war der Text. Sie musste sich durch fremde Symbole und eigenartige Begriffe kämpfen und hatte Mühe nachzuvollziehen, was ihr Gegenstück in achtzehn Jahren niederschreiben würde – oder schon vor Jahrhunderten niedergeschrieben hatte. Insgesamt hatte sie nur eine leise Ahnung.
    In der später korrigierten Anfangsplanung hatte

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