Aerger mit dem Borstenvieh
da unten?« fragte er.
»Nicht schlecht«, erwiderte ich. »Eigentlich geht’s uns sogar ganz gut.«
Der Ernst der Situation veranlaßte ihn, seine flache Mütze aufzusetzen. Er saß und fixierte mich wie ein erzürnter Richter, bevor er etwas sagen konnte. »Mein Gott, Jacky«, brachte er schließlich hervor, »so was zu sagen, ist sehr gefährlich, wenn irgendein verflixter Fremder in der Nähe sein könnte, das zu hören. Geh bloß nicht rum und plaudere solche Dinge aus! Denk ja daran, daß du jetzt ein Bauer bist und das Klagen lernen mußt.«
Seine Stammtischkumpel nickten zustimmend. So blieb mir nichts anderes übrig, als um die verständnisvolle Nachsicht des Gerichtshofes zu bitten und eine Runde Bier auszugeben.
In der Nacht, die auf meine unglückliche Entgleisung in den Optimismus folgte, rief Howard bekümmert an. Wir schliefen bereits.
»Bring deinen Sohn John mit, wir brauchen eure Hilfe«, sagte er. »Es gibt hier Schwierigkeiten mit einer kalbenden Kuh. Könnt ihr kommen?«
Eine Absage kam nicht in Frage. Auch nur ein Gedanke daran wäre sträflich gewesen, denn er hatte für uns schon viel getan. Ich weckte. John, und wir zogen uns hastig an.
Die Uhr zeigte auf Viertel nach elf. Es war kalt draußen.
Der Mond über uns rutschte wie ein silberner Pfennig zwischen den dünnschichtigen Wolken hin und her. Oberhalb des Hauses waren Eulen in der Weide auf der Jagd; ihre Schreie sollten kleine Nagetiere aufschrecken, die sich durchs Weglaufen verraten würden. Im Viehhof quiekte etwas, wahrscheinlich ein bedauernswertes Opfer, das von einer der Katzen erwischt worden war. Mein Sohn, inzwischen größer geworden als ich, schlang seinen Mantel enger um sich und schauderte.
»Howard hat dies schlecht arrangiert. Er hat überhaupt keinen Sinn für richtige Zeiteinteilung.« Mit diesen Worten kletterte er ins Familienauto, einen Austin 1800, und wir fuhren los.
Ungeduldig wartete unser Freund bereits auf uns. Er sah sehr müde aus. Mit einer Hand fuhr er sich durchs ergrauende Haar und sagte: »Tut mir leid, euch rauszuklingeln. Aber das Kalb ist festgeklemmt — eine Steißgeburt —, ich möchte, daß du und John es für mich rauszieht.«
Ein handfester Grund. Ein gutes Stierkälbchen brachte zwischen vierzig und fünfzig Pfund, vielleicht sogar mehr im Auktionsring ein.
Wir folgten ihm in den Stall. Dort lag in einem mit Stroh ausgelegten Gehege eine junge Kuh, angekettet an einen dicken Pfahl. Nach ihrem Äußeren war sie eine Hereford/Aberdeen Angus. Mißtrauisch sah sie uns an und kam schnell hoch.
»Sie kalbt zum ersten Mal«, erklärte uns Howard. »Außerdem ist das Kalb für sie zu groß und kommt obendrein noch mit dem Hinterteil zuerst.«
»Woran sehen Sie das?« fragte John. Er hatte angefangen, Abendkurse zu besuchen, die vom Landwirtschaftlichen Beratungsdienst organisiert wurden.
»Der Schwanz ist auf dieser Seite«, entgegnete ihm Howard. »Du kannst deine Hand reinstecken und ihn fühlen, wenn du willst.«
Doch John zog es vor, ihm auch so zu glauben.
»Wie willst du’s machen?« fragte ich.
»Die Hinterbeine kann ich greifen«, erläuterte er mir. »Wenn ich zwei Seilenden daran festmache, kannst du und John es daran herausziehen, während ich es auf den richtigen Weg rücke. Ihr müßt nur genau meinen Anweisungen folgen.«
Wir versprachen es und zogen unsere Mäntel aus.
Die Kuh protestierte nicht, als er seine Hände wusch und mit der Arbeit begann. Es gelang ihm, die Hinterbeine weit genug herauszuziehen, so daß wir kurze Seile daran binden
konnten. Von der natürlichen Gleitflüssigkeit war bereits eine Menge verlorengegangen, daher sollte als Ersatz eine Seifenlösung den gleichen Zweck erfüllen.
Wir begannen zu ziehen. Bald waren Hinterbeine, Schwanz und Hinterteil des Kalbes draußen, während Howard das zum Vorschein kommende Tier zu lenken versuchte. Als wir bis zu den Rippen den meisten Teil des Körpers herausgezogen hatten, bedeutete uns Howard, nun unsere Anstrengungen zu verstärken. Jetzt mußte das Kalb umgehend ganz heraus. Denn eine der größten Gefahren bei Steißgeburten war, daß dabei Magen und Eingeweide gewaltsam gegen Herz und Lunge gepreßt wurden, oftmals mit tödlichem Ausgang. Wir achteten auf seine Zeichen und zogen in dem Augenblick, als die Kuh zu pressen begann. Auf der Höhe der Schultern und des Kopfes gab es nochmals ein kurzes Zögern, aber dann war es soweit: das Neugeborene lag auf dem Stroh.
Es war ein Stierkalb mit
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