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Aerger mit dem Borstenvieh

Aerger mit dem Borstenvieh

Titel: Aerger mit dem Borstenvieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
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kam dafür in Frage? Jeder lieh sie sich bei ihm aus — also warum nicht auch wir? Ich rief ihn an.
    »Kannst sie nehmen, falls du herausbekommst, bei wem sie gerade sind«, sagte er. »Allerdings kostet dich das ‘ne Runde Bier. Falls du sie auf stöberst, bring sie anschließend hierher zurück. In ein oder zwei Tagen brauche ich sie wahrscheinlich selbst.«
    Es gab nur einen Mann, den man in dieser Angelegenheit zu Rate ziehen konnte: Griff aus der >Schmiede<, unser einheimischer Mister Ich-bring-das-in-Ordnung.
    »Ich glaub’, der junge Medlicott unten vom Bach hat sie. Für alle Fälle ruf ihn vorher an. Eigentlich müßte er jetzt damit fertig sein.«
    Er hatte die Scheiben tatsächlich. Schnell schwang ich mich auf unseren Traktor und fuhr sofort los, damit niemand anderer sie mir wegschnappen konnte.
    Medlicott war ein Mann Anfang Dreißig mit einem runden Mondgesicht und etlichen Kilos zuviel. Durch die Gläser seiner billigen Krankenkassenbrille blinzelte er mich an.
    »Da drüben stehen sie«, sagte er und führte mich auf das angrenzende Feld.
    »Du machst ein Gesicht, als hättest du ‘n Pfund verloren und ‘n Pfennig gefunden«, sagte ich. Dieser Spruch war nicht sehr originell — Old Jonathon führte ihn oft im Mund.
    »Die verfluchten Schafe«, erwiderte er erklärend. »Sieh dir das an.«
    Vor einer Woche hatte er sein fünf Hektar großes Feld mit Kohlsetzlingen bepflanzt. Die Absicht war gewesen, das Endprodukt auf den Gemüsemarkt nach Birmingham zu schaffen und mit gutem Profit zu verkaufen.
    »Damit kann man gut Geld verdienen, da bin ich ganz sicher«, hatte er gemeint. »Die Städter bezahlen jeden Preis für frisches Gemüse, wenn der Vorrat zur Neige geht.«
    Ich erinnerte mich gut an Shirleys Kommentare über die hohen Preise für Gemüse während unserer Großstadtzeit und entgegnete nichts.
    »Und was hältst du jetzt davon?« fragte er mit einer weit ausholenden Armbewegung.
    Von seinem Plan waren nur noch lange Reihen kahler Kohlstrünke übrig. Etwa drei Zentimeter über dem Boden waren die Pflänzchen abgenagt worden.
    »Die verfluchten Schafe sind über das Feld hergefallen und haben alles ratzekahl leergefressen«, sagte er.
    »Deine Schafe?«
    »Einige gehörten Geoff Bradley", antwortete er. »Aber die meisten waren meine. Haben sich glattweg durch die Hecke gezwängt.«
    »Und was machst du jetzt?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Von vorne anfangen, denke ich, wenn ich wieder dazu in der Lage bin. Hat keinen Zweck auf jemanden zu warten, der es für mich macht.«
    Ich wünschte ihm für das nächste Mal mehr Glück.
    Die Scheiben lieh ich mir nicht das erste Mal aus. Wie immer bekam ich dabei undankbare Bemerkungen zu hören.
    »Sei vorsichtig damit auf der Straße, sonst zerbrechen sie.«
    »Gibt es hier in der Gegend nicht jemanden, der bessere Scheiben hat als diese?« fragte ich.
    Mit Daumen und Zeigefinger kniff sich Medlicott in die Nase und grinste.
    »Und wenn es jemanden gäbe, wäre der nicht so doof und würde sie verleihen.«
    »Oder nicht so großzügig?«
    »Sag das bloß nicht laut, sonst kommt er noch auf bestimmte Gedanken. Aber ich glaube, du hast recht...«, stimmte er mir zu.
    Die Scheiben sahen schon recht merkwürdig aus, aber man konnte Räder darunter befestigen, damit man sie über die Straße fahren konnte. Medlicott half mir dabei, sie richtig anzukoppeln und schloß hinter mir wieder das Tor.
    »Achte auf den Verkehr.«
    Als ich wegfuhr, lehnte er über dem Tor und bedachte wollige Vierbeiner ausgiebig mit Flüchen.
    Bereits eine Stunde später war ich auf dem Zwei-Hektar-Feld beim Arbeiten. Unter den Traktorrädern zerkrümelten die verkrusteten Furchen, und die flachen, messerscharfen Scheiben zerschnitten und kneteten den braunen Boden und glätteten die Unebenheiten aus. Zunächst das Feld der Länge nach rauf und runter, dann quer zu den Furchen und zum Schluß wieder der Länge nach.
    Wie immer folgte den Scheiben eine Armee von Vögeln auf der Suche nach Engerlingen und Insekten. Sich brüstende Kiebitze — wegen ihres Rufes bei den Einheimischen als >Piewitze< bekannt — , kecke, zutrauliche Bachstelzen, etwas unbeholfen auf den Erdklumpen, die mit ihren langen Schwänzen aussahen, wie niedliche Herrschaften aus der Stadt in schwarzweißen Anzügen; Krähen mit großen Schnäbeln und Horden gesprenkelter Stare mit ihrem Stechschritt, die sich in meergrüne Juwelen zu verwandeln schienen, wenn die Sonne sie beschien.
    Was sie fanden,

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