Aerzte zum verlieben Band 43
die Hand auf die Schulter. Obwohl sie Pulli und Mantel trug, hatte sie das Gefühl, seine Wärme auf der Haut zu spüren. Flora erschauerte unwillkürlich.
âIch bin wirklich froh, dass du gekommen bist.â
âDafür sind Freunde doch daâ, sagte sie leichthin und wandte sich zum Gehen, bevor sie sich zu irgendwelchen Dummheiten hinreiÃen lieÃ. Wie zum Beispiel, sich auf die Zehenspitzen zu stellen, die Arme um seinen Hals zu legen und mit den Lippen seinen Mund zu berühren ⦠âHast du etwas, wo du die Blumen hineinstellen kannst?â
âNeinâ, antwortete er bestürzt. âDaran habe ich überhaupt nicht gedacht.â
Sie zog ein Marmeladenglas und eine kleine Wasserflasche aus ihrer Umhängetasche. âIm Blumengeschäft kannst du spezielle Vasen kaufen, die man einfach in die Erde steckt, aber fürs Erste bleiben deine Blumen hier drin frisch.â
âDanke.â Erleichtert und bewundernd zugleich blickte er sie an. âDass du sogar daran gedacht hast!â
Mit einem verlegenen Lächeln tat sie sein Lob ab. âIch komme zu dir, wenn ich fertig bin, okay?â
Flora nahm die verblühten Blumen der letzten Woche aus der Vase und schaffte auf der Grabfläche Ordnung, ehe sie die neuen einstellte. Danach machte sie sich auf die Suche nach Tom.
Mit versteinerter Miene stand er vor dem Grab. Seine Wimpern waren verräterisch feucht. Flora erinnerte sich an die erste Zeit, als sie nach dem Tod der Eltern hierhergekommen war. Sie war allein gewesen und von Trauer überwältigt auf die Knie gesunken und hatte sich fast die Augen aus dem Kopf geweint. Damals hatte sie sich gewünscht, jemanden bei sich zu haben, der sie in den Arm nahm. Vielleicht ging es Tom genauso.
Und da konnte sie etwas tun.
âKomm herâ, sagte sie sanft, schlang die Arme um ihn und hielt ihn fest.
Tom schloss die Augen und legte die Arme um Flora. Als er sich an sie lehnte, das Gesicht an ihr Haar geschmiegt, stieg ihm ihr zarter Rosenduft in die Nase. Die Wärme, die ihr weicher weiblicher Körper ausstrahlte, gab ihm wieder Kraft.
âEntschuldigeâ, sagte er heiser. âFür gewöhnlich bin ich nicht so schwach.â
âJemanden zu vermissen ist kein Zeichen von Schwäche.â
Nicht? Er war Feuerwehrmann, von ihm wurde erwartet, dass er sich im Griff hatte. Er verlor nie die Nerven, nicht einmal in äuÃerst kritischen Situationen. Warum brach er dann fast zusammen, nachdem er Blumen auf das Grab seiner Schwester gelegt hatte?
âEs fühlt sich aber so anâ, antwortete er.
âDas gehört zur Trauer dazu, Tom. Wenn wir trauern, empfinden wir die unterschiedlichsten Dinge. Vielleicht bist du wütend auf den geliebten Menschen, weil er dich verlassen hat. Oder du glaubst, dass es deine Schuld ist, dass du mit diesem Verlust für etwas bestraft werden sollst. Andere sind wie betäubt. All das ist natürlich und geht mit der Zeit vorbei.â
âDas kann ich im Moment nicht glaubenâ, gestand er. âWährend der Arbeit funktioniert es ja noch, aber zu Hause ⦠Und ich hätte nie gedacht, dass es so schwer sein könnte, Vater zu sein. Die Sorgen, die man sich macht, sind manchmal kaum zu ertragen.â
âElternschaft ist nie einfach, vor allem nicht, wenn man allein davorsteht. Was du fühlst, ist normal, Tom. Zerbrich dir deswegen nicht den Kopf.â
âWahrscheinlich hast du recht.â Er gab ihr einen kurzen Kuss aufs Haar. âWollen wir woandershin gehen?â
âJa. Wie wäre es mit einem Strandspaziergang?â
âGute Idee. Am Meer war für mich schon immer die Welt in Ordnungâ, sagte er. âAls Kind habe ich die Bucht geliebt, egal, ob im Sommer oder mitten im Winter â der Wind hat meine Sorgen davongepustet und das Rauschen der Brandung meine Zweifel besänftigt.â Und mit Flora an seiner Seite kam es ihm plötzlich so vor, als könnte er es schaffen, sein Leben auÃerhalb der Arbeit in den Griff zu bekommen.
Ãber den Pfad zwischen den Klippen gelangten sie hinunter an den Strand. Friedlich lag der Ozean da, die Wellen rollten über den Sand und zogen sich sanft wieder zurück. Schweigend gingen Tom und Flora nebeneinander her.
SchlieÃlich wandte er sich ihr zu. âIch habe noch einmal darüber nachgedacht, ob es wirklich richtig ist, dass ich dir Joey so viele Stunden
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