Aerzte zum verlieben Band 43
er wieder Joeys Namen.
âWenn er Angst hat, machen Sie ihn damit erst recht panischâ, sagte Flora ruhig. âAls ich in seinem Alter war, bin ich nicht gern zur Schule gegangen. Ich habe mich oft in der Garderobe versteckt.â
Tom wagte nicht zu hoffen, dass Joey auf die gleiche Idee gekommen war. Doch es wäre möglich. âIch weiÃ, dass dort schon jemand nachgesehen hat, aber â¦â Er warf einen Blick auf die Kinder, die wie eine Herde Lämmer dicht gedrängt am Ende des Schulhofs zusammenstanden. â⦠Joey ist ein schmächtiges Kind. Vielleicht hat man ihn nicht bemerkt, weil er sich ganz still verhalten hat.â
Zusammen eilten sie in die Halle zur Garderobe.
âIch fange an diesem Ende an, nehmen Sie das andere, Flora?â
âJa.â
Tom sah hinter jedem Mantel nach, bis er sie plötzlich leise rufen hörte: âHier ist er!â
Zusammengekauert und kreideweià im Gesicht hockte Joey hinter ein paar Mänteln. In seinem ganzen Leben war Tom noch nie so froh gewesen, ihn zu sehen. Er fiel auf die Knie und drückte seinen Neffen fest an sich, ohne sich darum zu scheren, dass er ihn mit Ruà und Aschestaub schmutzig machte.
Joey wand sich in seinen Armen. âDu tust mir weh!â
Die piepsige Stimme schnitt ihm ins Herz. Seit dem Tod seiner Eltern wich der Kleine jeder Berührung aus. Früher, da hatte er es geliebt, auf den Schultern seines Onkels zu reiten, mit ihm FuÃball zu spielen oder bei seinem Vater oder Tom auf dem Schoà zu sitzen und die groÃe Rutsche auf dem Spielplatz im Park hinunterzusausen. Jetzt, so kam es Tom vor, hatte er sich in den hintersten Winkel eines tiefen Schneckenhauses zurückgezogen, wo ihn niemand erreichen konnte.
Er lieà ihn los. âEntschuldige, Jojo, das wollte ich nicht. Ich hatte nur solche Angst um dich, weil ich dich nicht finden konnte.â
Joey starrte ihn stumm an.
âDas war ein schrecklicher Nachmittag, aber jetzt ist alles in Ordnungâ, versicherte Tom sanft. âIch muss noch hierbleiben, bis das Feuer endgültig aus ist. Du kannst bestimmt bei Mrs Bailey im Büro bleiben und vielleicht ein bisschen malen, bis ich die Tagesmutter erreicht habe. Sie nimmt dich dann mit.â
Der Junge schwieg immer noch. Wenn ich nur wüsste, was in ihm vorgeht, dachte Tom. Fühlte er sich vernachlässigt, oder verstand er, dass Tom seine Arbeit machen musste, weil andere Menschen ihn brauchten?
Flora hatte sich auf die schmale Bank unter den Garderobenhaken gesetzt. âOder möchtest du mit zu mir kommen, bis dein Onkel hier fertig ist? Ich wohne auf einem Bauernhof, und ich habe den liebsten Hund der Welt.â
Tom blickte auf. âAber ich kenne Sie kaum.â
Sie bekam rosige Wangen. âJoey kennt mich, und mein Chef wird für mich bürgen ⦠Sie kennen doch Nick Roberts?â Als er knapp nickte, fuhr sie fort: âUnd es macht wirklich keine Umstände. Ich muss nur meine Unterlagen aus dem Kindergarten nebenan holen, die Schutzimpfungen kann ich sowieso erst nächste Woche fortsetzen. Die Kinder sind bestimmt schon alle nach Hause gegangen.â
Sie glaubte offenbar, dass er Joey jemandem anvertraute, den er nicht kannte. Andererseits hatte er sich bisher auf seine gute Menschenkenntnis verlassen können, und Flora gefiel ihm. Sie war freundlich und mutig und hatte zuerst an die Kinder gedacht.
âWäre das für dich in Ordnung, Joey?â, fragte er.
Der blickte misstrauisch drein, und Tom war schon drauf und dran abzulehnen, als Flora anbot: âDu kannst mit meinem Hund spielen, und ich zeige dir den Bauernhof.â
âHundâ, sagte Joey.
Und zum ersten Mal seit langer, langer Zeit lächelte er. Ganz kurz nur, ehe sein Gesichtchen wieder ausdruckslos wurde, aber immerhin.
Plötzlich fiel Tom die Entscheidung leicht. âMöchtest du mit Flora gehen und dir den Hund ansehen, Joey?â
Diesmal nickte Joey.
âIch kann mir im Kindergarten einen Kindersitz ausleihen.â Flora zog einen Notizblock aus ihrer Tasche und schrieb etwas auf. âMeine Adresse, meine Telefonnummer und meine Handynummer. Hier, bitte.â
âDanke.â Tom zögerte. Es war doch nicht so einfach, ihr Joey mitzugeben. âNehmen Sie es mir nicht übel, ich denke, ich kann Ihnen vertrauen, aber â¦â
âWenn es um Kinder geht, kann man nicht vorsichtig genug seinâ, beendete
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