Aerzte zum Verlieben Band 47
was wirklich passiert war. Andy wurde vom Dienst suspendiert, als die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen aufnahm, und schließlich verlief alles im Sande. Der Pathologe stellte Unfall mit Todesfolge fest, und es kam nie zu einem Prozess. Trotzdem kehrte Andy nicht mehr ans Krankenhaus zurück.
Warum sollte er auch? Aus eigener leidvoller Erfahrung wusste Alice nur zu gut, wie es war, zu Unrecht beschuldigt zu werden. Man konnte seine Unschuld beteuern, so oft man wollte, aber ohne Beweise war man machtlos.
Sie selbst war nach Neuseeland zurückgekehrt, um hier wieder neu anzufangen, doch Andrew hatte mehr Mut aufbringen müssen, denn er war vorher noch nie in diesem Land gewesen. Als allein erziehender Vater ohne Freunde und Familie hatte er niemandem, der ihm im Notfall helfen konnte. Alice wusste, warum er diesen Schritt gewagt hatte: Er wollte nicht länger in einer vergifteten Atmosphäre leben, und er wollte seine Tochter schützen. Emmy sollte nicht eines Tages Gerüchte hören, dass ihr Vater schuld am Tod ihrer Mutter war.
Verglichen damit war der ungerechte Vorwurf, Betäubungsmittel entwendet zu haben, eine Lappalie! Alice lehnte sich zurück. Andrew Barrett hatte mehr zu verlieren als sie. Jemand, der seine Geschichte kannte, konnte ihn ruinieren – sowohl persönlich als auch beruflich.
Sie lachte auf. Welch eine merkwürdige Fügung des Schicksals! Nicht genug damit, dass sie in seiner neuen Abteilung arbeitete, nein, der arme Kerl hatte zu allem anderen auch noch feststellen müssen, dass sie auf seinem Anwesen wohnte.
Wenn sie ehrlich war, so tat er ihr leid. Natürlich machte sie sich Sorgen, wie es weitergehen sollte, und es tat weh, dass er ihr immer noch misstraute. Trotzdem verspürte sie das starke Bedürfnis, ihn zu trösten und ihm zu sagen, dass sie von den Gerüchten über ihn kein Wort glaubte.
Aber das durfte sie nicht. Sobald sie ihm zeigte, dass er oder seine Tochter ihr wichtig waren, machte sie sich angreifbar. Und wieso sollte sie ihm entgegenkommen? Er schien ja immer noch zu glauben, dass sie die Drogen genommen hatte.
Andererseits … vielleicht konnte es nicht schaden, wenn er wusste, dass jemand auf seiner Seite war? Einen Freund setzte man nicht einfach vor die Tür, und es konnte gut sein, dass Andrew Barrett seinen Entschluss noch einmal überdachte.
„Alles hat seinen Sinn“, sagte sie zu Jake, als der sich neben ihrem Bett auf den Boden legte. Alice machte das Licht aus und starrte im Dunkeln an die Decke. „Es mag sich verrückt anhören, aber vielleicht wandelt sich all das noch zum Besten, was mir je passiert ist.“
4. KAPITEL
„Guten Morgen, Dr. Barrett!“
„Ah … guten Morgen, Alice.“
Ihr strahlendes Lächeln hatte ihn eindeutig irritiert. Anscheinend hatte er nicht damit gerechnet, dass sie sich freuen würde, ihn zu sehen. Und der schnelle Seitenblick, den er ihr zuwarf, bevor er die für ihn bereitliegenden Unterlagen auf dem Tresen durchblätterte, war mehr als argwöhnisch.
Aber Alice’ Munterkeit war nicht gespielt. Sie fühlte sich großartig, voller Zuversicht und sehr viel besser als gestern. Warum sollte sie nicht freundlich zu ihm sein? Andrew war ein anständiger Mann. Er würde ihr nicht absichtlich das Leben schwer machen und für einen Freund bestimmt einiges tun.
„Haben Sie den Sonnenaufgang heute Morgen gesehen? Einfach herrlich!“ Ihr Dienst hatte um sieben Uhr begonnen, und auf der Fahrt hatte sie das Gefühl, direkt in die aufgehende Sonne zu fahren, die die Landschaft in ein blassrosa und zartgoldenes Licht tauchte. Andrew hatte sicher ein atemberaubendes Panorama genießen können, mit der Silhouette der zerklüfteten Berge vor dem rötlich schimmernden Horizont.
„Hmm.“ Er sortierte einige Blätter aus. Dann warf er einen Blick auf die Weißwandtafel, um zu sehen, wo die Patienten lagen, die er sich ansehen wollte.
„Der April ist der schönste Monat in Canterbury“, fuhr sie fort. „Morgens ein wenig frisch, aber dann gibt es diese stillen sonnigen Tage.“
Sie betrachtete seinen Hinterkopf und fragte sich, ob er sie weiterhin ignorieren würde. Dabei geriet sie unwillkürlich ins Träumen. Für die natürlich goldenen Strähnen in seinem dunkelblonden Haar bezahlten manche Frauen beim Friseur ein Vermögen. Ob er als Kind hellblond gewesen war? Dann hätte Emmy die blonden Haare von ihm geerbt, denn soweit Alice sich erinnerte, waren Melissas Haare gefärbt gewesen.
„Nachts ist es allerdings schon
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