Aerzte zum verlieben Band 48
widerspenstigen Locken zu kämmen.
„Ich bin gleich fertig und kann dann nach unten zum Frühstück gehen, Chor-cheh“, verkündete das kleine Mädchen. „Weißt du was? Ablito hat gesagt, ich kann dich auch Papá nennen. Möchtest du, dass ich Papá zu dir sage?“
Papá !
Jorge glaubte, sein Herz würde entzweibrechen. Der Kloß in seinem Hals machte es unmöglich, ihr zu antworten, und so nickte er nur.
Begeistert klatschte Ella in die Hände und stürmte dann auf ihn zu. „ Papá! Papá! Papá !“, sang sie glücklich.
„Darf ich sie nach unten tragen?“, fragte er Caroline, während Ella schon ihre Arme um seinen Hals schlang.
Caroline nickte.
„Und du?“, erkundigte sich Jorge. „Soll ich dir etwas zu essen heraufbringen lassen?“
„Nein, schon gut. Ich bin gleich fertig und komme dann ins Esszimmer.“ Sie stand auf und wich Jorges Blick aus. Er fragte sich offensichtlich, worüber sie gerade nachdachte. Doch das wusste sie ja nicht einmal selbst genau …
Nach dem Frühstück verließ Jorge das Haus und murmelte etwas von einem wichtigen Termin.
„Dann werde ich dich und Ella gleich zum Kindergarten begleiten, Caroline“, versprach Carlos.
Die Flitterwochen waren also vorbei. Eine tiefe Traurigkeit überkam Caroline, als sie darüber nachdachte, wie es auch hätte sein können. Trotz ihrer pompösen Hochzeit hatte sich im Grunde nichts geändert.
Und doch war alles anders.
Der Tag verging wie im Flug. Ella fand den Kindergarten wundervoll, und es schien sie nicht im Mindesten zu stören, dass die anderen Kinder alle Spanisch sprachen. Erfreut bemerkte Caroline, dass ihre Tochter schon erstaunlich viel gelernt hatte.
„Möchten Sie Ella gleich für zwei, drei Stunden hierlassen, damit sie sich langsam eingewöhnen kann?“, fragte die Kindergärtnerin. „Vielleicht bis zur Siesta – also bis ungefähr ein Uhr?“
Caroline sah Ella fragend an, und bevor sie etwas sagen konnte, hatte ihre Tochter geantwortet. „O ja! Bitte Mummy!“
„Ich werde zu Fuß nach Hause gehen.“ Caroline lächelte Carlos an. Ihr Schwiegervater hatte so viel Zeit auf die Hochzeitsvorbereitungen verwandt, dass sie ihm eine Pause gönnen wollte.
„Bist du sicher?“
„Ja, bestimmt“, versicherte sie und verabschiedete sich.
Sie schlenderte den Boulevard entlang und genoss den Schatten, den die dichten Palmenblätter ihr spendeten. Auf der kleinen Plaza herrschte rege Betriebsamkeit. Menschen lachten und unterhielten sich, irgendwo ertönte Gitarrenmusik, und alle Anwesenden schienen entspannt und glücklich zu sein.
Caroline erinnerte sich, dass Jorge seine Heimatstadt immer als den schönsten Ort der Welt beschrieben hatte. Wehmütig dachte sie an diese unbeschwerte Zeit zurück, und mit einem Mal wusste sie, dass sie nicht aufgeben durfte. Es musste ihr gelingen, die Hindernisse zwischen ihnen aus dem Weg zu räumen.
Wenn sie ihn nur genügend liebte, würde er … nein, ihre Gefühle würde er wahrscheinlich nicht erwidern. Aber es würde ihnen bestimmt gelingen, einigermaßen harmonisch zusammenzuleben.
Vielleicht war das die Lösung. Wenn sie aufhörte, auf seine Liebe zu hoffen, würde alles einfacher werden. Sie musste eben akzeptieren, dass er sie nie geliebt hatte.
Wieder zu Hause angekommen, ging Caroline entschlossen in ihr Schlafzimmer. Bisher hatte sie alle ihre Sachen in diesem Raum gelassen und am Vorabend nichts mit in Jorges Zimmer genommen.
Doch jetzt war alles anders. Sie hatte sich selbst die Erlaubnis gegeben, Jorge zu lieben, und sie würde keine Kompromisse machen.
Viel gab es nicht umzuräumen, und nachdem sie ihre Kleidung in seinen Schrank gehängt und ihren Kulturbeutel in sein Bad gestellt hatte, beschloss Caroline, dass weitere Veränderungen nötig waren.
„Wo könnte ich einkaufen gehen?“, fragte sie Antoinette. „Ich möchte nicht immer nur in Jeans und T-Shirts herumlaufen.“
Antoinettes Augen leuchteten auf. „Ich weiß genau das Richtige für Sie!“, rief sie. „Ganz in der Nähe hat kürzlich eine neue Boutique eröffnet. Sie haben ganz wundervolle, außergewöhnliche Kleider!“
„Würden Sie mich begleiten?“, bat Caroline. Antoinette strahlte.
Doch als sie vor dem kleinen Laden angekommen waren, bekam Caroline Angst vor ihrer eigenen Courage. Bisher hatte sie immer nur praktische Kleidungsstücke eingekauft. Nie wäre es ihr in den Sinn gekommen, sich für einen Mann hübsch zu machen. Als sie nun die bunten, extravaganten Kleider sah,
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