Aerzte zum verlieben Band 55
hatte.
âMeine Eltern â¦â Annabelle unterbrach sich, und er konnte die Traurigkeit in ihrer Stimme deutlich hören.
Sie sind tot, dachte Nick. Ich habe wirklich ein Talent, ständig das Falsche zu dieser Frau zu sagen.
âUnsere Eltern â¦â, setzte Annabelle noch einmal an, â⦠sind nicht immer für uns da. Wir sind eine ziemlich zusammengewürfelte Familie, aber Kitty, also meine Schwester Katherine, und ich haben seit jeher ein enges Verhältnis gehabt. Wir passen aufeinander auf.â
Damit war das Gespräch so abrupt beendet, dass Nick sich schon wieder völlig verunsichert fühlte. Diese Frau brachte ihn einfach durcheinander, und jetzt blätterte sie wieder in ihrer Zeitung, als wäre nichts geschehen.
2. KAPITEL
Nick konzentrierte sich auf die Landschaft, aber irgendwie fielen ihm ständig wieder Ausschnitte aus ihrem Gespräch ein. Was hatte Annabelle noch gesagt?
âZusammen campen?â Die Worte waren ihm einfach herausgerutscht, und zwar wesentlich lauter, als ihm lieb war.
Zumindest war es ihm gelungen, Annabelles Aufmerksamkeit zu erregen. Sie schaute ihn missbilligend an.
âBitte? Was ist jetzt wieder los?â, fragte sie.
âSie sagten, wir würden zusammen campierenâ, rief er ihr ins Gedächtnis. âVorhin, als Sie über Ihr Haar und meine Kleidung gesprochen haben. Warum sollten wir zusammen campen gehen?â
Immerhin verdrehte sie nicht die Augen, sondern lächelte nur. âWenn Sie unser Arbeitsprogramm genau gelesen hätten, dann wüssten Sie, dass es am kommenden Wochenende einen Singleball gibt und danach das Blue-Hills-Rodeo. Bei solchen Veranstaltungen ist zwar immer auch ein Sanitätsteam vor Ort, aber für uns sind das gute Gelegenheiten, uns mit den Einheimischen bekannt zu machen. Und dann kommt â¦â
âNein, halt!â Nick hob die Hand. âFangen wir noch mal von vorne an. Was ist denn ein Singleball? Irgendeine Sportart?â
âSehr witzig.â Annabelle schüttelte den Kopf. âHaben Sie wirklich noch nie von einem Singleball gehört? Sie müssen tatsächlich ein sehr behütetes Leben geführt haben. Also, diese Bälle sind eine typisch ländliche Tradition, die auf Schaf- und Rinderfarmen im ganzen Land stattfinden. Es kommen Hunderte Gäste, und längst nicht alle sind vom Land. Glauben Sie mir, es gibt GroÃstädter, die würden alles tun für eine Einladung zu einem Singleball.â Sie grinste ihn an. âEs ist eine typische Outback-Veranstaltung: Die Männer auf der einen Seite, die Frauen auf der anderen, und drauÃen stehen jede Menge Pick-ups.â
Okay, das erklärte den Ball. Allerdings wusste er noch immer nicht, warum sie deswegen campen sollten.
âUnd werden wir bei diesem Ball auch tanzen?â, fragte er stattdessen.
âWarten Sieâs abâ, sagte sie und wandte sich wieder ihrer Zeitung zu.
Nick schaute aus dem Fenster. Die rotbraune Landschaft unter ihm schien sich bis zum Horizont zu erstrecken. Inzwischen waren die grünen Flecken verschwunden, es gab nur einige Bäume und eine einzige schmale StraÃe, die nach Westen führte. Auf die Dächer der vereinzelten Häuser waren in groÃen Buchstaben Namen gemalt.
Nick vermutete, dass die Namen den berühmten fliegenden Ãrzten, die die medizinische Versorgung im Outback sicherstellten, bei der Orientierung halfen, wenn sie zu ihren Patienten unterwegs waren. Aber er wollte Annabelle gegenüber nicht noch mehr Unwissenheit zur Schau stellen, daher fragte er nicht nach.
Kurz darauf kündigte ein Rumpeln an, dass das Fahrwerk des Flugzeugs ausgefahren wurde. Der Pilot verkündete, dass sie demnächst landen würden.
âDa drauÃen wird es sehr heià sein. Und grell. Haben Sie eine Sonnenbrille dabei?â, fragte Annabelle, während das Flugzeug aufsetzte.
Er nickte nur, während seine Nachbarin ihre Reisetasche unter dem Sitz hervorkramte.
âWohin sind all diese Leute eigentlich unterwegs?â, erkundigte sich Nick, während er die anderen Passagiere betrachtete, die sich im Gang drängten.
âDie meisten sind Arbeiter der Ãlfirmen, die eine neue Schicht beginnenâ, erklärte Annabelle. âSie wissen vielleicht, dass Murrawalla praktisch über Nacht entstand, als neue Ãlvorkommen sechzig Kilometer westlich von hier entdeckt wurden. Deswegen wurde ja auch
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