Aerzte zum verlieben Band 55
ein. âIch dachte, Dad würde sich weigern. Kitty erinnerte sich ja nicht einmal an Mum, aber er sagte, dass es für uns das Beste wäre. Er hat uns manchmal angerufen, wenn er in der Stadt war, aber â¦â
Annabelle konnte nicht weitersprechen, und Nick bedrängte sie nicht. Da er eine glückliche Kindheit und liebevolle Eltern gehabt hatte, konnte er ihre schmerzvollen Erfahrungen nicht wirklich nachvollziehen. So hielt er sie einfach nur fest und hoffte, dass die Tränen ihre Trauer lindern würden.
SchlieÃlich löste sie sich von ihm. âIch schaue lieber, ob ich im Camp etwas tun kann, aber wahrscheinlich hat Betsy-Ann schon seine Sachen zusammengeräumt und das Beste herausgesucht.â
Obwohl sie so hart über ihre Halbschwester sprach, hörte Nick keine Bitterkeit in Annabelles Stimme. Er spürte, dass sie sich längst mit den Brüchen in ihrer Familie abgefunden hatte. Dann fiel ihr jedoch offenbar etwas anderes ein.
âIch muss es Kitty sagen ⦠Oder vielleicht zuerst Joe, ihrem Freund, damit er es ihr beibringt. Kitty hat Dad seit Jahren nicht gesehen, und wir haben die letzten sechs Jahre nichts mehr von ihm gehört, also wird sie vielleicht nicht â¦â Wieder stockte sie.
â⦠nicht so verzweifelt sein wie du?â, beendete Nick ihren Satz.
âWir hatten so ein enges Verhältnisâ, flüsterte sie. âIch konnte es überhaupt nicht verstehen. Erst hat er uns einfach gehen lassen, und dann hat er uns nicht geholfen, als wir ihn brauchten. Einige Jahre später ist Mum mit einem Mann abgehauen, den sie gerade kennengelernt hatte. Als ich meinem Dad schrieb, dass wir allein waren, sagte er, wir sollen zu ihm zurückkommen. Ich wäre sofort gegangen, aber Kitty war in der Schule so fleiÃig, sie wollte unbedingt studieren und Ãrztin werden, das hätte sie hier niemals gekonnt. Ich habe Dad alles erklärt und ihn gebeten, uns mit etwas Geld zu unterstützen. Er hat nie geantwortet. Wahrscheinlich war er zu enttäuscht, dass wir nicht nach Hause gekommen sind.â
Nicks Herz zog sich vor Mitleid zusammen. Wie konnten Eltern ihren Kindern das nur antun?
âUnd was habt ihr dann gemacht?â Kitty musste noch ein Teenager und auch Annabelle kaum erwachsen gewesen sein.
âIch habe meine Ausbildung unterbrochen und voll gearbeitet, um Geld sparen zu können. Kitty hat neben der Schule gearbeitet, und wir hatten ein kleines staatliches Stipendium, so haben wir es irgendwie geschafft. Ich kann meinen Vater ja verstehen ⦠Wenn wir nur nach Hause gekommen wären, dann hätte er sich um uns gekümmert. Aber es hätte Kittys ganze Zukunft verbaut.â
Bruce kam angelaufen und blieb mit hängender Zunge hechelnd vor ihnen stehen.
Annabelle streckte eine Hand aus und tätschelte ihn. âBraver Hund.â Sie legte die Arme um ihn.
Nick betrachtete sie nachdenklich. War es ihr jetzt etwa unangenehm, dass sie eben in seinen Armen geweint hatte?
Seine Vermutung bestätigte sich, als sie gleich darauf aufstand und sagte: âWenn es dir nichts ausmacht, würde ich gerne allein zu Fuà zum Camp gehen. Ich habe noch etwas zu erledigen.â
Es machte ihm sehr viel aus, sie in ihrem Kummer einfach allein zu lassen, selbst wenn es das war, was sie wollte. Aber er zwang sich, zum Auto zurückzugehen.
Er fuhr zum Camp von Annabelles Vater hinüber, voller Zorn auf diese rücksichtslosen Eltern. Dort empfing ihn Annabelles Halbschwester Betsy-Ann, die sich darüber klagte, dass Annabelle nicht sofort gekommen war, um ihr zu helfen. Offenbar hatte sie tatsächlich bereits angefangen, das Büro von Gerald Donne auszuräumen.
Nick bot ihr seine Hilfe an.
âSie sollten sich wohl besser erst umziehenâ, stellte Betsy-Ann mit einem Blick auf seine blutige und dreckige Kleidung fest. âKommen Sie.â Sie führte ihn hinaus zu einem weiteren Schuppen. âIch sehe mal nach, ob ich etwas Sauberes von meinem Vater für Sie finde.â
Sie zeigte keine erkennbare Reaktion auf seinen Anblick, obwohl sie wissen musste, dass das Blut auf seiner Kleidung von Gerald Donne stammte. Gleich darauf kehrte sie mit einem Baumwollhemd und einem Paar Shorts zurück und reichte sie ihm. Seltsamerweise machte es ihm nichts aus, die Kleidung eines toten Mannes zu tragen. Es fühlte sich sogar fast tröstlich an, da sie Annabelles Vater gehört
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