Aerzte zum verlieben Band 55
können.â
Besser hätte sie ihn nicht beschreiben können, den einen Moment, den jeder Chirurg durchlebte. Doch statt der gewohnten Verbitterung verspürte Tom ein Interesse, das er seit zwei Jahren nicht mehr empfunden hatte.
Wie sehr hatte er es vermisst, mit Kollegen zu reden ⦠mit einem Chirurgen. Natürlich hatte er mit Ãrzten gesprochen, aber da war er der Patient gewesen ⦠ein himmelweiter Unterschied.
âUnd in der Neurochirurgie hält selbst das Bekannte manchmal unangenehme Ãberraschungen bereitâ, sagte er.
Der feine Luftzug, den er im Gesicht spürte, brachte den betörenden Duft nach Magnolien mit sich. Tom begriff, dass Hayley sich wieder vorgebeugt hatte.
âSelbst mit MRT?â
âDie Schichtaufnahmen sind eine ausgezeichnete StraÃenkarte, um die richtige Richtung zu finden. Aber wie so oft bei Fotos geht es mitunter um das, was nicht auf dem Bild ist.â
âJeder menschliche Körper ist die Variation eines Themas.â
Ihr Enthusiasmus faszinierte ihn. âStimmt genauâ, bekräftigte er. âIch kann mich noch genau erinnern, wie ich â¦â Greller Techno-Beat zerriss die Luft.
âEntschuldigung, das ist mein Handy.â Der Lärm verstummte. âHayley Grey.â
Tom blieb nichts anderes übrig, als zuzuhören. Die Worte waren ihm vertraut, weil er früher fast dieselben gesagt hatte â beim Abendessen, im Bett, im Wagen, auf seinem Fahrrad.
Hayley atmete scharf ein. âWann â¦? Notaufnahme â¦? Wie viele? Fünf Minuten ⦠okay, dann in zwei. Rufen Sie David Mendez an ⦠Bis gleich.â
Sein Puls schlug schneller. âGibt es ein Problem?â
âVerkehrsunfall.â Er hörte, wie sie den Stuhl zurückschob. âIch muss zurück.â
Langsam schob auch er seinen Stuhl zurück und erhob sich. Wenn er nur wüsste, wo sie stand! Der vertraute Ãrger wurde besänftigt, als er ihren Duft wahrnahm.
âTom â¦â Ihre Hand schob sich in seine, und er spürte warme, samtigweiche Haut.
Erregende Hitze durchströmte ihn, so heftig, dass er die andere Hand zur Faust ballte, um sich zu beherrschen. Sonst hätte er Hayley an sich gezogen. Es war, als wäre sein Körper nach langem Schlaf erwacht und völlig ausgehungert. Tom wollte Hayley berühren, erkunden, ob ihr Körper so üppig und sexy war, wie ihre sinnliche Stimme und ihr Duft nach Sonne und Sommergärten es versprachen.
Sie drückte seine Hand. âDanke für das beste Saté, das ich auÃerhalb Asiens gegessen habe.â
âKeine â¦â Tom räusperte sich. âKeine Ursache. Ich bringe Sie zurück.â
âVielen Dank, aber ich muss rennen.â
Tom hörte das Bedauern in ihrer Stimme, noch bevor sie das Wort ausgesprochen hatte. Er konnte nicht rennen â¦
Hayley entzog ihm ihre Hand. âIch werde nicht fragen, ob Sie zurechtkommen, weil Sie mir wahrscheinlich sonst den Kopf abreiÃen.â
Er zwang sich zu einem Lächeln. âDa haben Sie recht.â
âIch habe in vielem recht. Gute Nacht, Tom.â
âGute Nacht, Hayley.â
Eilige, sich schnell entfernende Schritte, das Bimmeln der Glocke, als die Tür aufgezogen wurde, eisige Winterluft, die Toms Knöchel umwehte, dann der dumpfe Laut, als die Tür ins Schloss fiel. Hayley war weg, lief jetzt die StraÃe hinunter, in Gedanken bei ihrem Notfall.
Und er konnte sie nicht ins Krankenhaus begleiten, geschweige denn, ihr dabei helfen, Menschenleben zu retten.
Zorn kochte in ihm hoch, und er suchte mit bebenden Händen die Rückenlehne seines Stuhls. Mit einem unterdrückten Fluch lieà er sich auf die Sitzfläche sinken, stieà dabei mit einer Hand gegen seinen Teller. Kalter Reis quoll zwischen seinen Fingern hervor. Tom fluchte wieder und schob den Teller von sich. Ein lautes Klirren folgte, als dieser in Scherben auf dem Boden landete.
Enttäuschung und Wut, oft verspürte Gefühle an diesem Tag, überrollten ihn wie eine erstickende Woge. Tom schnappte unwillkürlich nach Luft, als ihm klar wurde, was das bedeutete. Wenn sie zurückkamen, waren sie eine Weile nicht da gewesen.
In der Zeit beim Abendessen.
Eine Stunde Zeit, die du mit Hayley verbracht hast.
Aber jetzt waren sie wieder da, stärker und niederschmetternder als vorher. Es erinnerte ihn daran, dass sein Leben ein armseliger Abklatsch dessen
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