Aerzte zum Verlieben Band 57
es war zu spät, um das Skizzenbuch zuzuklappen, zu spät, um ihre geheimen Gedanken zu verstecken. Charlie hatte das Buch zu sich herumgezogen und betrachtete interessiert die Zeichnungen.
„Du kannst wirklich toll zeichnen“, meinte er anerkennend.
Sie hoffte immer noch inständig, dass er die Lippen nicht erkannte.
„Ist das für Lexi?“ Er deutete auf das Hochzeitskleid.
„Mmm“, entgegnete Bella vage.
„Und das für die Brautjungfern?“
„Nein.“
Sollte sie es ihm erzählen? Sie redete nicht gern über sich, vor allem nicht bei Fremden. Charlie ist kein Fremder! Nein, das nicht, dachte sie. Aber …
Bella betrachtete ihre Skizzen. Wenn auch nur irgendeiner ihrer Wünsche in Erfüllung gehen sollte, musste sie über ihren Schatten springen und ihre Schüchternheit überwinden. Wer scheu und still im Hintergrund blieb, brauchte sich nicht zu wundern, wenn er nicht beachtet wurde. Die Erfahrung hatte sie schließlich oft genug gemacht.
Sie war sechsundzwanzig Jahre alt, und sie kannte Charlie seit einer halben Ewigkeit. Höchste Zeit, ein bisschen Farbe zu bekennen.
Bella nahm all ihren Mut zusammen. „Das Kleid möchte ich tragen, wenn ich tanzen gehe.“
„Mit wem gehst du tanzen?“
Sein Erstaunen war nicht zu überhören.
„Mit niemandem“, antwortete sie. „Ich habe vor mich hingeträumt. Dies alles sind die Dinge, die ich tun möchte, wenn ich hier rauskomme.“
„Du hast eine To-do-Liste gezeichnet?“
Bella hob die schmalen Schultern, ließ sie wieder sinken. „Ich denke in Bildern, nicht in Worten.“ So war es immer gewesen, auch schon, bevor man bei ihr eine leichte Legasthenie feststellte. „Und eigentlich ist es eher eine Wunschliste.“
„Tanzen, also … und was noch?“ Charlie deutete auf die nächste Skizze.
„Ich möchte am Strand stehen und die Sonne über dem Meer aufgehen sehen.“ Sie hielt den Atem an. Bitte frag nicht, was die Sterne bedeuten. Niemals hätte sie in Worte fassen können, dass sie verführerisch und leidenschaftlich geküsst werden wollte.
Als Charlie auf die Fußspuren im Sand zeigte, die vom Ufersaum zur Picknickdecke führten, atmete sie erleichtert aus. „Ich wünsche mir ein Picknick.“
„Ein Picknick?“, wiederholte er verwundert. „Erzähl mir nicht, dass du noch nie auf einem Picknick warst.“
„Ich meine, ein richtiges Picknick.“
„Was um alles ist denn ein richtiges Picknick?“ Sein amüsiertes Lächeln ließ ihr Herz schneller schlagen.
„Du weißt schon, wie die in den Spielfilmen, mit Unmengen an Essen – so viel, dass du dich fragst, wie das alles in den Korb gepasst oder wer es über die Wiese getragen hat. Es ist ein Picknick, nur für zwei, kein Mensch sonst weit und breit, alles ist sonnig, ruhig und herrlich friedlich.“
„Lass mich raten.“ Charlie lachte. „Der Champagner ist eisgekühlt, der Salat nicht matschig, und die Ameisen machen sich nicht über das Essen her.“
„Lach nur, aber ich werde eines Tages ein perfektes richtiges Picknick haben.“
„Also, du gehst auf Lexis Hochzeit, du siehst dir den Sonnenaufgang an, genießt ein perfektes Picknick und tanzt unter dem Sternenhimmel.“ Charlie blätterte die Seite um. „Wo ist der Rest?“
„Das ist alles.“
„Mehr nicht? Das kannst du an einem Wochenende abhaken.“
„Du vielleicht. Ich habe nicht so viel Durchhaltevermögen.“
„Und wofür ist dies hier?“ Mit einem verwegenen Lächeln griff er ans Fußende ihres Bettes, und für einen kurzen Moment verschwand seine Hand hinter dem Klapptischchen, auf dem das leere Geschirr ihres zweiten Frühstücks stand. Als sie wieder zum Vorschein kam, baumelte das rote Negligé an seinem schlanken Zeigefinger. Der Betttisch hatte es vor Bellas Blicken verborgen, und sie hatte völlig vergessen, dass es für jeden, der in ihr Zimmer kam, deutlich sichtbar war.
Bella wurde knallrot. „Nichts. Lexi sollte es für mich mit nach Hause nehmen.“
„Schade. Ich hatte gehofft, dass es etwas mit deiner Liste zu tun hat.“
„Wieso?“ Ein bisschen bang und gleichzeitig kribbelig vor Aufregung wartete sie auf seine Antwort.
„Es sieht so aus, als hättest du es für ein langes, genießerisches Wochenende im Bett gedacht …“ Er machte eine Pause. „Zu zweit. Champagner trinken bei Mondlicht, nur aufstehen, um mittags ein paar Spiegeleier zu braten, und dann wieder zusammen unter die Decke kriechen.“
In ihrer Fantasie entstand ein Bild, das ihr wieder das Blut ins Gesicht trieb.
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