Aerzte zum Verlieben Band 57
mohairweichen Kragen des Jäckchens. Vielleicht konnte sie etwas Ähnliches entwerfen, etwas, das mehr zu ihr passte und worin sie nicht aussah wie ein Showgirl.
Bella ließ vom Schokoladeneis nichts übrig und aß das Blaubeermuffin bis auf den letzten Krümel auf. Danach schob sie das Tablett beiseite und schlug ihr Skizzenbuch auf. Sie betrachtete das Brautkleid, das sie auf einem Zettel entworfen hatte, und ihr kamen plötzlich Ideen zu dem hübschen Jäckchen.
Mit zügigen Strichen warf sie ein neues Brautkleid aufs Papier, stellte sich vor, dass sie es eines Tages tragen würde, und sagte sich gleichzeitig, wie dumm allein der Gedanke war. Solche Träume konnte sie vergessen. Sie würde nie zum Altar schreiten, nie heiraten, nie eine Familie haben …
Bella hatte noch nie einen Freund gehabt. Wie auch, wenn sie meistens im Krankenhaus war? Und wenn es ihr wieder einigermaßen gut gegangen war, musste sie in der Schule so viel aufholen, dass sie nur noch lernte. Zu allem Überfluss litt sie an einer leichten Form von Legasthenie, die ihr das Lesen und Schreiben erschwerte.
Natürlich hätte sie ihre Hausaufgaben vernachlässigen können, zugunsten von mehr Freizeit – und Jungs. Aber sie war nicht der Typ, der schnell aufgab, und außerdem interessierten sich die Jungen nicht für sie. Nicht, wenn ihre tolle Schwester Lexi in der Nähe war.
Nur einmal hatte sie etwas annähernd Romantisches erlebt, in einem Ferienlager für Kinder und Jugendliche, die wie sie Mukoviszidose hatten: ihren ersten und einzigen Kuss. Aber sie machte sich nichts vor. Der Junge war nicht unsterblich in sie verliebt. Alle Teenager dort waren neugierig gewesen auf die ersten Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht.
Nein, so wie ihr Leben bisher verlaufen war, hielt auch die Zukunft keine Märchenhochzeit für sie bereit. Sie würde unverheiratet bleiben, als Einzige der drei Schwestern. Lexi war schon verlobt, und bei Evie war es auch nur eine Frage der Zeit. Aber besser eine alte Jungfer als tot, dachte sie. Wahrscheinlich.
Immer zuversichtlich bleiben, ermahnte Bella sich. Das hatte Charlie auch gesagt. Ihr Blick fiel wieder auf das rote Negligé, und sie fragte sich, was er dazu sagen würde. Sicher hatte er schon eine Menge Frauen in verführerischer Wäsche gesehen. Damit konnte sie sowieso nicht konkurrieren.
Ihr Gespräch mit ihm kam ihr in den Sinn. Sie war so unglaublich nervös gewesen, aber er war ein guter Zuhörer und so locker und gelassen, dass sich seine Ruhe irgendwann auf sie übertragen hatte.
Und zum Schluss hatte er sie überraschend gefragt, was sie sich wünschte. Nichts , hatte sie gesagt, aber das stimmte nicht ganz. Es gab vieles, was sie sich wünschte. Nichts Materielles, sondern eher … Erfahrungen. Wegen ihrer Krankheit hatte sie eine Menge verpasst. Und manchmal träumte sie von einer zweiten Chance.
Sie wollte ausgehen, ein richtiges Date haben.
Sie wollte tanzen, in den Armen eines gut aussehenden Mannes über die Tanzfläche schweben.
Sie wollte ein wunderschönes Abendkleid tragen, mit einem weiten schwingenden Rock und einem bezaubernden Dekolleté, bevor sie von der Operation hässliche Narben zurückbehielt.
Sie wollte unterm Sternenhimmel stehen und leidenschaftlich geküsst werden.
Sie wollte eine ganze Nacht lang wach bleiben und über dem Meer die Sonne aufgehen sehen.
Sie wollte auf einer Picknickdecke liegen, mit dem Kopf im Schoß ihres Freundes liegen, Erdbeeren essen und Champagner trinken.
Sie wollte sagen können: „Sie spielen unser Lied.“
Sie wollte angeblickt werden, als wäre sie die begehrenswerteste Frau der Welt.
Sie wollte sich verlieben.
Bella musste über sich selbst lachen. Sie konnte die Zeit nicht zurückdrehen, um Versäumtes nachzuholen, und sie war es nicht gewohnt, an die Zukunft zu denken. Deshalb fand sie es unmöglich, sich ernsthaft vorzustellen, dass auch nur einer ihrer Träume in Erfüllung gehen könnte.
Zuerst müsste sie überhaupt die Gelegenheit haben, jemanden kennenzulernen. Dann müsste sie den Mut aufbringen, ein Gespräch mit ihm anzufangen. Dann warten, ob er mit ihr ausgehen wollte. Warum war sie nicht ein bisschen mehr wie Lexi? Lexi hatte noch nie gewartet, sondern an jeder Hand fünf Verehrer gehabt.
Bella wäre gern mutiger gewesen, um sich unbefangen zu unterhalten oder zu flirten. Andererseits, mit wem sollte sie hier flirten? Charlie kam nachher zu ihr, aber mit ihm flirten, nein, das würde sie sich niemals trauen. Sie
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