Aerzte zum Verlieben Band 57
nicht mehr ersticken. Im nächsten Moment wurde ihr ein Taschentuch in die Hand gedrückt, und ein Hauch von Aftershave umwehte sie. So viele Erinnerungen stürmten plötzlich auf sie ein, dass die Tränen nur umso schneller flossen.
„Alles okay?“
Nein, dachte sie wütend. Nichts ist okay! Warum mussten alle Leute sie das immer wieder fragen?
„Sicher“, antwortete sie trotzig.
Matt seufzte ergeben. „Amy, ich weiß, dass du das hier genauso wenig willst wie ich, aber wir tun es ihnen zuliebe. Bald haben wir es hinter uns.“
Von wegen. Ein Tanz in seinen Armen, und die Wunden würden wieder aufreißen …
Das Stück endete, die Musiker spielten das nächste an, und ohne zu zögern, nahm Matt ihre Hand, mit der sie noch immer das Taschentuch umklammerte, führte sie auf die Tanzfläche und zog sie an sich.
„Zeig ihnen bitte nicht, dass du mich hasst“, sagte er mit einem Lächeln, das seine Augen nicht erreichte.
Amy schnappte nach Luft, doch dabei atmete sie nur noch mehr von seinem typischen männlichen Duft ein.
Amy zu halten, war eine Qual.
Eine Pflicht und eine Ehre, wie er in seiner Rede gesagt hatte?
Oder eine bedrückende Erinnerung an all das, was er verloren hatte?
Seine rechte Hand lag auf ihrem Rücken. Er spürte ihre Rippen, die sich unter jedem Atemzug bewegten, und ihre Muskeln bei jedem Schritt im Takt der Musik. Sie ist dünner geworden, dachte er. Natürlich … das letzte Mal, als er sie im Arm gehalten hatte, war sie schwanger gewesen.
Ein Tanz ging in den nächsten über. Beim dritten zog Matt Amy dichter an sich, und mit einem Seufzer erschauerte sie und legte den Kopf an seine Schulter. Als ihre Schenkel seine streiften, durchfuhr es ihn heiß. Oh, Amy.
Jetzt schmiegte sie sich an ihn, und ihr seidiges blassgoldenes Haar fühlte sich weich und vertraut an seiner Wange an. Matt begriff, dass er im Grunde seines Herzens nur auf diesen Moment gewartet hatte – den Augenblick, wenn er sie endlich wieder in seinen Armen hielt.
Er seufzte. Amy spürte seinen warmen Atem in ihrem Haar. Winzige erregende Schauer durchrieselten sie, und ihre Haut begann zu prickeln, als würden zarte Elfen darauf tanzen. Ihr wurde ein bisschen schwindlig, und sie trat einen Schritt zurück.
„Ich brauche frische Luft“, sagte sie leise und wollte die Tanzfläche verlassen. Aber Matt hielt ihre Hand fest in seiner und suchte für sie beide einen Weg durch die Menge zu den Verandatüren.
Bald darauf standen sie draußen auf der romantisch erleuchteten Terrasse. Hochzeitsgäste hatten sich in kleinen Gruppen zusammengefunden, redeten und lachten. Erleichtert atmete Amy die kühle Luft ein.
„Besser?“
Sie nickte. „Ja. Danke.“
„Keine Ursache. Du bist weiß wie die Wand. Hast du heute überhaupt etwas gegessen?“
„Wir hatten gerade ein mehrgängiges Menü.“
„Das du kaum angerührt hast. Soll ich raten? Du hast das Mittagessen ausfallen lassen und nur wenig gefrühstückt, stimmt’s? Komm, wir plündern das Büfett. Ich habe auch nicht viel gegessen und könnte eine Stärkung vertragen.“
Matt hatte richtig vermutet. Sie war hungrig, und sie hatte nichts zu Mittag gegessen – aber nur, weil sie schon das Frühstück nicht bei sich behalten hatte. Amy hatte noch nie essen können, wenn sie aufgeregt war. Und in den Tagen vor der Hochzeit war sie so nervös gewesen, dass ihr Magen heute Morgen nicht mehr mitgespielt hatte. Kein Wunder, dass ihr schwindlig war. Ihr Blutzuckerspiegel musste im Keller sein.
„Du hast recht, ich sollte vielleicht etwas essen.“
Am reich gedeckten Büfett füllte sie sich ein bisschen Kartoffelgratin auf. Matt sah es, verdrehte die Augen und drückte ihr seinen Teller in die andere Hand. Zügig füllte er beide Teller mit Braten, Salaten, Dips und Brot, bis nichts mehr darauf passte.
„Das kann ich unmöglich alles essen!“, protestierte sie, aber er warf ihr nur einen scharfen Blick aus diesen unglaublich blauen Augen zu, und sie verstummte. Schön, er konnte ihr einen ganzen Berg auffüllen. Sie musste es ja nicht aufessen.
„Ich helfe dir, wenn du es nicht schaffst“, meinte er. „So, und jetzt suchen wir uns ein ruhiges Plätzchen.“
Matt nahm zwei in Servietten gerollte Bestecke, schob sie in seine Brusttasche und schnappte sich vom Silbertablett eines Kellners zwei Gläser Weißwein.
„Ist es hier nicht zu kühl für dich?“, fragte er, als sie wieder draußen auf der Hotelterrasse standen.
„Nein, überhaupt nicht.
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