Aerzte Zum Verlieben Band 59
„Eines Tages werde ich für Stunts zu alt sein.“
„Was ist mit den Risiken? Macht es dir nichts aus, dass du sterben oder für immer gelähmt sein könntest?“
„Doch, natürlich. Aber es ist nicht gefährlicher als in der Armee. Außerdem versuche ich, die Risiken immer so niedrig wie möglich zu halten.“ Er sah sie an. „Aber genug von mir. Ich möchte mehr über dich wissen. Vermutlich ist deine Familie sehr stolz auf dich.“
„Ja, das sind sie. Mein Vater war in der Ölindustrie tätig, in Texas. Er ließ sich früh pensionieren und kehrte für eine Weile nach England zurück. Als meine Mutter starb, zog er in die Nähe meiner Schwester in Kanada. Da ich damals verheiratet war, blieb ich hier.“
„Wo hast du deinen Exmann kennengelernt?“
„Simon? Er hatte einen Job in der Firma meines Vaters.“
„Hast du ihn geliebt?“
„Damals dachte ich es. Aber ich habe ihn wohl nicht richtig gekannt.“
„Was ist passiert? Magst du darüber sprechen?“
Elizabeth schluckte trocken. „Charlie passierte.“
Sie beugte sich vor, hob Kip hoch und drückte ihn fest an sich. Der vertraute süße Babyduft versetzte ihr einen Stich ins Herz. Aber es tat so gut, das kleine Wesen im Arm zu halten. Sanft strich sie ihm über die pausbäckigen Wangen.
Kip kuschelte sich an sie und gähnte. Es war wohl Zeit für seinen Nachmittagsschlaf. Sie legte ihn in den Babysitz, der auf der Veranda stand.
Kendrick betrachtete den Kleinen. „Ach, endlich ein bisschen Ruhe. Auch wenn ich ihn ganz niedlich finde, werde ich doch froh sein, wenn ich ihn wieder seiner Mutter übergeben kann. Mit Kindern habe ich es nicht so. Bei dir fühlt er sich richtig wohl, du hast ja auch mehr Erfahrung mit Kindern.“
Elizabeth zuckte zusammen, und Kendrick schlug sich an die Stirn. „Entschuldige, Lizzie. Das war taktlos. Manchmal bin ich ein richtiger Idiot.“
„Ist schon gut. Ich muss über Charlie sprechen. Ich dachte, es wäre besser, wenn niemand von ihr wüsste, damit ich nicht von ihr erzählen muss, aber ich kann nicht so tun, als hätte es sie nie gegeben.“
„Woran ist sie gestorben?“
„Sie litt an einer sehr seltenen Krankheit – Morbus Gaucher. Als sie zur Welt kam und ich sie das erste Mal in den Armen hielt, hätte mein Leben nicht schöner sein können. Ein perfekter Ehemann, perfektes Kind, perfekter Job. Ich hatte das Gefühl, vom Schicksal verwöhnt zu sein.“ Sie lächelte wehmütig. „Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass mit Charlie etwas nicht stimmte. Ich redete mir jedoch ein, dass es eine Überängstlichkeit nach der Geburt war.“
Kendrick nickte. „Und dann?“
„Sie wurde älter, und das Gefühl verstärkte sich. Ich versuchte, mit Simon zu reden, aber er wollte nichts davon hören. Er war durch seinen Beruf sehr eingespannt und dachte, ich hätte zu viel freie Zeit und suchte deswegen nach etwas, was gar nicht da war.“
Sie schwieg einen Moment.
„Aber als die Zeit kam, wo sie eigentlich den Kopf heben sollte, sich aufrecht hinsetzen musste, passierte nichts. Ich ging mit ihr zum Arzt, auch wenn Simon mir wieder vorwarf, ich wäre überängstlich. Ich wusste jedoch, dass er unrecht hatte, Mütter wissen so etwas. Wir spüren es.“
Kendrick legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie dicht an sich. „Das tut mir leid“, sagte er.
„Irgendwann brachte ich sie in eine Privatklinik. Der Arzt dort überwies uns sofort an einen Kinderspezialisten. Es folgten unzählige Untersuchungen. Wie oft habe ich mich gefragt, ob ich das Richtige tue, wenn Charlie wieder einmal weinte, weil man ihr Blut abnahm. Ich kam mir wie eine schreckliche Mutter vor, dass ich sie diesen Qualen aussetzte, und dabei wusste ich nicht einmal, ob ihr all das helfen würde.“
„Wo war dein Mann die ganze Zeit?“
„Er musste arbeiten. Um fair zu sein, es gab nicht viel, was er hätte tun können.“
„Außer, bei dir zu sein“, widersprach Kendrick nachdrücklich. „Er war Charlies Vater. Es war seine Pflicht.“
„Ach, Pflichten.“ Elizabeth seufzte leise. „Ich wollte nicht, dass er das Gefühl hatte, seine Pflicht zu tun.“
„Was geschah dann?“
Elizabeth wurde die Brust eng. Es war das erste Mal, dass sie über diese schlimmen Monate sprach, und ihr war es, als würde eine gerade erst verheilte Wunde schmerzhaft wieder aufreißen.
„Wir bekamen die offizielle Diagnose. Morbus Gaucher ist eine nicht heilbare genetisch verursachte Krankheit, die entweder das Nervensystem
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