Aerzte Zum Verlieben Band 59
Es herrsche starker Seegang, und alle wussten, dass es kaum noch Hoffnung gab, den Fischer noch lebend zu finden. Zwei Stunden später wurde ihre Befürchtung schließlich traurige Gewissheit: Sie konnten nur noch den leblosen Körper des Mannes bergen.
Oben auf den Klippen warteten schon seine Frau und seine Mutter. Das war das Schlimmste für das Team: den Angehörigen sagen zu müssen, dass man den geliebten Menschen nicht mehr hatte retten können.
Als der Helikopter landete, blieben zunächst alle wie versteinert stehen. Als der Tote schließlich rausgetragen wurde, geschah das zweite Unglück – die Mutter brach beim Anblick ihres toten Sohns zusammen.
Riley untersuchte sie sofort und stellte fest, dass sie wahrscheinlich einen Herzinfarkt erlitten hatte. Sie wurde mit heulender Sirene in die Klinik gefahren, der zweite Krankenwagen folgte mit dem Toten.
Es war einer dieser Tage, die Riley an die Nieren gingen – die dunkle Seite seiner Arbeit. Mit anzusehen, wie eine junge Frau ihren Mann und eine ältere ihren Sohn verloren hatte, kostete ihn viel Kraft. Am schlimmsten jedoch würde es für die Kinder sein, die voller Angst zu Hause warteten.
Am besten ist es wohl, man lebt wie Joyce, dachte Riley resigniert. Sie hatte sich bewusst gegen eine eigene Familie entschieden, widmete ihre ganze Energie und Kraft den Menschen. Dabei schien sie glücklich und zufrieden, und es passierte nie, dass der Tod eines Menschen ihr das Herz zerriss.
Aber Riley hatte eine eigene Familie, ob er wollte oder nicht. Er hatte Lucy, und bald kam auch noch sein Enkelkind. Ja, er wurde Großvater, und das mit achtunddreißig Jahren!
Dann war da auch noch Pippa. Diese wunderschöne Frau mit dem zauberhaften Lächeln und dem übergroßen Herzen, die jedem helfen und alle Menschen glücklich machen wollte. Die wundervolle Pippa, die sich ihm leidenschaftlich hingegeben hatte.
Ob sie immer noch auf der Veranda saß und auf ihn wartete?
Nein, auf Riley hatte noch nie eine Frau gewartet, und das war ihm auch ganz recht so. Er wollte frei und ungebunden sein, das war es, was er brauchte.
Warum dachte er dann unentwegt an Pippa?
Weil sie sich langsam, aber sicher in sein Herz eingeschlichen hatte.
8. KAPITEL
Im Morgengrauen verließ Pippa ihren einsamen Platz auf der Veranda, um Amy beim Stillen anzuleiten. Danach legte sich das Mädchen wieder hin, und Pippa ging ebenfalls ins Bett, um wenigstens ein bisschen Schlaf zu finden. Als sie das Baby wieder hörte, war es kurz vor zehn.
Sofort dachte sie an Riley. Ob er schon zurück war? Pippa zog sich einen Morgenmantel über und warf einen Blick in Rileys Zimmer. Es war leer.
Ob sie immer noch nach dem vermissten Fischer suchten? Oder wurde Riley noch im Krankenhaus gebraucht? Pippa schaltete das Radio ein und hatte Glück, denn gerade kamen Nachrichten. Tatsächlich wurde auch über den Unglücksfall berichtet. Pippa hörte mit Erschrecken, dass der Fischer nur noch tot geborgen werden konnte und seine Mutter durch den Schock einen Herzinfarkt erlitten hatte und nun in der Klinik lag.
War Riley deshalb noch nicht heimgekommen, weil er in der Klinik aushalf? Oder blieb er nur so lange weg, weil er ihr, Pippa, nicht begegnen wollte?
Ich muss mich beschäftigen und darf nicht ständig nur an Riley denken, befahl sie sich und ging zu Amy. Sie half der jungen Mutter, die kleine Riley zu baden und zu stillen, was nun sehr viel besser klappte als in den ersten Tagen. Dann machte sie eine Liege auf der Veranda zurecht, wo Amy mit dem Baby die warme Morgensonne genießen konnte.
Um die Mittagszeit erschienen Lucy und Adam. Lucys Beine waren geschwollen, was nach dem langen Flug und bei der schon weit fortgeschrittenen Schwangerschaft nichts Ungewöhnliches war. Pippa wies Lucy an, sich bequem aufs Sofa zu legen, und massierte ihre geschwollenen Füße, um die Durchblutung anzuregen. Dann schickte sie Adam einkaufen und ging in die Küche, um Sandwiches zu machen.
Warum bleibt Riley nur so lange weg? Irgendwann muss er doch mit der Arbeit fertig sein, ging es ihr wieder durch den Sinn. Sie ärgerte sich über sich selbst, weil sie ständig an ihn denken musste.
„Kaum zu glauben, dass Dad das so gefällt“, meinte Lucy wenig später, als sie zusammen die belegten Brote aßen. „In diesem Haus gibt’s nichts Persönliches, alles ist so leer und kahl.“
Pippa zuckte die Schultern. „Er ist eben ein Mann, was soll man dazu sagen?“
„Er könnte ein paar Poster aufhängen,
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