Aeternum
er kannte die Antwort auf diese Frage bereits. Sie hatten im Auto darüber geredet, er selbst hatte ihr diese Idee eingegeben. Nun bereute er es, sie überhaupt zum Haus des Dämons mitgenommen zu haben. Hätte er sie doch nur aus all dem herausgehalten. Wenn ihr etwas zustieß, war das allein seine Schuld. Gleichzeitig brauchte er sie. In einer Welt voller Technik, mit der er kaum umgehen konnte, hatte er begonnen, sich in einigen Dingen stark auf sie zu verlassen, das wurde ihm nun klar. Falls Baal in diesem Haus nicht gerade eine umfangreiche Bibliothek unterhielt, hätte er nicht gewusst, wo er nach Informationen über die Waffe suchen sollte.
»Ihr ist es gelungen, Zugang zu dem Server mit meinen privaten Dateien zu erhalten.« Irrte er sich, oder klang der Dämon beeindruckt? »Leider will sie mir nicht sagen, was sie gesucht hat. Vielleicht kannst du mir helfen, ein wenig Licht in die Sache zu bringen, Engel. Bevor ich zu drastischeren Maßnahmen greifen muss.«
Karin sank sichtlich ein Stück in ihrem Stuhl zusammen, ihre Finger krampften sich in den Saum ihres T-Shirts. Mit großen Augen sah sie Jul an, und er schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln, auch wenn er selbst noch nicht genau wusste, wie er sie aus dieser Situation herausholen sollte, ohne dass es auf einen Kampf hinauslaufen würde.
Demonstrativ nahm er die Hand vom Griff seines Schwertes, trat ein Stück in den Raum hinein und stieß die Tür hinter sich mit dem Fuß zu.
»Ich fürchte, für diese ganze Sache bin ich verantwortlich. Ich wollte wissen, ob der Morgenstern die Wahrheit gesagt hat. Über die alten Götter und die Waffe, die wir suchen.«
»Soso.« Endlich entließ Baal Karin aus seinem Griff. Langsam nahm er an dem Tisch Platz, entlastete dabei stets sein verletztes Bein. Mit einer einladenden Geste deutete er auf den Stuhl ihm gegenüber. Jul kam der Aufforderung nach, rückte beim Setzen sein Schwert zurecht und legte dann die Hände vor sich auf den Tisch.
»Natürlich«, fuhr der Dämon nach einer Weile fort, »konntest du dich mit diesen Fragen nicht einfach an mich wenden, da du davon ausgehen musstest, dass auch ich nicht die Wahrheit sage.«
»Alle Dämonen lügen, wenn es ihnen nützt.«
Baal stützte die striemenübersäten Unterarme auf die Tischplatte und nickte. »Dennoch habt ihr zwei meine Gastfreundschaft missbraucht. Ich bin ein wenig enttäuscht, obwohl ich von einem Engel eigentlich nichts anderes erwartet habe. Es war mir schon immer ein Rätsel, wie es euch gelingt, euch für etwas Besseres zu halten.«
Bilder von Amanda, wie sie auf eben diesem Tisch gelegen hatte, stiegen in Jul auf. Es kostete ihn all seine Willenskraft, die Hände locker auf dem Holz liegen zu lassen. »Immerhin versklaven wir niemanden.«
Baal lachte leise auf, und im selben Moment streckte er die Hand nach Karin aus, die versucht hatte, auf den nächsten Stuhl links von ihr zu rutschen, ein Stück von dem Dämon fort. Mit festem Griff hielt er sie am Oberarm, und nun kroch Juls Rechte doch in Richtung seiner Waffe.
»Was genau wolltest du wissen, Engel? Sag es mir, vielleicht beantworte ich deine Fragen sogar.«
»Dann wüsste ich immer noch nicht, ob du die Wahrheit sprichst.«
Seinen Worten zum Trotz musterte Jul den Dämon nachdenklich. Vielleicht war es einen Versuch wert, auf diesem Weg ein paar Informationen zu erhalten. Vielleicht genügte es sogar, Baal zu verraten, was genau er hatte wissen wollen, damit er Karin in Ruhe ließ.
»Ich kann dir beweisen, dass es mehr als einen Gott gibt, wenn es das ist, woran du zweifelst. Der Höllenfürst schien es für wichtig zu halten, euch von der Wahrheit zu überzeugen. Also will ich mein Bestes tun, um die letzten Zweifel auszuräumen.« Ein selbstironisches Schmunzeln spielte um Baals Lippen. Er zeigte keinesfalls die Ergebenheit, die Jul von jemandem erwartet hätte, der sich bemühte, nach dem Willen desjenigen zu handeln, dem er Loyalität geschworen hatte. Doch das lag wahrscheinlich in der Natur der Dämonen.
»Gut. Beweise es mir.« Jul bemühte sich, seine Miene möglichst unbewegt zu halten, während er Baal abwartend ansah. Vom Morgenstern hatte er bisher nur Argumente gehört, überzeugende Argumente zwar, aber doch nichts weiter als Worte. Ein Beweis wäre etwas anderes, und er war sich keineswegs sicher, ob er einen solchen sehen wollte. Einen Beweis, der ein für alle Mal belegen würde, dass er über Jahrtausende hinweg an eine Lüge geglaubt hatte. Doch er
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