Aeternum
Haarsträhne aus dem Gesicht, bemühte sich, mit dieser Geste auch die Bitterkeit beiseitezuschieben, die von ihm Besitz ergriffen hatte. Wenn er den Herrn doch zumindest dafür hassen könnte, dass er seine ergebensten Diener so lange getäuscht hatte. Doch da war ein Teil von ihm, der ihn noch immer verehrte, der noch immer verzweifelt darauf hoffte, dass es einen guten Grund für all dies gab. Kurz begegnete er Karins besorgtem Blick, dann sah er wieder den Dämon an.
»Was tut diese Waffe?«
Wieder lächelte Baal wenig freundlich. »Wer sie trägt, erhält die Macht desjenigen, den er tötet.«
»Gibt es eine Möglichkeit, das zu verhindern?« Karin saß nun wieder auf der äußersten Stuhlkante, so weit von dem Dämon entfernt, wie es ihr möglich war. Doch sie zeigte keine Angst mehr, trug stattdessen den konzentrierten Blick zur Schau, den sie immer aufsetzte, wenn es ein Problem zu lösen galt.
Der Dämon lachte. »Das ist es also. Ihr fragt euch, wem die Aufgabe zufallen wird, Jehovah zu töten, nicht wahr? Wer immer es tut, wird mehr Macht erlangen, als die meisten anderen noch herrschenden Götter besitzen.«
»Ich nehme an, du wärst gern derjenige.« Jul beobachtete Baal aufmerksam.
»Natürlich.«
»Allerdings besitzt du die Waffe nicht.« Amanda hatte ihm viel zu wenig von dem Handel mit ihrem Meister erzählt. Er hätte sie doch noch danach fragen sollen. Nun fischte er im Trüben, musste Schlüsse aus dem wenigen ziehen, das er wusste.
Der Dämon nickte. »Nachasch ist mir zuvorgekommen, als ich nach der Schlacht nach der Waffe gesucht habe. Sie würde niemals zulassen, dass ein Rivale sie bekommt. Also musst du dir keine Sorgen machen, dass ich mich wieder zum Gott aufschwingen könnte.« Wieder dieses Lächeln, herablassend und ohne Freundlichkeit. Es schien Baal erstaunlich wenig zu kümmern, dass ihm eine derart große Chance entgehen würde. »Obwohl es mir sicher auch nicht gelänge, mehr Chaos über die Welt zu bringen als Jehovah auf dem Zenit seiner Herrschaft.«
Jul biss sich auf die Zunge, versagte sich jede abfällige Bemerkung. Er wollte Informationen, nicht schon wieder Streit. »Was ist diese Nachasch? Dem hebräischen Namen nach wohl ein gefallener Engel, aber ich dachte immer, es wäre der Morgenstern gewesen, der in der Gestalt der Schlange in den Garten Eden eingedrungen ist.«
Baal hob die Schultern. »Er war es auch. Aber wenn Nachasch sich nach der Schlange im Paradies benennen will, wer sollte sie davon abhalten? Der Name sagt gar nichts, ich tippe allerdings auch auf einen Gefallenen. Möglicherweise weiß sie nicht einmal etwas mit der Waffe anzufangen. Nur ich wusste, was der Höllenfürst da besaß, denn ich habe ihm geholfen, sie zu finden. Vielleicht haben einige der anderen Götter geahnt, was er plante, doch die Gefallenen …« Der Dämon bleckte die Zähne zu einem abfälligen Grinsen. »Jehovah hat es wirklich meisterhaft verstanden, euch ahnungslos zu halten.«
Jul schnaubte. Hatten alle Dämonen nichts Besseres zu tun, als zu versuchen, ihn zu reizen? »Ich denke, du bist neidisch, weil ihm etwas gelungen ist, wovon du nur träumen kannst.«
Baals Augen funkelten wütend. Er beugte sich über die Tischplatte zu Jul herüber …
»Vielleicht könnt ihr die theologischen Diskussionen auf ein andermal verschieben?« Karins Stimme wurde leiser, als der Dämon sich ihr zuwandte, aber sie sprach dennoch weiter. »Du … Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet.«
Kurz schien es, als käme Karin mit dieser Unterbrechung nicht ungestraft davon, und Jul spannte sich unwillkürlich. Doch dann glätteten sich Baals Züge. »Niemand kann verhindern, dass die Macht des Opfers auf den Träger des Messers übergeht. Allerdings kann der Träger selbst sich entschließen, diese Macht wieder aufzugeben.«
Karin seufzte, während Jul nachdenklich auf die langsam trocknenden Flecken seines eigenen Blutes starrte. Wäre Amanda dazu bereit, einmal gewonnene göttliche Macht wieder aufzugeben, wenn sie sie nicht mehr brauchte? Zu gerne hätte er diese Frage mit Ja beantwortet, doch er musste sich eingestehen, dass er das nicht konnte. Er kannte sie nicht gut genug.
Baal wandte sich Karin zu. Er lehnte sich zu ihr hinüber, so dass sie noch ein Stück weiter über die Kante ihres Stuhls rutschte. »Ich mag dich, deshalb will ich gern vergessen, was du getan hast. Wie wäre es, wenn du dich zum Ausgleich ein wenig nützlich machst? Ich weiß inzwischen, wo Nachasch
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