Aeternum
sich aufhält, aber nicht, wie wir gefahrlos zu ihr gelangen können. Setz dich mit meinen Leuten zusammen und versuch, einen Weg zu finden. Du bekommst von ihnen alle nötigen Informationen.«
Karin warf Jul einen fragenden Blick zu. Erst als er nickte, erhob sie sich langsam, beinahe, als wäre sie nicht sicher, ob der Dämon ihr tatsächlich erlauben würde aufzustehen. Als er keine Anstalten machte, sie aufzuhalten, wurden ihre Bewegungen selbstbewusster. Jul sah ihr nach, während sie den Raum verließ. Dann wandte er sich wieder dem Dämon zu.
»Ich will dein Wort, dass du ihr nichts zuleide tust. Auch dann nicht, wenn dies alles vorüber ist.«
Mit einem amüsierten Lächeln sah Baal ihn an, und Jul erwiderte den Blick ruhig. Das Wort eines Dämons war nicht viel wert, aber immerhin besser als nichts.
»Ich werde sicherstellen, dass sie niemandem meinen wahren Namen verraten kann. Abgesehen davon ist sie nicht in Gefahr, solange auch du über alles Stillschweigen bewahrst, das du im Verlauf des vergangenen Tages erfahren hast. Dasselbe gilt für Amanda.«
Jul konnte sich vorstellen, wie der Dämon Karins Schweigen sicherstellen wollte. Er sah noch deutlich das verschlungene Muster vor sich, das Baal in die Haut über Amandas Kehlkopf geritzt hatte. Es überraschte ihn, dass Baal nicht versuchte, ihm ebenfalls eine Tätowierung aufzudrängen. Aber vielleicht war er überzeugt, ihn auch ohne eine solche Maßnahme in der Hand zu haben. Außerdem, wer wusste schon, ob es bei einem Engel überhaupt funktionieren würde?
»Du hast mein Wort, dass ich deinen wahren Namen niemandem verrate. Aber ich lasse mich nicht von dir erpressen.«
Baal lächelte lediglich dünn und erhob sich. Er umrundete den Tisch, während Jul ebenfalls aufstand, und der allzu vertraute Geruch nach heißem Schiefer stieg Jul in die Nase, als der Dämon dicht an ihn herantrat. »Ich glaube, du wirst nachgeben, wenn ich den Hebel an der richtigen Stelle ansetze. Außerdem habe ich dir auch das eine oder andere anzubieten.« In einer schnellen Bewegung strichen Finger über Juls Rücken, deren Hitze er selbst durch den Stoff von Jacke und T-Shirt fühlte. Er versteifte sich, wollte Baal aber nicht den Gefallen tun zurückzuzucken. »Falls du irgendwann wieder fliegen willst …«
»Das kannst du nicht!« Erst Michael, nun dieser Dämon. Jul schloss die Augen, atmete tief durch. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel. Es war ein menschliches Gebet, aber es half, seine Gedanken in ruhigere Bahnen zurückzuzwingen. Er würde nie wieder fliegen, der Preis war auch bei diesem Angebot zu hoch. Es lohnte nicht, auch nur darüber nachzudenken.
»Mit dem richtigen Opfer kann ich so einiges«, drang Baals Stimme an sein Ohr. »Dein Blut ist mächtig.«
30
A manda spürte ein weiches Kissen unter ihrer Wange. Sie lag in wohlige Wärme gehüllt, nicht ganz sicher, wo sie war, nicht ganz sicher, ob es sie interessieren sollte. Ihre Augen weigerten sich, sich zu öffnen, der Schlaf zog an ihr, wollte sie ins Reich der Träume zurückholen. Am besten, sie drehte sich noch mal um und gab dem Ruf nach.
Sie regte sich leicht, und rauher Stoff strich über ihre Brust. Wunde Haut brannte unter der Berührung, holte sie ein Stück weiter in die Welt zurück. Sie runzelte die Stirn, tastete über ihren nackten Bauch, einen Rippenbogen entlang, erspürte dünne, leicht verhärtete Linien zwischen ihren Brüsten. Ein leises Stöhnen kam über ihre Lippen, als sie sich mit einem Schlag daran erinnerte, was am vergangenen Tag geschehen war. Wo sie sich befand. Was sie getan hatte.
Das Rascheln von Kleidung verriet eine Bewegung in der Nähe. Blinzelnd öffnete sie die Augen.
Durch die Ritzen des Rollladens fiel Licht ins Zimmer, zeichnete getupfte Muster auf den flauschigen weißen Teppich und tauchte die Einrichtung in schummriges Halbdunkel. Einige der Lichtflecken spielten über die Gestalt auf dem Stuhl neben ihrem Bett, ließen weißblondes Haar aufleuchten, fingen sich am Griff des Schwertes und in eisblauen Augen, die direkt in ihre Seele zu blicken schienen. Eine Seele, die nicht mehr ihr gehörte. Die sie sich aber zurückholen würde, sobald sie die Waffe in der Hand hielt. Wenn alles nach Plan lief, besaß Balthasar ihre Seele nur auf Zeit. An diesen Gedanken hatte sie sich in der vergangenen Nacht bereits geklammert, bis sie ihn fast glauben konnte.
Amanda rieb sich den Schlaf aus den Augen und betrachtete den
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