Aeternum
führte. Ein Ausgang aus der scheinbaren Sackgasse. »Das ist niemals Zufall.«
Jul war geneigt, ihr zuzustimmen. Wenn aber dieser Tunnel nicht zufällig entstanden war, wer steuerte dann den Welleneffekt? Wer war mächtig genug?
Jul stemmte sich ebenfalls in die Höhe. All dies gefiel ihm immer weniger. Er zog die Pistole aus dem Halfter, kramte ein Ersatzmagazin aus der Tasche. Das Klacken, als er nachlud, hallte laut in dem kleinen Raum.
Amanda sah sich nach ihm um. »Irgendwelche Vermutungen?«
Jul schüttelte den Kopf, bückte sich nach dem verbogenen Metallstab. Nein, Vermutungen hatte er nicht, aber wenn ein denkendes Wesen dies alles verursachte, wollte er auf eine Begegnung mit ihm vorbereitet sein. Auch wenn seine Waffen wahrscheinlich wenig nützten gegen die große Macht, die hier zur Schau gestellt wurde. Doch alles war besser, als sich dem Unbekannten mit leeren Händen zu stellen.
Kalt und beruhigend vertraut strömte das blaue Feuer durch Juls Körper, den Arm hinab. Die Schatten flackerten, als Flammen über die Metallstange züngelten.
»Das Einzige, wovon ich im Moment überzeugt bin, ist, dass wir dort hinuntermüssen, wenn wir Antworten wollen.« Er nickte in Richtung des Tunnels. Irgendjemand gab sich Mühe, sie an einen ganz bestimmten Ort zu lotsen. Irgendetwas würde er dort von ihnen wollen, und ihr Tod war es nicht, denn den hätte er leichter haben können. Doch mit wem hatten sie es zu tun, und was plante er? Jul schüttelte den Kopf. Er würde es herausfinden. Im Moment musste er sich auf das konzentrieren, was vor ihm lag.
»Dann mal los.« Amanda schenkte ihm ein nervöses Lächeln, wandte sich dann wieder der Öffnung zu und spähte hinein. »Wäre toll, wenn uns da unten das Wunderland erwarten würde, aber ich hab so meine Zweifel.«
Sie zögerte, den Tunnel zu betreten, und Jul nutzte die Gelegenheit, um sich an ihr vorbeizuschieben. Er holte noch einmal tief Luft, dann trat er gebückt in den niedrigen Gang. Sofort schienen sich die Wände enger um ihn zu schließen. Seine Hände verkrampften sich um die Griffe seiner Waffen. Hoffentlich war dieser Tunnel nicht lang, hoffentlich fanden sie bald, was sie suchten. Er vermisste den freien Himmel mehr denn je. Schritt für Schritt zwang er sich voran.
Der Untergrund bestand aus Kies, Erde und Sand, so verdichtet, dass Juls Schuhe kaum Abdrücke darin hinterließen. Teile der Decke waren herausgebrochen und bildeten kleine Haufen auf dem Boden. Jul schluckte. Flimmerte dort vorne nicht die Wand? Schlug die Decke nicht an einigen Stellen Wellen? Er zog den Kopf tiefer zwischen die Schultern, achtete darauf, nichts zu berühren. Hinter sich hörte er Amandas Schritte knirschen.
»Ich vermute, die Wellen haben einige Stellen in der Decke in der Zeit eingefroren, damit die gesamte Konstruktion überhaupt hält.« Es war ein beunruhigender Gedanke, aber der einzige, der Sinn ergab. Sie gingen nicht durch Fels, sondern durch Erde. Unter normalen Umständen hätte dieser Gang niemals seine Form halten dürfen. Wer auch immer den Welleneffekt kontrollierte, konnte sie jederzeit lebendig begraben.
Amanda hinter ihm blieb ungewöhnlich still. Jul musste den Impuls unterdrücken, sich nach ihr umzusehen. Es war noch immer nicht genügend Platz, um aufrecht zu gehen, und eine unbedachte Bewegung mochte unerfreuliche Folgen haben.
Jul atmete erleichtert auf, als der Schein seines improvisierten Flammenschwertes über den kreisrunden Ausgang des Tunnels leckte. Er beschleunigte seine Schritte, trat auf Betonboden hinaus, konnte sich endlich wieder aufrichten. Für eine Weile stand er einfach nur da, wartete darauf, dass sich sein pochender Herzschlag beruhigte.
Schließlich hob er die Metallstange und sah sich um. Er stand auf einer schrägen Rampe, schuttübersät und staubbedeckt. Nichts wies darauf hin, dass dieser Weg noch zum U-Bahn-Netz gehörte. Keine Lampen an der Decke, keine Hinweisschilder, nichts. Nur nackter Beton. Vielleicht ein Teil des Bunkers, der unter dem Alexanderplatz lag.
Hinter Jul knirschten Amandas Schritte, und er hörte sie erleichtert seufzen. Auch sie hatte also das Ende des Tunnels erreicht.
Mit einem Mal rollte ein Grollen durch den niedrigen Gang. Jul fuhr herum. Das Geräusch kam immer näher, wurde zu einem lauten Rumpeln. Staub wölkte aus dem kreisrunden Loch. Instinktiv wich Jul einige Schritte zurück, Amanda tat es ihm gleich. Der Strahl ihrer Taschenlampe riss herabstürzende Erde aus der
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