Aeternum
entdecken. Er musste sich in dem Teil der Höhle befinden, den sie nicht einsehen konnte.
Mit einem Mal loderten blaue Flammen inmitten von Licht und Schatten. Ein Flammenschwert in der Hand des Seraphs! Er trat einen Schritt auf die dunkle Gestalt zu. »Ruf deine Horden zurück.«
Erleichtert atmete Amanda auf. Damit konnten nicht sie gemeint sein.
»Bereiten sie euch Unannehmlichkeiten? Das bedauere ich natürlich zutiefst.« Wieder ein rauhes Lachen, dann ein Husten.
»Wie du wünschst. Es wird nicht lange dauern, sie zu vernichten.« Der Seraph breitete erneut seine Schwingen aus. Mit kräftigen Flügelschlägen schwang er sich in die Lüfte und flog in die Richtung davon, aus der er gekommen war.
Während das Geräusch schlagender Schwingen verklang, begegnete Amanda Juls Blick. Seine Augen waren geweitet, wie die ihren wahrscheinlich auch. Schock und Unglauben standen in seiner Miene geschrieben. Mit fahrigen Bewegungen spielten seine Finger an den Knöpfen seiner Jacke. Dann schob er die Hände mit einem Ruck in die Taschen, räusperte sich. »Wir …«
»Ihr solltet näher treten.« Die gezischten Worte ließen sie herumfahren. Dort, jenseits des Lochs in dem dunklen Raum, hockte eines der rattenartigen, schuppigen Dinger, die Amanda inzwischen besser kannte, als ihr lieb war. Es starrte sie aus schwarzen Knopfaugen an, reglos. Diesmal wirkte es so normal, wie es seiner Art eben möglich war – kein Rüssel, kein Menschengesicht. »Ihr wolltet wissen, wer ich bin. Nun, du wärst womöglich früher darauf gekommen, Engel, wenn du mich nicht tot geglaubt hättest. Du weißt doch, dass es nur einen gibt, der die niederen Dämonen, die vergessenen Götter, kontrollieren kann. Ist es nicht so?«
»Der Morgenstern.«
Juls heisere Worte bestätigten Amandas Verdacht. Fast wünschte sie, es wäre nicht so gewesen.
Das Rattending deutete ein abgehacktes Nicken an. »Wie ihr seht, bin ich noch am Leben. Aber den Rest dieser Unterhaltung sollten wir von Angesicht zu Angesicht führen. Beeilt euch, solange die Seraphim noch abgelenkt sind.«
Mit einem Schlag schien das Dämonenvieh aus einer Art Trance zu erwachen. Blitzartig wirbelte es herum und huschte davon. Für einen Moment noch plätscherte das Wasser unter seinen Schritten, dann war es in der Dunkelheit verschwunden. Betont langsam drehte sich Amanda um.
Die dunkle Gestalt saß erneut halb aufrecht. Blickte sie in ihre Richtung? Es ließ sich nicht sagen. Zumindest war damit die Frage beantwortet, wer sie hier heruntergelotst hatte. Auch wenn die Antwort nicht unbedingt dazu beitrug, die Situation weniger absurd zu machen.
»Der Teufel persönlich will mit uns reden, sehe ich das richtig?« Amanda drängte das hysterische Kichern zurück, das ihre Kehle hinaufzuklettern drohte.
»Es scheint so.« Juls Stimme klang seltsam tonlos.
»Dann sollten wir ihn wohl nicht warten lassen …« Langsam setzte sich Amanda in Bewegung. Sie wollte Antworten, und wenn nur der Teufel persönlich bereit war, sie ihr zu geben, dann konnte sie wohl nicht wählerisch sein.
Während sie sich dem Wogen aus Licht und Schatten näherte, spähte sie immer wieder dorthin, wo der Seraph verschwunden war. In der Ferne glaubte sie die Geräusche eines Kampfes zu hören. Wütendes Zischen und unmenschliche Schreie, die nur aus den Kehlen der Dämonen stammen konnten.
Amandas Gedanken rasten noch immer in dem Versuch, das zuvor belauschte Gespräch zu verarbeiten. Bei der Vorstellung, dass soeben von der Zerstörung der Welt gesprochen worden war, wurde ihr schwindelig. Was hatte sie inmitten von all diesen großen, kosmischen Ereignissen zu suchen? Sie wollte doch nur ihren Bruder in Sicherheit bringen …
Amanda atmete tief ein. Sie musste sich beruhigen. Eins nach dem anderen angehen. Sich zuerst einmal auf die eine Sache konzentrieren, die sie verstand: Was auch immer in der Welt schiefging, die Seraphim nahmen es zumindest billigend in Kauf. Damit stand fest, dass sie ihnen nicht trauen konnte.
Amanda beschleunigte ihre Schritte. Um sich selbst keine Zeit zum Nachdenken zu geben, es sich anders zu überlegen, trat sie schnell in gleißendes Licht und alles schluckenden Schatten. Sofort kroch ein Kribbeln ihre Wirbelsäule hinab, die Härchen an ihren Armen stellten sich auf. Sie schauderte, als Dunkelheit sie einhüllte, froh, dass sie Juls Schritte neben sich hörte.
Amanda sah auf, blickte unvermittelt in gelbe Augen. Sie waren das einzig Beständige in einem
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