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Aeternum

Aeternum

Titel: Aeternum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Bottlinger
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Dann musste sie sich über sein Blut unter ihrer Haut keine Gedanken mehr machen.
    Sie schob Jul ein Stück von sich fort, obwohl sie sich in seinen Armen erstaunlich wohl fühlte. »Ich habe mich noch gar nicht bedankt.«
    Er setzte ein schiefes Lächeln auf. »Für die Schmerzen gerade oder dafür, dass ich auf dich geschossen habe?«
    »Eher dafür, dass du Karin und mich nicht erschossen hast. Ich nehme an, es hätte dir viel bedeutet, deine Flügel zurückzubekommen.«
    Kurz huschte ein Schatten über seine Züge, und seine Finger gruben sich in ihre Schulter. Dann entspannte er sich wieder. »Ich möchte lieber nicht damit anfangen, aus Eigennutz Menschen zu töten. Das tun bereits genug andere.«
    Amanda musterte ihn mit gerunzelter Stirn. »Du bist seltsam. Ist für dich alles eine Frage der Moral? Was ist mit deinen Gefühlen? Karin ist deine Freundin, oder etwa nicht?«
    Der Engel nickte, dann löste er sich vollständig von ihr und stand auf. Er wandte ihr den Rücken zu, als er zum Fenster hinüberging, so dass Amanda Gelegenheit hatte, seine Narben genauer zu betrachten. Auf beiden Schulterblättern prangten faustgroße, leicht schimmernde Flecken mit ausgefransten Rändern, von denen jeweils ein Strich aus schwachem Licht ein Stück seinen Rücken hinunter verlief. Sie schauderte bei dem Gedanken an die Schmerzen, die er erlitten haben musste.
    »Wäre ich ebenso wie Michael davon überzeugt gewesen, dass dies alles einem höheren Ziel dient, hätte ich dich vielleicht tatsächlich getötet.«
    Diese Worte rissen Amanda aus ihren Gedanken. Sie hatte nicht mehr damit gerechnet, dass Jul noch etwas sagen würde.
    »Wenn ich mir sicher wäre, dass es einen göttlichen Plan gibt, der so aussieht, wie Michael es darstellt, dann müsste ich auch glauben, dass es zu eurem Besten gewesen wäre, euch zu töten.«
    »Das wäre verdammt arrogant.« Langsam kam Amanda auf die Füße. »Immerhin seid ihr im Moment genauso ahnungslos wie wir Menschen. Wenn du mich fragst, hat Michael vorhin geklungen wie der nächstbeste Straßenprediger.« Ein Schwindelgefühl erfasste sie. Schwärze kroch vom Rand ihres Blickfeldes heran. Amanda hielt inne, wartete, bis sie wieder klar sehen konnte. Als sie die letzten Schlieren fortblinzelte, drehte sich Jul zu ihr um und musterte sie besorgt. Dann hellte sich seine Miene auf, er lachte.
    »Gibt es eigentlich irgendetwas, wovor du Respekt hast? Götter, Engel und Dämonen scheinen nicht dazuzugehören.«
    Grinsend trat Amanda näher. Sie fühlte sich seltsam leicht, nun, da sie die Tattoos los war und die Erinnerung an den Schmerz verblasste. Wenn es ihr nun für eine Weile gelang, nicht über das nachzudenken, was noch vor ihr lag … Ihr Blick glitt über Juls nackten Oberkörper. Seine Muskeln zeichneten sich nicht überdeutlich, aber doch gut erkennbar unter seiner Haut ab. Sein Geruch hing ihr noch immer in der Nase …
    Eilig schüttelte Amanda den Gedanken ab. Er mochte vielleicht gut aussehen, wie er dastand, nur in Jeans und ein schiefes Lächeln auf den Lippen, und es mochte sein, dass sie einiges gemeinsam durchgemacht hatten. Aber er war ein verdammter Engel, und sie kannte ihn gerade einmal seit dem Morgen.
    Jul schien ihren Stimmungswechsel zu bemerken, denn er sah sie fragend an. Dann trat er seinerseits näher, streckte eine Hand aus, um ihr Haar an einer Schläfe beiseite zu streichen. Kurz fühlte Amanda seine warmen Finger auf ihrer Wange. Die Berührung weckte die gerade erst verdrängten Gedanken erneut.
    »Es tut mir leid, dass ich größere Wunden nicht heilen kann, ohne dass Narben zurückbleiben.«
    Auch beim zweiten Tattoo hatte Jul die Heilung übernommen. Amanda hatte nicht die Kraft aufgebracht, sich auf das zu konzentrieren, was Balthasar ihr beigebracht hatte.
    »Sieht es sehr schlimm aus?«
    »Du bist immer noch ziemlich hübsch.«
    Überrascht ruckte ihr Kopf hoch. Amanda versuchte in Juls Miene zu lesen, doch das leichte Lächeln konnte alles bedeuten.
    Schließlich gab sie dem Drang nach, legte eine Hand auf seine Brust und ließ sie von dort zu seinem Nacken hinaufwandern. Es war, als suche sich all die Anspannung, all die Angst, die sie den Tag über durchlitten hatte, ein Ventil. Sie wollte nicht länger darüber nachdenken, was geschehen war und was sie noch tun musste. Sie wollte für eine Weile vergessen, welche Verantwortung auf ihren Schultern lastete.
    Jul beugte sich vor. Seine Lippen streiften die ihren, dann richtete er sich wieder

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