Aeternum
genug herausfinden. Er tastete nach der Pistole, die wieder an seiner Seite hing. Er zog sie, und es klickte leise, als er sie entsicherte. »Wir werden es versuchen müssen. Falls er die Linien übertritt, halte ich ihn auf.«
Amanda nickte. »Erschieß ihn nur nicht. Er ist unsere einzige Spur.«
Ja, sie hatten nur diese eine Chance. Wenn es nicht funktionierte, wenn sie nicht erfuhren, wo die Waffe war, würden sie den Rest ihrer Existenz als Gejagte verbringen, von Michael und Amandas Meister gleichermaßen verfolgt, so lange auf der Flucht, bis nicht mehr genug von der Welt übrig war, um noch irgendwohin zu fliehen.
Sie sahen einander an, und für einen Moment bröckelte die starke Fassade, die Amanda so gerne zur Schau trug. Furcht schimmerte durch die Risse, schlug ihre Fänge auch in Juls Herz.
Er streckte die freie Hand nach ihr aus, zog sie an sich und atmete den Geruch ihres feuchten Haars. »Es wird schon nicht schiefgehen. Keine Sorge.«
Mit einem Lächeln schob sie ihn ein Stück von sich. »Vertraue nie jemandem, der dir sagt, du sollst dir keine Sorgen machen.« Dann wurde ihre Miene wieder ernst, und sie nickte in Karins Richtung. »Stell dich irgendwo da hinten hin.«
Karin saß noch immer inmitten des abgebrochenen Mahls auf dem Boden und zog die Augenbraue ein Stück in die Höhe, als Jul ein paar Schritte in ihre Richtung ging. Doch der hob nur die Schultern. Dies war nicht der richtige Zeitpunkt für Erklärungen.
Er suchte sich einen Platz, von dem aus er auf alles schießen konnte, das in dem Pentagramm erschien, ohne Amanda zu treffen. Ihre Schultern hoben sich, als sie tief durchatmete. Dann murmelte sie dreimal den Namen Baal Hadad.
Jul hatte etwas Eindrucksvolleres erwartet, dennoch hielt er unwillkürlich den Atem an. Er hob die Pistole, zielte ungefähr auf Kniehöhe. Sein eigener Herzschlag hallte laut in seinen Ohren.
Irgendetwas entstand innerhalb des Pentagramms, ein grober Umriss aus Nebel oder Rauch. Er waberte, verdichtete sich. Eine annähernd menschliche Gestalt schälte sich heraus. Doch dann zerfaserte sie wieder, die Konturen verwischten. Sollte das geschehen? Amanda stöhnte auf, irgendetwas stimmte nicht. Jul umklammerte die Pistole fester, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, an ihre Seite zu eilen, und dem Wissen, dass er auf seinem Posten bleiben musste. Der Umriss verblasste immer weiter. Plötzlich schien es, als fahre ein Windstoß in den Nebel, verwehe ihn. Mit einem Schrei fiel Amanda auf die Knie. »Nein! Verdammt, nein!«
24
W ieso funktionierte es nicht? Amanda starrte wie betäubt auf die Linien des mit Edding gemalten Pentagramms. Es konnte kaum daran liegen, dass sie sich nicht an die ganzen verdammten Klischees gehalten, Kerzen aufgestellt oder Räucherwerk verbrannt hatte. Die Beschwörung an sich bestand daraus, den Namen des Dämons dreimal auszusprechen und die Kraft der Magie in die Worte fließen zu lassen. Selbst das Pentagramm diente nur ihrem Schutz.
Sie merkte kaum, wie Jul neben ihr in die Hocke ging und ihr eine Hand auf die Schulter legte. Ihre Gedanken waren bei Roman, der noch immer in seiner verfluchten Zelle saß. Sie vergrub das Gesicht in den Händen. Wieso hatte es nicht funktioniert?
Die Frage hallte in ihren Gedanken … aber hatte irgendwer sie nicht gerade auch laut ausgesprochen? Sie sah auf, begegnete Juls besorgtem Blick. »Amanda«, wiederholte er sanft, »was ist da gerade geschehen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Es ist, als käme ich nicht richtig zu ihm durch. Und am Ende war es, als würde die ganze Energie, die ich reingesteckt habe, irgendwie nach hinten losgehen.«
Fragend sah sie Jul an, machte sich jedoch keine großen Hoffnungen, dass er wusste, was schiefgelaufen war. Immerhin schien er noch weniger Ahnung von Magie zu haben als sie. Nachdenklich starrte er auf die Stelle, an der Baal hätte erscheinen sollen. Es war Karin, die schließlich das Wort ergriff.
»Vielleicht ist er irgendwo, wo es … Interferenzen gibt? Ihr wisst schon, wie bei Star Trek , wenn sie jemanden nicht hochbeamen können.«
Jul runzelte irritiert die Stirn, doch Amanda biss sich auf die Unterlippe, versuchte sich an alles zu erinnern, was sie über Beschwörungen gelernt hatte. Leider war das nicht viel. »Er könnte doch nicht etwa unter dem Alexanderplatz sein, und der Welleneffekt …?«
Juls Kopfschütteln unterbrach sie. »Bisher wissen wir nur, dass der Welleneffekt die Zeit
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