Aeternus - Sanfter Tod: Roman
dem Kühlschrank, stellte sie in den Wärmer und warf einen weiteren Blick auf den Ausdruck. Er musste etwas mit ihrer Vergiftung zu tun haben.
Sie steckte das Bild wieder in die Tasche und drehte die Flasche im Wärmer hin und her. Ein Erhitzen durch Mikrowellen zerstörte die Zellen, brach sie auf und machte sie für die Aeternus unbrauchbar. Das Blut musste langsam aufgewärmt werden, damit die Blutzellen intakt blieben.
Dieses Blut würde ihm erst einmal weiterhelfen, aber er brauchte auch frisches aus einer lebendigen Quelle, damit seine Wunden schneller und besser verheilten. DerAeternus würde für einige Tage geschwächt bleiben, während die Enzyme seinen Körper reparierten.
Die Zeituhr am Wärmer klingelte. Kitt nahm die Flasche aus dem warmen Wasser und füllte seinen Becher. Auf dem Gang traf sie Raven.
Kitt legte ihm die Hand auf den Arm. »Danke für deine Hilfe.«
»Was hätte ich denn sonst tun sollen?«
»Du hättest ihn liegen lassen und dem Mörder nachjagen können.« Dieser Gedanke machte ihr Angst. Was wäre gewesen, wenn Raven ihn erwischt hätte und dabei selbst verletzt oder sogar getötet worden wäre?
Sie holte innerlich Luft. »In welchem Zimmer ist er?«
»Im dritten rechts.«
»Ich komme zu dir, sobald ich mich um Tony gekümmert habe.«
Er beugte sich vor und küsste sie sanft. Seine Lippen berührten kaum die ihren. »Ich warte auf dich«, sagte er, während er sich von ihr zurückzog.
Das dunkle Glimmen in seinem Blick setzte sie in Brand. Wieder einmal war es zu spät, um sich gegen ihn zu wappnen. Sie wollte sich in diesen Augen verlieren. Aber zuerst musste sie nach ihrem Patienten sehen.
»Herein«, rief Tony auf ihr sanftes Klopfen hin.
Sie gab ihm den warmen Becher und setzte sich auf die Bettkante. »Wie fühlen Sie sich?«
»Benebelt, etwas durchgerüttelt und« – er senkte den Blick – »ziemlich verängstigt.«
»Wollen Sie darüber reden?«, fragte sie.
Er schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Oberon will mich nachher befragen, und ich glaube, ich kann es nicht zweimal erzählen.«
Hm, Oberon hatte das Taktgefühl eines Vorschlaghammers. Sie sollte einmal mit ihm darüber reden.
»Wie wäre es, wenn wir uns stattdessen hierüber unterhalten?« Kitt zog das Foto aus der Hosentasche und gab es ihm.
Er nahm es entgegen und machte große Augen. »Woher haben Sie das?«
»Von Ihrem Schreibtisch.«
»Mist«, entfuhr es ihm. »Dafür wird er mich umbringen.«
»Wer?«, fragte sie.
»Oberon.« Er seufzte. »Sie sollten das nicht sehen. Weder sie noch Raven.«
Sie stand auf, konnte nicht mehr still sitzen. Ein kalter Stein der Angst lag in ihrer Magengrube. »Was wissen Sie?«
»Nichts.« Er versuchte zu bluffen, aber sie sah ihn eingehend an, und schließlich hob er die Hände. »Also gut. Aber wir wissen wirklich nicht viel.«
»Sagen Sie mir alles.« Sie setzte sich wieder auf das Bett.
»Wir wissen, dass dies der Kerl ist, der die Ursier bezahlt hat, damit sie Sie belästigen, und der das Gift in Ihren Drink geschüttet hat, als alle abgelenkt waren.«
Sie erhob sich wieder. »Ich dachte, es war nur ein Versehen des ungeübten Barmanns.«
Plötzlich war keine Luft mehr im Zimmer, die Wände schienen sich auf sie zuzubewegen. Wer wollte sie tot sehen? Wer fürchtete sich so sehr vor ihr, dass er sie vergiften wollte?
Vater.
Wenn sie nicht mehr da war, würde er nicht in die Verlegenheit kommen, sie wieder in die Schar aufnehmen zu müssen. Und dann hätte er die vollkommene Kontrolle über ihre Töchter. Habe ich ihn so sehr in die Enge getrieben?
Ja.
Ja, das hatte sie getan.
Sie hatte sich ihm ein Mal offen widersetzt, aber nur ein einziges Mal – damals, als sie sich geweigert hatte, Leon zu heiraten. Daraufhin hatte er sie verbannt. Aber sie hatte alle Regeln befolgt, damit sie wieder ehrenhaft in die Schar aufgenommen werden konnte, und später hatte sie nichts dagegen gehabt, dass ihr Bruder die Vormundschaft über ihre Kinder erhielt, obwohl der Gedanke, dass sie bei ihm waren, Kitt fast umbrachte.
Die Wut in ihr kochte über. »Ist da sonst noch etwas?«
Er schüttelte den Kopf. Es war zu viel. Kitt riss ihm das Foto aus der Hand und rannte aus dem Zimmer und aus dem Bunker. Als sie ihren Wagen erreicht hatte, suchte sie in allen Taschen nach den Schlüsseln.
Mist. Sie hatte sie nicht mitgenommen.
Die Lichter des inzwischen vertrauten schwarzen Geländewagens blitzten auf. Sie rannte darauf zu und riss die Beifahrertür auf.
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