Aeternus - Sanfter Tod: Roman
schweren Stoff fraßen.
»ER WAR DER FALSCHE« , sagte Ealund langsam hinter ihm.
Eine Gänsehaut bildete sich auf Gideons Rücken, und Entsetzen prickelte wie tausend kleine Käfer, die ihm über die Haut krochen. Er wollte sich nicht umdrehen, aber er musste es tun. Tränen rannen ihm aus den Augen.
»Ich konnte nicht auf den Bären warten. Es wurde zu spät.«
»UND TROTZDEM HAST DU MICH ENTTÄUSCHT« , sagte Ealund und fuhr mit der Hand über seinen Körper.
Gideon flog quer durch den Raum und prallte gegen die Wand. Mit jedem Mord wurde Ealund stärker. Gideon hatte daran gedacht, aufzuhören, aber dazu war es jetzt zu spät. Nach Carins Tod war Ealunds Wut schrecklich anzusehen gewesen. Sie hatte den Dunklen Brüdern dienen sollen, und sie waren von einer kleinen Studentin übertölpelt worden. Obwohl Gideon dafür nicht verantwortlich war, hatte er Ealunds Wut ertragen müssen. Die Schmerzen waren so schrecklich gewesen, dass er in Schweiß ausbrach, wenn er bloß daran dachte.
»Es tut mir leid, Meister«, sagte Gideon und kämpfte sich auf die Beine. »Ich wurde unterbrochen.«
»MIT DIESEM HUND HÄTTEST DU FERTIGWERDEN MÜSSEN« , höhnte Ealund. »ABER STATTDESSEN BIST DU GEFLOHEN UND HAST MICH UM MEIN OPFER BETROGEN.«
»Er war zu stark für mich. Ich habe ihn schon einmal gesehen. Er hätte mich geschnappt, oder es wäre etwas noch Schlimmeres passiert, und du hättest kein Opfer mehr bekommen.«
Die nebelhafte Gestalt warf den Kopf zurück, und kaltes, dunkles Gelächter zerrüttete Gideons Nerven. »GLAUBST DU WIRKLICH, DU BIST DER EINZIGE?«
»Ich …« Gideon schloss den Mund wieder. Genau das hatte er geglaubt, und jetzt fühlte er sich verraten. Ihm waren Größe und Bedeutung versprochen worden. »Wenn ich unwürdig bin, Meister, dann sollen andere dir dienen.«
»NEIN, SO FUNKTIONIERT DAS NICHT.« Ealund hob seine geisterhafte Hand, und plötzlich hatte Gideon das Gefühl, als würde sein Herz zusammengepresst. »DEINE AUFGABE IST UNVOLLENDET, UND ICH BRAUCHE DEINE OPFERGABEN. SPÜRE MEINE WACHSENDE MACHT.«
Gideons Finger verkrallten sich in seine Brust. Er versuchte die Macht zu brechen, die ihm das Herz zusammendrückte, bevor es noch platzte. Ealund lächelte und schien makabres Vergnügen zu empfinden. Der Druck zwang die Luft aus Gideons Lunge; seine Schläfen pochten unter dem Sauerstoffmangel und unter seiner Angst.
»JETZT …« Ealund öffnete die Faust und ballte sie sogleich wieder. »JETZT MUSST DU DAS OPFER DARBRINGEN. WIR HABEN DARÜBER GESPROCHEN. DU WEISST, WEN ICH HABEN WILL. BRING SIE ALLE ZUM HEILIGEN ORT.«
»Bitte nicht …«
»DU WIRST ES TUN.« Ealund drückte die Faust noch fester zusammen.
Gideon hatte den Eindruck, dass seine Augen gleich aus den Höhlen treten würden. Er nickte.
»GUT.« Ealund ließ die Hand sinken. »WENN DU DAS TUST, WERDE ICH DICH FÜR IMMER AUS DEINEM GEFÄNGNIS BEFREIEN.«
Gideon fiel auf die Hände und Knie und rang nach Luft. Er schaute auf, aber Ealund war verschwunden. Eine Welle der Übelkeit überkam ihn, und er rollte sich auf den Rücken. Er wollte in seine Zelle zurückkehren, wo er in Sicherheit war. Er wusste nicht einmal, ob er die Freiheit noch wollte.
28 AGENT AUSSER GEFECHT
Bianca brachte Handtücher und einen Kessel, während die anderen auf Oberons Rückkehr warteten. Kitt tauchte den Stoff in das warme Wasser und wischte damit Tonys Körper ab. Aeternus-Blut klumpte nicht wie das der Menschen und ließ sich leicht entfernen.
Wenige Minuten später kam Oberon mit einer Rolle sauberem, weißem Stoff zurück.
Kitt wickelte das Bündel aus, das chirurgische Instrumente enthielt. »Die Brustwunde ist tief und heilt nicht so schnell, wie sie sollte, weil eine silberne Klinge in Tonys Nacken steckt. Ich muss sie vorsichtig entfernen, sonst bringt sie ihn um.« Kitt sah hinüber zu Oberon. »Dazu muss ich ihn auf die Seite rollen, und du musst seinen Kopf festhalten.«
Die Klinge steckte wie immer genau zwischen dem sechsten und siebten Halswirbel. Kitt musste sie unbedingt in einem ganzen Stück entfernen. Wenn auch nur ein winziger Splitter abbrach und in seinen Blutkreislauf eindrang, könnte es für Tony tödlich enden.
»Halt seinen Kopf still«, befahl sie.
Oberon packte Tonys Haupt mit seinen massigen Händen, während Kitt die Instrumente aufnahm und sich an die Arbeit machte.
Sie schnitt die Haut auf und schob sie zurück, dann durchtrennte sie das Gewebe. Tony schrie auf. Sie konnte ihm
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