Aeternus - Sanfter Tod: Roman
Kitt mit einem Lächeln. »Aber Sie sehen auch so aus, als ob Sie bessere Tage gesehen hätten.«
Die Medizinerin ließ die Schultern hängen und runzelte die Stirn. »Jede Minute rufen mich die dämlichen Reporter an, und dieser Mistkerl Roberts von der AGV hat damit gedroht, mir den Job wegzunehmen, wenn irgendwas in die Zeitungen kommt« – sie reckte das Kinn – »aber das ist nicht Ihr Problem. Was kann ich für Sie tun?«
»Eigentlich hatte ich gehofft, dass Sie uns einen Blick auf die Leiche vom NYAPS-Campus werfen lassen. Das hier ist Antoinette Petrescu; sie arbeitet mit Oberon zusammen.«
Als sie den Namen des Ursiers erwähnte, trat ein Lächeln auf das Gesicht der Pathologin. »Wie geht’s denn meinem großen, dunklen Kerlchen?«
»Er ist so brummig wie eh und je«, antwortete Kitt.
»Hm, genauso mag ich ihn«, meinte Tez und zwinkerte ihr zu. »Aber ich rede im Augenblick nicht mit ihm, weil der Mistkerl mich letzte Woche versetzt hat.«
Oberon und Tez hatten eine stürmische Beziehung, die immer wieder beendet und neu begonnen wurde.
»Also?«, meinte die Pathologin und hielt den Kopf schräg. »Kommt ihr endlich mit, oder wollt ihr bloß hier rumstehen?«
»Danke, Tez«, sagte Kitt.
»Danken Sie Ihrem Glücksstern dafür, dass sich dieser verdammte Idiot von Stanislavski heute Nacht krankgemeldet hat, denn sonst müsstet ihr mit ihm statt mit mir fertigwerden«, sagte Tez, als sie die beiden Frauen den Gang hinunterführte.
Der strenge Geruch der Reinigungsmittel konnte den Gestank von Tod und Verwesung in den Räumen der Pathologie nicht ganz überdecken. Zwei der drei Autopsietische aus rostfreiem Stahl waren belegt. Auf dem hinteren lag die Leiche einer dunkelhäutigen Frau, und sie hatte die graue Farbe derjenigen, die nicht erst vor Kurzem verstorben waren. Der Leichnam, für den sie sich interessierten, lag auf dem Stahltisch in der Mitte.
Antoinette trat näher an den toten Jungen heran. »Ich kenne ihn.«
Der Brustkorb klaffte auf, und die abscheuliche Maske des Todes hatte sich verzerrend über die jugendlichen Züge gelegt. Kitt vermutete, dass die Venatorin Antoinette, die erst kürzlich zur Aeternus geworden war, schon viel Schlimmeres gesehen hatte – doch es fiel Kitt schwer, sich vorzustellen, was noch schlimmer sein konnte.
Sie hatte die Pathologie hauptsächlich deshalb verlassen, weil sie begonnen hatte, die steinkalten Gesichter ihres verstorbenen Mannes und ihres Bruders auf den Leichen zu sehen, bei denen sie eine Autopsie hatte durchführen müssen. Nach zehn Jahren im BPP war ihr der Tod plötzlich allzu sehr auf die Nerven gegangen.
Aber Antoinette hatte recht – dieser junge Mann hatte etwas Vertrautes an sich.
Und auch Oberon hatte recht, wenn er sich fragte, obes Parallelen zu dem anderen Mord gab, an dem sie vor einigen Monaten gearbeitet hatte. Von dort, wo sie stand, wirkte das Opfer genau wie das von damals. Aber bevor sie zu einer abschließenden Entscheidung kommen konnte, musste sie mehr sehen.
Die Aeternus beugte sich hinunter. »Ich habe ihn schon einmal irgendwo gesehen.« Sie schaute von der Leiche zu Kitt. »Ich kann mich bloß nicht mehr erinnern, wo das war.«
»Würden Sie mir glauben, wenn ich Ihnen sagte, dass es der Sohn des verdammten ursischen Botschafters von Russland ist?«, fragte Tez.
»Heiliger Bimbam!«, rief Antoinette.
Plötzlich wusste Kitt, warum sie sich an ihn erinnerte. Vor ein paar Wochen hatte es eine Reportage über ihn und seinen Vater in der Zeitung gegeben, als der neue Bibliotheksflügel der Akademie eingeweiht worden war. Der Botschafter hatte den Bereich zeremoniell eröffnen dürfen, weil er der Bibliothek einen großen Betrag gespendet hatte.
»Deswegen versucht die AGV, die ganze Sache erst einmal geheim zu halten.« Tez trat näher an den Autopsietisch heran. »Ich habe die vorbereitenden Untersuchungen abgeschlossen und Proben genommen. Kitt, dieser Fall ist fast identisch mit dem letzten Mordopfer vom Campus, das Sie untersucht haben. Diesmal haben wir einen männlichen Ursier kurz nach der Erweckung, neunzehn Jahre alt. Wie Sie ja schon wissen, war das erste Opfer ein Felier von einer berühmten Chicagoer Schar und etwa genauso alt.«
Antoinette stemmte die Hände in die Hüften. »Vielleicht haben wir es mit einem rassistisch motivierten Killer zu tun.«
»Das müssen Sie herausfinden. Ich mache hier nur dieAutopsien«, sagte Tez. Sie wuchtete den Leichnam auf die Seite und deutete auf die breite
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