Aetherhertz
belasten”, sagte er abwehrend.
„ Warum nicht?“
„ Na, Sie haben doch niemanden, der auf Sie aufpasst, wenn Sie davon nachts aufwachen.“
Aha, davon träumte er also. Der große Aufpasser und Tröster in der Nacht.
„ Hans, ich schlafe wie ein Stein. Und ich habe Sissi und Frau Barbara. Ich bin nicht allein.“
Er fasste nach ihrer Hand. „Sie machen sich über mich lustig“, sagte er und zog sie näher zu sich heran.
„ Hans!“, rief Annabelle erschrocken. Seine Hand drückte ihre zu fest.
„ Entschuldigung. Ich möchte nur ... Sie brauchen einen Mann, der sich um sie kümmert.“ Seine Augen irrten hin und her, in ihrem Gesicht, weiter unten, er atmete schneller.
Annabelle konnte es nicht glauben. Nun machte der auch noch Schwierigkeiten! Sie versuchte die richtigen Worte zu finden, um ihn einerseits zu beruhigen, andererseits ihm klarzumachen, was sie für ihn empfand – nämlich nichts. Er ließ sich nicht los, im Gegenteil, er drehte sie zu sich und zog sie näher zu sich. Seine Nähe war ihr plötzlich unerträglich, sie versuchte sich zu lösen, aber er hielt sie fest und beugte sich zu ihr hinunter.
„ Ich glaube, die Dame ist mit Ihrem Benehmen nicht einverstanden“, ertönte eine kräftige Stimme von der Tür her.
Hans ließ sie schnell los und trat einen Schritt zurück. Annabelle schloss erleichtert die Augen und als sie sie öffnete stand Friedrich Falkenberg neben ihr.
„ Alles in Ordnung?“, fragte er sie besorgt.
„ Ja“, nickte Annabelle. Ihr Herz klopfte zwar immer noch wie wild, aber sie wollte jetzt kein großes Drama.
Hans stand wie ein begossener Pudel im Raum. Er hob die Hände, als wolle er etwas abwehren, drehte sich dann wortlos um und ging zu seinem Stuhl. Er stellte sich hinter den Stuhl, wie zum Schutz vor Friedrich. Der blieb allerdings völlig ruhig neben Annabelle und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
Annabelle sortierte sich langsam wieder und wunderte sich: “Was machen Sie hier?“
„ Nun“, sagte Friedrich Falkenberg. „Ich bin wohl hier, um Sie vor unerwünschten amourösen Absichten zu beschützen.“
Hans schnaufte laut und wehrte sich: “Ich habe dem Fräulein nichts getan.“
„ Noch nicht. Aber Ihre Absichten waren klar.“
„ Und was haben Sie für Absichten?“, murmelte Hans trotzig.
„ Nun, jedenfalls habe ich nicht vor, die Dame zu kompromittieren. Es ist nicht anständig, ein Fräulein in einer Notsituation auszunutzen.“
Annabelle schüttelte verwirrt den Kopf und drehte sich unter seiner Hand weg. Notsituation? Was glaubte Friedrich Falkenberg eigentlich?
„ Ich arbeite hier. Und ich bin nicht in Not“, sagte sie.
Friedrich Falkenberg schüttelte den Kopf: „Das sehe ich anders. Wie dem auch sei: Wir hatten für heute eine Verabredung.“ Annabelle wunderte sich, dass er sie hier im Institut gefunden hatte. Frau Barbara hatte wohl mal wieder einem Paar blauer Augen nicht widerstehen können, und ihren Aufenthaltsort ausgeplaudert.
„ Ich habe erst später für Sie Zeit. Kommen Sie am Nachmittag wieder und dann bitte zu mir nach Hause.“
Friedrich Falkenberg sah etwas verwirrt aus, nahm es aber sportlich und verabschiedete sich. Annabelle hatte zwar das Gefühl, als ob noch etwas Unausgesprochenes zwischen den Männern passierte, aber es war ihr egal.
„ Bringen Sie mich jetzt runter“, befahl sie Hans. Sie wäre zwar lieber allein gegangen, aber das wagte sie heute nicht. Eine Rüge pro Tag war genug. Der Pathologe war ein Ekel, der es fertigbrachte, sie gleich wieder rauszuschmeißen.
„ Fräulein Annabelle, es tut mir leid. Es ist einfach mit mir durchgegangen.“ Hans sah aus, wie ein kleiner Junge, dem man seine Schokolade weggenommen hatte, und der nun versucht, sich wieder beliebt zu machen.
„ Mir auch, Hans. Ich wünschte, Sie hätten das nicht getan. Ich schätze Sie sehr als Kollegen.“
Hans atmete tief durch. „Dann sind wir das auch. Kollegen.“ Er hielt ihr die Hand hin.
Annabelle schlug ein. Sie hatte nicht wirklich das Gefühl, als ob die Sache schon beendet wäre, aber sie wollte es für heute dabei belassen.
Während sie Hans in das untere Stockwerk folgte, wo die Kühlkammern waren, versuchte sie, sich nicht über Friedrich Falkenbergs Auftritt zu freuen. Es war aber schon toll gewesen, wie er da wie ein Ritter seine holde Dame vor den Übergriffen des Schurken beschützt hatte. Johanna würde sich darauf stürzen und diese Geschichte im Handumdrehen im Bekanntenkreis
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