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Aetherhertz

Aetherhertz

Titel: Aetherhertz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Bagus
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Frage! Du fragst nach dem Motiv, aber ich will erst mal nach der Ursache suchen.“
    „ Motiv – du redest wieder hochgestochen.“
    „ Ach Hans, sei doch nicht beleidigt.“
    „ Ich bin sauer. Wir sind hier nur zu zweit. Glaub mal nicht, dass ich irgendeine Überstunde mache, nur weil ein Irrer durch Baden-Baden rennt und Frauen Gift in den Kaffee schüttet.“ Er sah in seine eigene Tasse, als ob ein ekliges Insekt darin wäre, und schüttete den Rest auch in den Ausguss.
    „ Glaubst du, es könnte im Kaffee gewesen sein?“ Annabelle grübelte. Tierische Gifte waren selten hitzestabil.
    „ Was weiß ich“, sagte Hans mürrisch.
    „ Wenn wir nur wüssten, was es ist! Das könnte uns einen Hinweis auf den Täter geben.“
    „ Die Dragendorf-Reagenz ist übrigens gekommen.“ Er zeigte auf eine kleine Holzkiste.
    „ Wunderbar! Lass uns anfangen!“ Annabelle machte sich daran, die gut verschlossene Kiste zu öffnen.
     
    Ein paar Stunden später waren sie am gleichen Punkt angelangt, wie am Abend zuvor.
    „ Verflixt!“, fluchte Annabelle.
    Hans war zu erschöpft, um sich darüber aufzuregen.
    „ Wir müssen auch die Wagner- und die Sonnenscheinreagenz anfordern”, sagte Annabelle.
    „ Das muss Professor Schmidt absegnen“, gab Hans mürrisch zu bedenken.
    „ Dann geh doch du schon mal zu ihm”, sagte Annabelle und war in Gedenken schon bei den nächsten Aufgaben. Hans trollte sich. Das war ihm alles zu anstrengend.
    Annabelle ging zu dem Tisch, auf dem sie alle Bücher, in denen etwas Nützliches stehen könnte, ausgebreitet hatten. Was hatten die Mädchen gegessen, was hatten sie gemacht? Und wie passte die Schwangere dort hinein? Wo war das Kind? Die Zeit lief ihnen davon!
    Sie hörte Schritte und nahm an, dass Hans zurück gekommen war.
    „ Wir müssen den Fötus bekommen. Warum haben wir das Kind nicht?“, fragte sie ihn.
    „ Das weiß ich nicht“, sagte eine bekannte Stimme, die aber nicht Hans gehörte. Annabelle drehte sich um. Es war Paul. Er war frisch rasiert und sah sehr gut aus in seinem dunklen Anzug, mit dem weiten Mantel darüber. Sie bekam ein warmes Gefühl im Bauch.
    „ Paul!“, freute sie sich. Merkwürdig, wie sie gestern Abend bei Frau Barbaras Schokocreme bei den Vornamen angekommen waren. Plötzlich schien es ganz natürlich. „Was machst du hier?“
    „ Ja, was machen Sie hier?“, fragte Hans, der zurückgekommen war und sich an Paul vorbei drängelte.
    Paul stellte sich vor.
    „ Noch ein Falkenberg“, sagte Hans mürrisch. „Wollen Sie das Fräulein auch vor mir beschützen? Sie kommt eigentlich immer freiwillig, müssen Sie wissen.“
    Paul sah sie fragend an und Annabelle wurde rot. Blöd, warum denn? Hans war ein echter Idiot!
    „ Friedrich war hier“, erklärte sie. „Bevor wir ausgegangen sind.“
    Paul nickte nur. „Mein Bruder war schon immer der Forschere von uns beiden. Nach unserem Gespräch gestern Abend habe ich etwas recherchiert.“
    „ Er ist forsch, du bist ein Forscher”, rutschte es Annabelle heraus.
    Paul lächelte, und machte Annabelle damit glücklich. Wieder einmal stellte sie fest, wie sehr er ihrem Vater ähnlich sah. Vor allem, wenn er lächelte. Allerdings war Paul auf verwirrende Art und Weise körperlicher – jedenfalls für Annabelle. Es juckte sie in den Fingern seine Wange zu ertasten, ob sie wirklich so glatt rasiert war, wie sie aussah.
    „ Ich weiß, wer die Familie eurer toten Schwangeren ist.“
     
    Sie waren auf dem Weg zum Hotel Brenner. Annabelle wollte unbedingt mit den Angehörigen der Russin sprechen. Da sie kein Russisch konnte, hatte Paul sich angeboten, sie zu begleiten. Für alle Fälle, falls die Angehörigen kein Deutsch konnten.
    „ Von welchem Kind hast du vorhin gesprochen?“, fragte Paul.
    „ Ich würde gerne den Fötus der schwangeren Toten sehen.“
    Paul runzelte die Stirn. Diese Antwort hatte er nicht erwartet. Annabelle überraschte ihn immer wieder. Er wusste nicht so recht, was er von der ganzen Sache halten sollte. Erstens war er sich nicht über seine Gefühle im Klaren. Er war erleichtert, dass das Thema “Annabelle und Friedrich“ sich so schnell erledigt hatte. Falls dem so war. Es war eigentlich nicht typisch für seinen kleinen Bruder, so schnell aufzugeben.
    Er genoss das Zusammensein mit Annabelle sehr, obwohl es in höchstem Maße unkonventionell war. Er war sich nicht sicher, was sein Vater dazu sagen würde. Schließlich arbeitete er eigentlich im gewissen Sinne für Annabelle.

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