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Aetherhertz

Aetherhertz

Titel: Aetherhertz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Bagus
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Hände mit den langen, tintenverschmierten Fingern, seinen leichten Bartschatten, die dichten Augenbrauen, die diese warmen braunen Augen überschatteten … Er blickte hoch, begegnete ihren Augen und sagte: “Es sollte ein Leichtes ein, herauszubekommen, wo die russische Familie im Brenner residiert.“
    „ Würden Sie mir helfen?“, fragte sie spontan.
    „ Gerne.“
    Ein Wort. Mehr nicht. Das reichte. Annabelles Herz ging auf und sofort meldete sich ihr schlechtes Gewissen wieder.
    „ Ich werde nicht mehr mit Ihrem Bruder ausgehen!“, brach es aus ihr heraus.
    Das schreckte Paul sichtlich auf. „Warum denn nicht?“, fragte er alarmiert. „Hat er sich schlecht benommen? Sagen Sie es mir, ich werde ihn zur Rede stellen!“
    „ Nein“, beschwichtigte sie. „Er hat sich tadellos benommen. Es ist nur, nun ... Ich möchte einfach nicht. Er und ich – das passt nicht.“
    Paul nickte und kratzte mit seiner Gabel auf dem Teller herum, bis Frau Barbara ihm das Besteck abnahm und beiden eine Nachspeise hinstellte. Annabelle verfluchte ihr schnelles Mundwerk. Sie hätte das nicht sagen sollen. Jetzt wusste sie nicht, wie es weitergehen sollte. Nach einigen Löffeln der Creme wollte sie etwas sagen: “Paul ...“
    „ Fräulein ...“, begann er gleichzeitig.
    Sie lachten. Annabelle nahm schnell noch ein paar Löffel Creme, um nicht zuerst weiter sprechen zu müssen.
    „ Fräulein Annabelle, würden Sie denn mit mir ausgehen wollen?“
    Jetzt wurde es warm in ihrem Bauch.
    „ Gerne.“ Auch nur ein Wort. Das reichte. Paul nickte.
    “ Aber ich habe eine Bitte”, sagte Annabelle. Sie war sich nicht sicher, ob es schicklich war, aber es störte sie einfach. “Können Sie aufhören, Fräulein Annabelle zu mir zu sagen? Und darf ich Sie Paul nennen?”
    “ Nur wenn wir uns auch duzen.” Seine Augen waren so warm wie ihr Bauch.
    “ Wunderbar!” Schmetterlinge tanzten.
    Frau Barbara räusperte sich: „Nun ist es aber genug für heute. Fräulein Annabelle muss ins Bett.“
    „ Ich bin kein Kind mehr!“
    „ Heute Abend schon. Morgen sehen wir weiter.“
     
    * * *
     
    Der Mann saß. Er atmete ein und aus. Er blinzelte. Seine Augen verharrten auf dem gleichen Fleck weißer Wand seit Stunden.
    Ein und aus. Ein und aus.
    Friede.
    Ein Geräusch. Gänsehaut. Die Haare auf seinem Arm stellten sich schmerzhaft auf. Sein Atem ging schneller, kühlte die Haut auf seinen Fingern, die er zum Gebet vor sich verschränkt hielt.
    Eiskalt. Er krampfte die Finger zusammen, bis seine Gelenke weiß wurden.
    Konzentration: Ein und aus.
    Wieder das Geräusch. Seine Augen verließen den Punkt weiß und irrten herum.
    Er blinzelte und seine Lider schlugen wie Stahltore aufeinander und dröhnten in seinem Kopf.
    Eine Fliege.
    Er weinte. Er konnte sich nicht überwinden, er wollte nicht, aber es musste sein.
    Mit schier übermenschlicher Anstrengung löste er seine Finger und bewegte die rechte Hand zu dem roten Knopf.
    Tränen brannten eine heiße Spur auf seine Wangen und es fühlte sich an, als ob sich unter ihnen sein Fleisch auflöste. Sie gruben sich immer tiefer in sein Gesicht. Er wollte schreien, aber das kam nicht infrage.
    Sie kam. Sie versuchte sicher leise zu sein, aber für ihn war es eine Qual. Sie roch nach Essen, Schweiß, Parfum und nasser Wolle. Er würgte und zeigte mit zitterndem Finger auf die Fliege. Dann hielt er sich die Ohren zu, schloss die Augen und lauschte dem Donnern seines Herzens, dem Rauschen seines Blutes und dem Scharren seiner Finger in seinen Ohren, bis sie weg war.
    Dann nahm er langsam die Hände herunter und faltete sie wieder vor sich.
    Ein und aus. Ein und aus.
     
    * * *
     
    „ Stell dir vor, es sind wirklich die Freundinnen der Maria Gerber!“, berichtete Annabelle Hans am nächsten Tag. Frau Gerber hatte Annabelles Verdacht bestätigt.
    „ Und was bringt uns das jetzt?“ Hans war genervt, weil sie keine Fortschritte machten.
    „ Na, das macht alles viel leichter! Die waren viel zusammen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie bei einer gemeinsamen Aktivität, die sie oft zusammen gemacht haben, vergiftet wurden, ist groß. Nun müssen wir nur noch herausfinden, was sie gemacht haben.“ Annabelle breitete die Akten der Frauen auf einem Tisch aus.
    „ Warum sollte jemand so viele junge Frauen vergiften?“ Er schüttete einige Flüssigkeiten in den Ausguss und legte die Reagenzgläser klirrend auf die Ablage, damit die Putzfrauen sich darum kümmerten.
    „ Das ist eine ganz andere

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