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Aetherhertz

Aetherhertz

Titel: Aetherhertz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Bagus
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nicht.“ Olga Kulikowa schloss die Augen.
    „ Ich will sie nach Russland mitnehmen.“
    „ Ja, das verstehe ich. Ich werde nachfragen, ob es schneller geht. Aber wir müssen herausfinden, was geschehen ist. Können Sie sich an nichts Besonderes erinnern?“
    „ Wir haben immer zusammen im Hotel gegessen. Außer, wenn sie mit Sergej ausging.“
    „ Hat Sie etwas anderes getrunken?“
    „ Wir haben darauf geachtet, dass sie gesund lebt.“
    „ Wo ist Ihr Schwiegersohn?“, fragte Paul.
    “ Geschäft.“ Die Russin hatte die Augen immer noch geschlossen.
    „ Sie haben ein Geschäft in Baden-Baden?“
    „ Nein. Er ist geschäftlich unterwegs. So sagt man hier doch? Ich bin müde.“ Sie öffnete die Augen und entzog Annabelle ihre Hand.
    „ Gehen Sie jetzt. Sergej wird morgen wieder da sein. Kommen Sie dann wieder.“ Sie stand mühsam auf. Der Mann eilte an ihre Seite, um sie zu stützen. Annabelle stand auf und sah ihr hinterher.
    „ Ich werde alles tun, dass Sie Ihre Tochter mitnehmen können“, rief sie der Frau hinterher.
    Paul nahm sie am Arm. „Wir sollten gehen.“
     
    Sie gingen aus dem Hotel und mussten feststellen, dass es angefangen hatte zu regnen, eisige Tropfen, mit leichtem Hagel vermischt. Annabelle spannte ihren Schirm auf, und sie versuchten, eine Kutsche zu bekommen. Der unerwartete Guss hatte aber viele Leute von den Straßen in die Kutschen gefegt, und so patschten sie frierend durch die Pfützen, bis Paul sich an dieses Gasthaus erinnerte, in dem sein Opa gerne mit ihm sonntags eingekehrt war. Zum Frühschoppen – Paul bekam eine Limonade und Opa sein Bier, das ihm den Gottesdienst erträglich machte. Sie machten es sich auf einer Eckbank gemütlich.
    Die kleine Wirtschaft war abseits der Prachtalleen und großen Einkaufsstraßen. Sie war so gemütlich, wie eine badische Wirtschaft sein konnte: mit grünen Butzenglasfenstern, dunklen Holzstühlen und Tischen, an der Wand Geweihe und ausgestopfte Tiere. Am zentralen Kachelofen, der in dieser kühlen Winternacht mollige Wärme abstrahlte, saß ein Akkordeonspieler und unterhielt die Gäste.
    Das Essen war gut, aber Annabelle schien traurig, und traurig konnte sie offenbar nicht essen, denn sie stocherte in ihrem Essen herum.
    „ Die Frau tut mir so leid”, sagte sie leise.
    Paul nickte. Er hatte auch Verständnis, aber die Sache ging ihm nicht so nahe wie Annabelle. Ein anderer Gedanke ließ ihn nicht los. „Es ist wirklich merkwürdig, dass ihr das Kind nicht habt.“
    „ Sag ich doch!“
    „ Es macht keinen Sinn. Vielleicht sollte ich einmal in dieses Josefinenheim gehen.“
    „ Gute Idee. Wahrscheinlich bekommst du als Mann eine Antwort. Hans kümmert sich um solche Dinge nicht. Und bei mir heißt es dann gleich wieder, ich würde herumschnüffeln.“ Annabelle schob den Kartoffelbrei zu einem Berg zusammen, dann malte sie abwesend mit der Gabel Muster in die Masse. Schließlich legte sie ihr Besteck beiseite und lehnte sich zurück.
    Paul schob sich einen Bissen seines Pilzomelettes in den Mund und kaute nachdenklich. Einerseits ärgerte er sich: Das war also, was ihm für eine Verabredung einfiel? Eine gutbürgerliche Umgebung? Sein Bruder würde sich totlachen. Andererseits: War es überhaupt eine Verabredung? Schließlich waren sie vom Regen überrascht worden. Er redete sich ein, dass er für eine wirkliche Verabredung eine andere Lokalität gewählt hätte.
    „ Warum machst du das eigentlich?“, fragte sie plötzlich.
    Paul sah sie überrascht an: “Was?“
    „ Mir helfen.“
    „ Weil es sonst niemand tut?“
    Annabelles Blick bewölkte sich. Das war wohl nicht die Antwort, die sie sich erhofft hatte.
    Paul merkte, dass sie enttäuscht war.
    „ Hör zu“, sagte er. „Ich will dir nichts vormachen. Vernünftig ist das nicht, was ich hier tue. Mein Vater würde mich wahrscheinlich versetzen, wenn er das wüsste.“
    „ Warum?“ Sie wirkte überrascht.
    „ Es ist nicht schicklich.“
    “ Warum?“
    „ Es geht um deinen Ruf.“
    „ Hab ich denn einen?“
    „ Man hat immer einen zu verlieren.“
    „ Das macht mir nichts.“ Sie trank einen großen Schluck Wein.
    „ Das sagst du, weil du nicht weißt, was das bedeutet. Dann würde dich das Fräulein Johanna nicht mehr mitnehmen, auf ihre exklusiven Soiréen – oder Kaffeekränzchen.“
    “ Woher weißt du das?“
    “ Frau Barbara hat mir viel erzählt. Sie macht sich Sorgen.“
    „ Die Soiréen bedeuten mir nichts.“ Sie schien angriffslustig und er

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