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Aetherhertz

Aetherhertz

Titel: Aetherhertz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Bagus
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und abwarten. Ich hab die Nase voll.” Paul setzte sich wieder und kippte folgsam sein Glas.
    Friedrich seufzte: “Die Berichtiger, naja, sie berichtigen eben. Sie berichtigen das Verhalten der Leute. Ich habe mir sagen lassen, das geht ganz gut, vor allem, nachdem sie geblitzt wurden.”
    “ Aber wer entscheidet denn, was richtig ist?”, fragte Paul provokant.
    Friedrich legte den Kopf in den Nacken und streckte sich: “Ich nicht. Und ich bin froh darüber.”
    “ Du bist eben nur ein kleiner Befehlsempfänger.” Paul balancierte sein Glas auf dem Handrücken.
    “ Werd mal nicht frech, Bücherwurm. Was glaubst du denn, wer entscheidet? Also über den Berichtigern steht das Militär, darüber der Markgraf, darüber der Großherzog und darüber der Kaiser.”
    Paul lachte freudlos: “Genau, nehmen wir mal Friedrich II., unseren Großherzog. Ich habe den mal getroffen, während meines Studiums. Er war als alter Herr des Corps Saxo-Borussia bei uns zu Gast. Ein weicher, langweiliger Mensch.”
    “ Das sagt der Richtige”, schnaubte Friedrich und schlug von unten gegen Pauls Hand, sodass das Glas in hohem Bogen durch den Raum flog und klirrend zerschellte. Paul holte sich kommentarlos ein neues Glas und sagte: “Ich meinte damit nicht, dass es ihm an Muskeln fehlte. Es fehlt ihm an Meinung, an Durchsetzungsvermögen. In diesen Zeiten bräuchten wir einen stärkeren, entschlosseneren Regenten. Auch der Kaiser ist zu sehr an der wirtschaftlichen Expansion interessiert, was interessieren ihn die Verdorbenen, wenn er doch mit unserem Æther die britischen Luftschiffe füttern kann, die dann das Empire vergrößern.”
    “ Der Kaiser ist sehr an guten Bedingungen für die Menschen interessiert. Wünschst du dir etwa jemanden wie Bismark?” Friedrich schenkte sich noch ein Glas ein, zündete sich eine Zigarette an und blies den Rauch in den dunklen Raum.
    “ Ich hasse einfach die Borniertheit der Bürgerschaft, die alles erträgt und immer auf den Status quo pocht. Alles soll so bleiben, wie es immer war.” Paul war über sich selbst erstaunt. Solche Worte hatte er bis jetzt noch nicht gesagt.
    Friedrich beugte sich nach vorne und zeigte mit der glühenden Spitze der Zigarette auf ihn: “Weißt du eigentlich, was es für Johanna bedeutet hat, zu Annabelle zu gehen? Es ist fast so etwas wie gesellschaftlicher Selbstmord!“
    Paul hatte das so noch nicht betrachtet. Das Kirschwasser sorgte dafür, dass sich seine Emotionen sehr deutlich in sein Bewusstsein drängten. Er war bestürzt, entsetzt, traurig, wütend und verzweifelt.
    „ Bitte richte ihr meinen Dank dafür aus.“
    Friedrich nickte. „Naja, vielleicht muss ich sie deswegen heiraten.“
    Paul hatte ihn angeschaut und ein Lächeln gefunden. Gleich darauf erinnerte ihn das aber an seinen eigenen gründlich vermasselten Antrag.
    „ Würdest du es denn tun?“, fragte er interessiert.
    Friedrich schenkte noch einmal zwei Pintchen ein: “Ich könnte es schlimmer treffen! Auf die Frauen!“
    Sie hatten die Flasche schließlich noch geleert.
     
    * * *
     
    Walter Hartmann war zufrieden. Depuis hatte das Problem Fräulein Rosenherz als erledigt gemeldet.
    „ Und sie ist wirklich außer Gefecht?“
    „ Sie ist von der Realität so weit entfernt, wie isch von Ballett tanzen“, erwiderte Depuis trocken.
    „ Gut. Sehr gut. Wie immer bin ich sehr zufrieden mit Ihrer Arbeit.“ Hartmann schwenkte seinen Cognac. Er sah sich kurz um. In der Bar war noch nicht viel los. Die Mädchen saßen auf den Barhockern und rauchten. Depuis hatte gute Mädchen, immer sauber und gesund. Natürlich kosteten sie auch mehr, aber das nahm Hartmann in Kauf.
    „ Ich möchte gleich mit Gisèle und Marie ins grüne Zimmer“, sagte er. Depuis nickte und wedelte mit seiner Hand. Sein Assistent eilte herbei. Depuis wiederholte Hartmanns Wunsch: “Die Mädschen sollen schon einmal vorge`en. Absinthe?“, fragte er zu Hartmann gewandt.
    Der nickte. Die Dirnen waren seinen Wünschen gegenüber offener, wenn sie das bittere grüne Zeug getrunken hatten.
    „ Kann isch sonst noch etwas tun?“
    „ Ja, ich hätte da noch etwas: Meine Schwester macht mir Sorgen. Ich glaube, sie sollte auch bald mal eine Kur machen. Sie haben da doch einen Arzt an der Hand, der sie einmal – wie soll ich sagen – untersuchen kann? Er kann die Einweisung in den Adlerhorst gleich mitbringen.“
    „ Wann soll isch ihn vorbei schicken?“
    „ Morgen. Heute feiere ich erst, dann arbeite ich. Morgen gibt

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