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Aetherhertz

Aetherhertz

Titel: Aetherhertz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Bagus
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gegenüber Platz und legte die linke Hand unter dem Tisch in ihren Schoss.
    „ Wie geht es dir, Annabelle?“, fragte ihre Freundin ehrlich besorgt.
    „ Naja, was soll ich sagen? Ich bin unschuldig am Tod dieser Frau, aber ich bin mir nicht sicher, ob das der Grund für meinen Aufenthalt hier ist.“
    „ Friedrich sagt, die Sachverständigen glauben auch, dass die Frau erstickt ist. An einer Praline.“
    „ Warum lassen sie mich dann nicht gehen?“
    „ Friedrich sagt, sie müssen erst prüfen, ob deine Hand gefährlich ist.“ Johannas Augen wanderten kurz nach unten, wo die Hand verborgen war.
    „ Johanna, du kennst mich doch. Bin ich gefährlich?“
    Johannas Augen füllten sich mit Tränen. Sie nestelte ein Taschentuch aus ihrem Ärmel und tupfte die Tränen schnell weg.
    „ Annabelle, was ist das mit deiner Hand? Warum …?“
    „ Es ist schwer zu beschreiben, Johanna. Ich habe es schon so lang. Ich kann damit auf eine besondere Art fühlen. Sie ist sehr empfindlich. Und sie ist grün. Deshalb habe ich sie immer versteckt. Mein Vater hat mir verboten, jemandem etwas davon zu erzählen.“ Annabelle wollte die Hand nicht auf den Tisch legen. Sie schämte sich, das sie Johanna nie genug vertraut hatte, um ihr davon zu erzählen.
    Johanna nickte. Annabelle sah ihr an, das sie versuchte zu verstehen, es ihr aber sehr schwer fiel. Annabelle fühlte einen Schwindel kommen und gehen. Wahrscheinlich fing die Kapsel an zu wirken.
    „ Hör zu Johanna“, sagte sie schnell. „Paul hat mir einen Antrag gemacht.“
    Johannas Gesicht hellte sich auf, „Wie wundervoll!“
    Annabelle schüttelte den Kopf. „Nein, das ist es nicht.“
    „ Aber du magst ihn doch?“
    „ Ja. Sogar sehr.“ Wieder ein Schwindel.
    „ Dann verstehe ich dich nicht.“ Johanna zog die Augenbrauen hoch.
    „ Ich wollte nicht, dass er das aus Mitleid tut! Verflixt ...“ Sie griff sich an den Kopf, der plötzlich so schwer wurde. „Ich wollte, dass er es aus Liebe tut.“
    „ Annabelle, Friedrich sagt, Paul liebt dich!“ Johanna griff über den Tisch nach ihrer Hand. Annabelle starrte auf den rosafarbenen mit Spitzen besetzten Handschuh und wünschte sich, sie könnte auch einen bekommen, um ihn über ihre brennende linke Hand zu ziehen.
    „ Friedrich, Friedrich ... Johanna, bitte sag Paul, dass ich es nicht so gemeint habe ...“ Sie legte den viel zu schweren Kopf auf den Arm und schloss die Augen. Ganz fern hörte sie noch, wie Johanna fragte: “Was hast du nicht so gemeint?“
    Dann murmelten einige Stimmen und wurden immer leiser. Schließlich konnte sie nicht mehr wach bleiben und schlief ein.
     
    War sie wach oder träumte sie? Sie hörte Stimmen, es hallte, wie in einem gekachelten Raum, kalt und hart. Die Stimmen schwappten hin und her – nein, sie selbst schwankte ein wenig, so wie schweben und wiegen ... aber es war kalt, und sie war an den Armen und Beinen festgebunden. Sie versuchte, die Augen zu öffnen. Sie sah grün. Sie fühlte grün. Ihre Hand fühlte grün. Grünes Feuer, so kalt, dass es heiß sein könnte. Sie konnte nichts greifen, schloss die Hände, auf und zu, blinzelte, erkannte, ein Gesicht – war es ein Gesicht? Ein entstelltes Gesicht? Wo war der Mund? Aber das waren Augen hinter einer Brille, eine Schutzbrille – eine Atemmaske?
    Sie lag in Wasser, sie hörte es plätschern, es war lauwarm. Die Wände der Wanne waren höher als ihr Kopf und zwischen dem Gesicht und dem Wasser war grüner Nebel.
    Das war Æther! Sie hatten sie in Æther gelegt! Annabelle versuchte etwas zu sagen, schaffte es aber nicht. Sie versuchte, ihre Hand zu sehen, die immer noch schmerzte, als würde sie verbrennen. Aber die Hand war im Nebel verschwunden, und sie konnte sie nicht bewegen. Sie hörte eine Art Sirene, ein lautes, an und abschwellendes Geräusch. Sie versuchte dagegen anzuschreien und merkte erst dann, dass es ihr eigener Schrei war.
    Das Entsetzen ließ sie verstummen. Nun hörte sie wieder das Wasser schwappen und ihre hastigen Atemzüge, und mit jedem Atemzug sog sie etwas von dem grünen Nebel in sich ein.
    Das Gesicht war verschwunden und Annabelle spürte nur noch Verzweiflung. Das Gefühl ihrer grünen Hand breitete sich, pulsierend, wie Wellen durch ihren Körper aus. Sie fühlte den Æther wie grünes Gift in ihren Lungen, in ihren Adern, in ihrem Kopf, er wummerte einen Takt, arbeitete sich wie Hammerschläge in jede ihrer Zellen. Sie verlor sich, löste sich auf, bröselte, zerstäubte, explodierte –

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