Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
Friedrich atmete tief durch und schluckte.
„Ich hatte das Gefühl, Sie und Paul …”, sagte er schließlich forschend. Sein Atem strich über ihre Wange.
Alexandra schüttelte leicht den Kopf: „Er ist vergeben. Wie Sie mir selbst noch gesagt haben.” Sie spürte Friedrichs Hand wieder in ihrem Rücken und hoffte, dass er das leise Bedauern in ihrer Stimme nicht gehört hatte.
„Aber da war etwas?”, flüsterte er in ihr Ohr.
Sie hob ihre Hand, griff den Aufschlag seines Mantels und sagte eine Spur zu laut: „Ich bin eine Frau, allein in einem fremden Land, umgeben von galanten gut aussehenden jungen Männern, wie sollte ich mich da nicht verlieben.”
Er atmete schneller und verlagerte sein Gewicht, sodass er noch näher bei ihr stand: „Ja, Sie sind eine Frau, und eine wunderschöne noch dazu.” Sie spürte eine Wärme in ihrem Bauch und hob ihm ihr Gesicht entgegen.
Dann berührten seine Lippen die ihren ganz zart. Aber jetzt wollte Alexandra mehr. Sie erhob sich auf die Zehenspitzen und zog ihn zu sich. Sie sog seinen Geruch ein, nach Tabak und Rosmarin, Leder und Zitrone. Er war so kraftvoll und lebendig, seine Lippen so warm und forschend. Während dieser zweite Kuss noch dauerte, wünschte sie sich, dass sie seine Haut spüren könnte, mit den Fingern über seine Wange fahren und den Hals hinunter, wo sie die kräftigen Muskeln seiner Schulter erreichen würde, über seine Arme …
Aber sie hatten beide Handschuhe und Mäntel an. Ihre Gesichter blieben nahe beieinander, die Atemwolken vermischten sich.
„Du hast mich verhext”, flüsterte Friedrich.
Alexandra lächelte: „Ahh, endlich das ”du”. Ihr Deutschen seid so steif. Aber der Wodka kann das heilen.”
Friedrich atmete tief: „Du kamst mir erst sehr steif vor.”
„Ich hatte Angst”, sagte sie ernst.
Er erforschte ihr Gesicht mit seinen Augen. „Du: Angst?”
„Ich bin nur ein kleines russisches Mädchen vom Land …”, sagte sie mit einer Kinderstimme.
Friedrichs Arme umfassten sie stärker, und ihr lief ein Schauer über den Rücken: „Du bist eine russische Hexe, wie heißt die bei euch? Babajaga.”
Jetzt war es an ihr zu lachen: „Die Babajaga ist eine Hexe, das stimmt. Sie ist eine hässliche, alte ...”
Er küsste sie wieder, diesmal stürmischer, und sie spürte den Wodka, aber auch die Leidenschaft, die er so gut im Zaum hielt, mit seiner soldatischen Disziplin. Dieser Kuss war der echteste von allen, ohne Verstellung und sie schmeckte den Mann bis in ihre Zehenspitzen.
„Wir dürfen das nicht”, stöhnte er dann und ließ sie ein wenig los.
„Ist das so?”, neckte sie.
„Ich komm in Teufels Küche. Mein Bruder bringt mich um.”
„Wenn mir Paul egal ist, kann er dir das nicht auch sein.” Sie zog sein Gesicht noch einmal zu sich herunter und bewies ihm, wie egal Paul ihr war. Es war nicht mehr gelogen.
* * *
Annabelle klammerte sich am Geländer fest, und hoffte, dass sie sich nicht überschätzt hatte. Sie hatte keine Ahnung, wie sie es machte, aber die Maschinchen erfüllten ihr gerade jeden Wunsch. Sie hatte sich einen Ausweg gewünscht, und diese Treppe war wie eine Bohnenranke aus dem Haufen Metallschrott gewachsen. Hastig kletterte sie weiter nach oben und sah sich ab und zu um. Valentin stand wieder ganz unten und sah zu ihr hinauf. Er war von einem grünen Nebel umgeben, und sie befürchtete, dass sich das Blatt bald wenden würde.
„Wie weit ist es noch nach oben, Hänsel?”, fragte sie ihren Begleiter.
„Nur noch wenige Meter.”
Sie machte ein paar Schritte und spürte dann einen Ruck in den Stufen. Zu ihrem Entsetzen fing die ganze Konstruktion sich an zu bewegen, drehte sich von der Öffnung in der Decke weg und senkte sich dann langsam nach unten. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf ihre Hand. Sie spürte den Æther, der durch sie floss, wie Feuer auf ihrer Haut, als wenn man mit eiskalten Füßen in ein heißes Bad steigt. Zunächst spürt man nichts, dann wird es schön warm und plötzlich zu heiß, und man kann es nicht mehr aushalten. Sie entließ den Schmerz in das Geländer, zusammen mit dem Wunsch, weiter nach oben zu kommen.
Die Bewegung hörte auf. Die ganze Konstruktion stand still. Sie sah Valentin wieder nach oben steigen, er hatte sich neue Stufen geschaffen. Ein geisterhaftes grünes Abbild war ihm einige Schritte voraus und sah Annabelle aus glühenden Augen an.
„Lass mich in Ruhe!”, schrie sie ihn an.
„Du gehörst zu mir!”, schrie
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