Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
Sie wurde ja schon bei der Vorstellung, in einen unbekannten unterirdischen Wasserstrom zu springen, klaustrophobisch.
„Du hast gesagt, die »Oberste Ordnung« könnte mir einen Ausgang bauen”, wandte sie sich hoffnungsvoll an ihren Führer.
„Ja.”
Annabelle ging entschlossen auf den Haufen Metall zu: „Dann soll sie das tun.”
* * *
Valentin kam zurück und fand Annabelle nicht mehr. Nach dem ersten Erstaunen fiel ihm die Falltür auf. Er stand einen Moment lang davor und dachte nach. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie in die Dunkelheit gegangen war, aber es war die einzige Möglichkeit! Während er nach unten stieg, lächelte er leicht, denn er war nicht beunruhigt. Dann hatte sie eben noch mehr seiner Geheimnisse gefunden, was machte das schon? Er hätte ihr gerne Selbst alles gezeigt, aber das war jetzt egal. Sie würde jetzt sicher noch besser verstehen, warum er zu ihr passte, und nicht dieser Paul.
Und wenn er ihr erst von seinen Plänen erzählt hatte, dann würde sie ihn auch nicht mehr verlassen wollen. Nie mehr. Er würde sie heiraten, ja, er sollte sie gleich fragen, damit sie es so schnell wie möglich tun konnten.
Er lief die letzten Meter schneller und stoppte deshalb abrupt, als er am Nest ankam. Es war normal, dass hier immer etwas in Bewegung war, wie das Rieseln von Sand oder Kieseln, oder ein Ameisenhaufen. Aber es war nicht normal, dass sich eine schmale gewundene Treppe in die Höhe schraubte. Er sah nach oben und erkannte Annabelle und eine andere Gestalt die Stufen erklimmen.
„Annabelle!”, brüllte Valentin entsetzt. „Was tust du da? Komm herunter, das ist gefährlich.”
Sie hielt an, und sah zu ihm nach unten. Die Gestalt hinter ihr hatte ein helles Licht und leuchtete ihn damit an. Wer war da bei ihr? Konnte das der Professor sein?
„Nein, ich komme nicht nach unten, Valentin!”, rief sie ihm zu.
„Was willst du dort oben? Da ist nichts für dich.”
„Ich werde einen Ausgang finden.”
Valentin fasste an das Geländer der Treppe: „Warum? Was ist geschehen? Du hast mir doch gesagt, dass du mich liebst.” Er verstand nicht, warum sie ihm das antat.
Sie schüttelte den Kopf: „Das habe ich nicht, Valentin! Du bildest dir das ein.”
Sie redete Unsinn, und er musste etwas unternehmen. Er begann vorsichtig die Treppe zu erklimmen. Auch wenn sie nicht solide aussah, schien sie doch fest und sicher. Aber er wusste, dass diese Sicherheit trügerisch war. Die Subeinheiten des Nests taten nur, was ihnen befohlen wurde. Wie hatte Annabelle ihnen das hier befehlen können? Wieso war der mechanische Professor bei ihr? In seinem Kopf breitete sich die Leere aus, die er immer verspürte, wenn er wütend wurde. Er hatte dann das Gefühl, nur noch aus zwei brennenden Augen zu bestehen und spürte seinen Körper nicht mehr.
Warum tat sie ihm das an? Wieso empfand sie nicht genauso wie er, oder gab ihm wenigstens eine Chance? Er hatte doch eine Chance verdient, oder? Jeder sollte doch beweisen können, dass er liebenswert war. Er musste etwas tun.
„Der Professor geht wieder an seinen Platz!”, befahl er. Zu seinem Entsetzen passierte nichts. Die Einheiten sollten aber nach Ablösung von der Lochkartenmaschine auch auf Sprachbefehle hören. Annabelle drehte sich weg und erklomm weiter die Treppe nach oben.
„Der Professor bleibt stehen!”, brüllte Valentin noch einmal. Der mechanische Mann folgte Annabelle unbeirrt. Verdammt! Hatte jemand seine Maschine mit anderen Lochkarten bestückt? Steckte sein Vater dahinter? Nein, der wusste nichts davon. Was geschah hier? Die Maschinen sollten ihm gehorchen, er hatte sie erschaffen! Irgendetwas in Valentin hakte aus – er rannte los, weiter die Treppe hoch, hinter den Flüchtenden her.
„Bleib stehen, Valentin!”, schrie Annabelle.
„Du entkommst mir nicht!”, schrie er wütend zurück.
„Doch, das werde ich.” Sie blieb stehen und packte das Geländer der Treppe mit beiden Händen. Die Konstruktion schwankte, und zu seinem Entsetzen sah Valentin, wie die Treppenstufen vor ihm wie Sand zerbröselten.
* * *
Alexandra war angenehm betrunken. Sie betrachtete die Gaslaternen am Straßenrand, wie sie sich näherten, da waren, entfernten, da war schon der nächste Lichtkegel, die Kutsche schaukelte sanft, die Hufe klapperten, und ihr gegenüber saß ein gut aussehender Mann, der genauso betrunken war wie sie, wenn nicht noch mehr.
„Sie waren unglaublich”, sagte Friedrich jetzt.
„Wenn man einen großen
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