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Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)

Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)

Titel: Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Bagus
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durcheinandergewirbelt und umtosten die beiden Kämpfer. Große Brocken trafen die Männer und rissen ihnen schreckliche Wunden. Blau, Weiß, Silber, Grün und Rot vermischte sich zu einem krachenden und fetzenden Gemenge, welches von den Strahlen der Kristalle erleuchtet wurde.
    Annabelle schrie und weinte gleichzeitig. Die Versuchung, sich selbst in dem Chaos aufgehen zu lassen, war groß. Einfach zerfließen, aufgeben, nicht mehr kämpfen, nicht mehr leiden. Sich nicht mehr rechtfertigen, nicht mehr schämen, nicht mehr vergeblich hoffen – einfach nichts mehr, nichts, außer Leere und Tod.
    Sie ließ alles raus, und glaubte, dass es kein Zurück mehr gab. Aber ganz am Grund, als alles schon zu Ende schien, und sie nichts mehr fand, was sie ins Rennen werfen konnte, tief tief unten wuchs Stärke und Widerstand in ihr hoch. Dort unten wartete ihr Fundament, der Bodensatz, die fruchtbare Erde, die Keimlinge für alles Gute und Schöne, für ihre Freude am Leben und letztlich auch die Liebe.
    Nein, sie konnte das nicht akzeptieren, sie war nicht so, es gab für sie ein Leben und vieles, für das es sich zu leben lohnte. Sie streifte die Verbindung zu der tosenden Säule langsam ihre Arme herunter. Eine Wärme stützte sie von hinten, eine unsichtbare Präsenz, ein blaues Ticken und Surren. Sie lehnte sich an und hörte eine leise Melodie, die unwirklich, aber völlig losgelöst von dem Chaos wie ein Streicheln ihre Gedanken ordnete.
    In der Säule war nichts Menschliches mehr erkennbar. Annabelle schloss die Augen und dachte an ein Ende, wie sie es sich gewünscht hätte. Die Windhose drehte sich langsamer und wie ein Puzzle setzten sich Steine, Metall und Blut zusammen zu einem silbernen Bild: Eine Mutter und ein Vater, zwischen ihnen ein kleines Kind; sie hielten sich an den Händen, als ob sie spazieren gingen, und der Junge würde nach einigen Schritten einen Sprung machen, um sich an den Händen seiner Eltern auffangen zu lassen, schwingend, wieder aufsetzend, hüpfend, unbeschwert, glücklich, im Moment gefangen – gefroren, versteinert, für immer – tot.
    Annabelle öffnete die Augen, und ihr Herz brach ob dieser Vision dessen, was hätte sein können. Sie stand noch einen Moment still und sah das Haus um sie herum verschwinden, bis nichts mehr übrig war und die Statue selbst auch ihre Substanz verlor. Es gab nur noch ein silbernes Licht, die blaue Melodie, und sie träumte davon, sich hinzugeben, es war so warm und einfach, sie war so müde und es war ganz ruhig, friedlich …
    * * *
    Paul beobachtete alles genau. Annabelle erschauerte und er merkte, dass sie weinte, aber immer noch in der Traumwelt zu sein schien. Der Armreif glitzerte und strahlte blau und silbern, das Licht leuchtete unwirklich in der einsetzenden Dämmerung. Von den Händen der Männer schienen silbergraue Ranken zu wachsen, über deren Arme, über die Gesichter, und Paul bekam Angst. Er berührte Annabelle vorsichtig und zu seinem Entsetzen fühlte sie sich ganz kalt an.
    „Professor!”, schrie er. Der mechanische Mann trat neben ihn.
    „Sehen sie hin”, sagte Paul und zeigte auf die silbernen Fäden, die sich nun auch um Annabelles Hände wanden. Der Professor stellte sich hinter Annabelle und griff um sie herum nach den Händen der Männer.
    „Schnell, bringen Sie sie in Sicherheit!”, sagte der mechanische Mann.
    Das Schiff erzitterte und Paul verlor einen Moment lang sein Gleichgewicht. Irgendwo im Inneren der Metallhülle explodierte mehrmals etwas und grüngelber Æther schoss heiß aus geplatzten Nähten. Aber Paul konnte sich nicht darum kümmern, er duckte sich unter den Arm des mechanischen Mannes und griff nach Annabelle. Es war eine unglückliche Position, er stand unsicher und sie hielt die Hände der Männer fest im Griff.
    Hinter dem Professor sah er die Luftschiffe. Kreischend wirbelten die Krähen über die Kuppel und scharfe Schnäbel hackten Risse in das Glas. Am Ufer brüllten die massigen Automaten, von ihren Angreifern befreit, wütend los und rannten mit gesenkten Köpfen auf schwer bewaffnete Soldaten zu, die mit ihren Atemmasken selbst wie furchtbare Gespenster aus dem grünen Æthernebel erschienen. Aus schweren Geschützen ratterten Schüsse Widerstand und Zerstörung auf die Konstruktionen. Grüngelbe Blumen wuchsen aus den Explosionen und die Automaten zerbarsten in scharfe Schrapnelle. Die Geräusche waren durch die Glaskuppel nur gedämpft zu hören, und Paul war froh, nicht im Zentrum des

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