Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
seinem Bruder von seinem Gespräch mit dem Heinzel – nein Hausgeist, zu erzählen: „Beobachte sie einfach und bring sie nicht so spät nach Hause.”
„Alles klar Brüderchen. Ich werde sie und ihre Vorzüge nicht aus den Augen lassen. Aber küssen darf ich sie doch, ohne um deine Erlaubnis zu fragen?”
„Nein!”, rief Paul entsetzt.
Friedrich lachte herzlich und drehte sich um. Er knuffte seinem Bruder mit der Faust an die Schulter: „Als ob ich dich je vorher gefragt hätte, so weit kommt es noch.” Dann wurde er ernst: „Hör mal, ist deine Annabelle nicht bei den Bader-Werken?”
„Sie besucht Rudolf Bader, warum?”
„Unsere Ermittlungen führen in diese Richtung.” Friedrich erzählte, was sie herausgefunden hatten.
Paul stand auf und ging unruhig im Raum umher: „Was hat das zu bedeuten?”
Friedrich zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung. Haben die Telefon? Ruf doch mal an und frag sie, wie es ihr geht.”
Paul sah seinen Bruder erstaunt an: „Gute Idee.”
* * *
Er war noch nie so schnell die steile und rutschige Treppe herunter gelaufen. In der einen Hand hatte er eine Laterne und in der anderen die Lochkarten. Heute musste alles perfekt sein! Er musste es schaffen, es war seine einzige Möglichkeit. Es war undenkbar, dass alles, worauf er hingearbeitet hatte, nun ohne Ergebnis enden würde!
Die Maschine klapperte leise. Er machte sich heute nicht die Mühe, die Maske anzulegen. Es war ihm egal, er hatte schon so viel Æther eingeatmet, vielleicht war er ja immun. Er fütterte die Lochkarten eine nach der anderen hastig und ungeduldig in den Schlitz. Im Inneren der Maschine bewegten sich immer mehr Zahnräder und Gewinde, sie fing an, hochfrequent zu summen, und einzelne kleine Teile lösten sich von ihr und rasten um seine Füße.
Nachdem er die letzte Karte eingeführt hatte, lauschte er noch einen Moment. Er spürte, dass etwas Großes geschah, dass sein Werk endlich Erfüllung finden würde, einen Sinn. Langsam ging er die Treppe hoch, und bemerkte nicht, dass ein grüner Schemen dort stehen blieb, wo er vorher gestanden hatte. Nur ganz langsam löste die Gestalt sich auf und verschmolz mit der Maschine.
* * *
Der Abend nahte. Endlich. Annabelle hatte nur ein Kleid dabei, welches dem Anlass würdig erschien. Sie holte den dunkellila-farbenen Samt aus dem Koffer und hängte es auf einen Bügel, damit es sich glättete. Sie hatte nach Theresa gefragt, damit diese ihr noch einmal half, ihre Haare zu bürsten und aufzustecken, denn Johanna war mit ihrer eigenen Frisur beschäftigt. Annabelle war noch einmal schwimmen gewesen, und ihre Haare waren noch feucht und widerspenstig. Aber sie hatten ihr eine andere Frau geschickt. Der Ersatz war eine strenge Dame, deren Taille so eng geschnürt war, dass Annabelle sich fragte, wie sie atmete. Vielleicht tat sie es auch nicht, denn sie hatte den Mund die ganze Zeit zu einem Strich gepresst, der ihre Missbilligung ausdrückte. Sie brauchte es nicht auszusprechen, aber sie war weder einverstanden mit Annabelles Frisurenwahl, noch mit ihrem Kleid oder generell der Tatsache ihrer Existenz hier in diesem Hause. Annabelle hatte so etwas schon oft erlebt. Ambitionierte Mütter von Klassenkameradinnen der Privatschule, die peinlich genau auf jedes Detail achteten und völlig humorlos in ihren Bemühungen waren, ihre Töchter zu ehrbaren Mädchen zu machen. Annabelle passte nicht in dieses Schema, und daher waren sie über den Umgang ihrer Töchter mit dieser skandalösen Person nicht erfreut.
Aber Annabelle wollte eben nun einmal keine Wattierung in ihrer Frisur, um das Volumen der hochgesteckten Rollen zu vergrößern. Sie bat die Frau, ihre Haare nicht so sehr oben, sondern hinter dem Kopf zu verschlingen und festzustecken. Das tat diese dann auch wortlos. Dann schnürte sie Annabelle in ihr Korsett und half ihr mit dem Kleid. Während Annabelle sich den Otter über die passenden Handschuhe streifte, starrte die Frau auffällig auf ihre linke Hand, drehte sich sogar einmal weg und bekreuzigte sich. Spätestens jetzt wusste Annabelle, dass ihr Geheimnis hier im Hause keines war. Sie versuchte, darüber hinwegzugehen und sich nichts anmerken zu lassen und schickte die Frau mit einem kleinen Trinkgeld freundlich weg.
Wieder allein saß sie noch einen Moment vor dem Frisierspiegel und betrachtete sich. Sie wünschte sich in diesem Moment so sehr, dass hinter ihr im Spiegel Paul auftauchen würde. Sie versuchte sich sein Gesicht
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