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Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)

Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)

Titel: Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Bagus
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vorzustellen, seine braunen Augen und seine federleichte Berührung an ihrer Schulter. Aber es war nur ihre eigene Hand, die sich dort berührte. Sie fühlte sich sehr allein. Valentin war beim Schwimmen auf verwirrende Weise höflich geblieben und hatte von sich aus keinen Kontakt gesucht. Sie war einerseits froh darum, andererseits hatte sie sich an seine besondere Aufmerksamkeit ein wenig gewöhnt. Es gab so viele Dinge, die sie ihn gerne gefragt hätte, aber sie traute sich nicht.
    In ihrem Bauch war ein Loch und in ihrer Kehle warteten Tränen auf Entlassung. Es war nicht nur, weil sie Paul oder ihren Vater so vermisste. Sie hatte den Verdacht, dass es noch etwas ganz anderes war, was sie unglücklich machte. Sie fühlte sich allein, fast noch einsamer als während ihrer Gefangenschaft im Adlerhorst. Damals hatte sie keine Wahl gehabt, und ihr Denken war von Angst geprägt gewesen. Sie war aber heute hier, weil sie das so entschieden hatte, sie war selbst schuld. Sie hatte nicht nachgedacht, sondern sich von ihren Gefühlen leiten lassen. Gefühlen, die ihr jetzt so fern waren, wie der Duft des Frühlings. Warum hatte sie die Geschehnisse nicht gelassen betrachten können? Warum war sie nicht geschmeichelt gewesen, dass die Russin Paul auch attraktiv fand? Steigerte das nicht seinen Wert, und machte die Tatsache, dass er sich für sie, Annabelle, das Gänseblümchen, entschieden hatte, nicht noch fantastischer?
    Eifersucht war so ein dummes Gefühl, aber es konnte alle anderen Gefühle fressen. Nun saß sie hier, eine dumme Gans, die den geliebten Mann unnötig quälte und selbst litt. So ein Unsinn! Das musste aufhören. Sie musste diesen Abend hinter sich bringen, und dann ganz schnell abreisen. Onkel Karl hatte recht gehabt. Sie musste einiges in Ordnung bringen.
    Annabelle atmete tief durch, stand auf und verließ ihr Zimmer in Richtung von Johannas Zimmer.
    „Johanna!”, rief sie unwillkürlich aus, als sie ihre Freundin erblickte. „Du siehst wundervoll aus.”
    „Das hoffe ich doch”, sagte ihre Freundin und drehte sich vor ihr im Kreis. Ihr cremefarbenes Kleid hatte einen schmalen Rock, aber am Übergang zwischen Oberteil und Rock glitzerten blaue Steine mit Johannas Augen um die Wette. Sie hatte ein passendes Diadem und Ohrringe an.
    „Es wird Zeit, dass Valentin einmal jemand anderen anschaut als dich”, sagte Johanna und zupfte an Annabelles Frisur herum. „Wer hat dir denn die langweiligen Zöpfe geflochten?”
    „Ach, lass”, sagte Annabelle mürrisch. „Ich wollte es so. Die alte Vettel, die sie mir geschickt haben, hätte mir sonst noch die Luft zum Atmen genommen. Mein Korsett ist viel zu eng geschnürt.”
    „Aber das Kleid ist schön. Wenn wir etwas mehr Zeit hätten ...”
    „Ich will morgen nach Hause.”
    „Das hast du schon gesagt, und es ist doch auch alles in die Wege geleitet. Was ist los?” Johanna sah wohl an Annabelles Gesichtsausdruck, wie sehr sie litt. „Du siehst aus wie damals, als dein Vater das erste Mal ohne dich verreist ist. Wochenlang hast du geschmollt und warst nicht ansprechbar. Diesen Abend wollen wir noch genießen. Komm, es wird bestimmt nett.” Johanna griff nach Annabelles Arm und zog sie die Treppe hinunter. Als sie an dem großen Barometer vorbei kamen, klingelte es irgendwo.
    Sie gingen weiter in Richtung des Speisezimmers, als ein Diener ihnen entgegen kam: „Telefon für Sie, Fräulein Rosenherz.”
    „Für mich?”, fragte sie überrascht.
    „Ja.”
    Sie folgte ihm. Telefon! Warum war sie selbst noch nicht auf die Idee gekommen, Paul anzurufen? Es konnte nur Paul sein, hoffentlich war es Paul!
    „Hallo?”, fragte sie vorsichtig in den Hörer.
    „Annabelle.” Es war tatsächlich Paul! Sie war so glücklich, seine Stimme zu hören, dass ihr ganz schwach in den Knien wurde: „Paul! Wie schön, dich zu hören! Ich habe gerade an dich gedacht.”
    „Annabelle, geht es dir gut?”, fragte er, und sie hörte Besorgnis aus seiner Stimme.
    „Ja”, sagte sie spontan, weil alles in ihr gerade 'ja' sagte. „Nein, eigentlich nicht”, setzte sie dann leise hinzu. Sie wäre am liebsten in den Hörer gekrochen und hätte sich an seine Brust gekuschelt.
    „Was ist?”, fragte er, und sie atmete tief durch, um nicht zu weinen. Mit einer Geste scheuchte sie Johanna weg, die stehen geblieben war und sie besorgt beobachtete.
    Dann brach es aus ihr heraus: „Ich vermisse dich! Und man kann hier kein Sonnenlicht sehen, alles ist verschlossen, aber ich

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