Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
reise morgen ab, ich halte das nicht mehr aus.”
„Wie schön! Ich freue mich. Annabelle, bitte sei vorsichtig.”
„Warum?” Sie sah sich um, aber niemand war in der Nähe.
„Friedrich hat mir gesagt, dass ein paar Kriminalfälle irgendwie mit den Bader-Werken zu tun haben.”
„Oh Gott Paul, was soll ich tun?”
„Es wird gut sein, wenn du morgen abreist”, sagte er beruhigend.
„Valentin hat einen Wagen bestellt. Sein Vater will mir jetzt noch danken.”
„Wofür?”
Annabelle zögerte, dann gab sie zu: „Nun, er war sehr krank, und ich habe ihn geheilt.”
„Das sollst du nicht! Es ist zu gefährlich.” Sie hasste es, dass sie nur seine Stimme hörte, verfremdet und weit weg, und dass sie ihn jetzt nicht mit einer Geste beruhigen konnte.
„Ich weiß, aber … es war nicht zu vermeiden.” Sie machte eine Pause. „Paul – ich vermisse dich.”
„Ich dich auch.” Eine Uhr schlug in einem Zimmer die volle Stunde.
Annabelle verkrampfte ihre Hand um den Hörer. Sie wollte nicht aufhören, aber sie wollte es auch hinter sich bringen: „Sie warten auf mich. Rudolf Bader will mir heute Abend noch erzählen, was mein Vater ihm gesagt hat.”
„Das ist schön. Ich erwarte dich morgen.” Wieder verstrich eine Gelegenheit zum Beenden des Gesprächs.
„Paul!”, rief Annabelle schnell.
„Ja.”
„Ich liebe dich.” Sie flüsterte es, aber es schallte in der großen Halle bis in alle Ecken.
„Ich liebe dich auch. Und wenn du zurück bist, dann zeige ich dir, wie sehr.” Ja, bitte! Das Loch in ihrem Bauch wurde kilometertief.
„Du musst mir nichts beweisen”, sagte sie mit enger Kehle.
„Bis Morgen, Glöckchen”, sagte Paul zärtlich.
„Bis Morgen.”
Es machte ”Klick” in der Leitung, als das Gespräch unterbrochen wurde.
Annabelle hängte den Hörer ein und lehnte sich einen Moment an die Wand. Das Loch im Bauch wurde von einem warmen Gefühl der Liebe gefüllt. Wenn es doch nur schon Morgen wäre!
„Annabelle, kommst du?”, hörte sie eine Stimme und erschrak. Valentin stand vor ihr. Hatte er zugehört? War es wichtig? Sie fühlte ihre Wangen rot werden. So ein Unsinn! Wenn er etwas gehört hatte, dann war das sein Problem, oder? Nein, es war ihr egal. Sie warf einen Blick auf den Otter, der sich um ihr Handgelenk schmiegte, und folgte dem jungen Mann in den Speiseraum.
Rudolf Bader erwartete sie schon ungeduldig. Er hatte sich in einen formellen dunklen Anzug gekleidet, und trotz seiner schlohweißen Haare sah er um einige Jahre jünger aus als der Mann, der Annabelle vor zwei Tagen todkrank begrüßt hatte.
Er kam wieder auf sie zu und umarmte sie. Dann hielt er sie ein Stück von sich weg und begutachtete sie: „Wunderschön! Annabelle, du bist eine Augenweide.”
Sie errötete und ließ sich von ihm zum Platz führen. Das Essen war eine Ein-Mann-Show. Rudolf Bader war fröhlich, fast ausgelassen. Ihm fiel nicht auf, dass sein Sohn kaum über seine Geschichten lachte, wenig aß und insgesamt sehr still war. Annabelle versuchte aufmerksam zuzuhören, obwohl die Anekdoten sie schnell langweilten. Es ging viel darum, wie er andere bei seinen Geschäften übers Ohr gehauen hatte. Johanna machte das besser, sie lachte an den richtigen Stellen und schmeichelte dem Geschäftsmann schamlos. Nach ein paar Gläsern badischen Weines machte es Annabelle auch nicht mehr viel aus, obwohl sie natürlich lieber über ihren Vater gesprochen hätte. Das Essen war wundervoll, es gab Frühlingsgemüse und einen saftigen Rinderbraten. Immer wieder legte Rudolf Bader ihr seine Hand auf den Arm und sie hatte das Gefühl, er müsse sich beherrschen, sie nicht noch weiter anzufassen.
Es war nicht begehrlich, es war besitzergreifend, was es aber nicht angenehmer machte. Sie fühlte sich ein wenig ausgeliefert und hatte manchmal Mühe, höflich zu bleiben. Ihr wurde klar, dass sie früher immer im Schatten ihres Vaters gereist war, und seine Präsenz sie vor solchen Übergriffen geschützt hatte. Jetzt war sie schutzlos und wusste nicht, was sie tun musste, weil sie es nie gelernt hatte. Nach dem Dessert führte er sie in das Nebenzimmer und hielt ihr die Augen zu.
„Liebe Annabelle”, begann er gewichtig. „Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich dir meine Dankbarkeit zeigen kann. Ich muss leider gestehen, dass ich es nur unzureichend schaffen werde, aber ich habe mein Bestes getan.”
Er ließ sie los und sie blinzelte, denn das Licht war auch hier wieder ein bisschen
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