Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
Sorokin”, beeilte er sich zu sagen, während er nach ihrer Hand griff, und sie noch einmal an seine Lippen führte. Als er sich erhob, sah er, dass sie Paul anblickte, der sich noch nicht von ihrem Anblick erholt hatte. Sein Bruder stand da wie vom Blitz getroffen. Friedrich trat einen Schritt näher an Alexandra heran, zwischen sie und seinen Bruder und bot ihr seinen Arm an.
„Ich fühle mich sehr geehrt, Sie heute Abend ausführen zu dürfen.” Endlich sah sie ihn an, und er lächelte, was das Zeug hielt. Es konnte nicht angehen, dass sein Bruder all die Aufmerksamkeit bekam, die ihm zustand! Er drehte Alexandra weg und dirigierte sie in den Flur, wo er sein Bestes tat, ihr einarmig in ihre Jacke zu helfen. Paul machte ein paar Schritte auf ihn zu, aber Friedrich sah ihn an und schüttelte ärgerlich den Kopf.
„Ich wünsche euch einen schönen Abend”, sagte Paul trotzdem, und drehte sich dann weg, um sich wieder an den Schreibtisch zu setzen.
„Den werden wir haben.” Friedrich war zufrieden. Er würde das Fräulein schon auf andere Gedanken bringen.
* * *
Als sie sie nach dem Unfall in ihrem Zimmer endlich allein gelassen hatten, war Alexandra ein wenig schwindelig gewesen, als hätte sie etwas getrunken. Es war alles so schnell gegangen. Sie hatte kurz geschlafen und einen intensiven Traum gehabt, in dem Paul vorgekommen war. Als sie dann mit ihm in der Bibliothek saß, war es irgendwie anders gewesen. Nicht wie sonst, wo sie damit zufrieden gewesen war, unsichtbar zu sein, in einer Ecke zu sitzen und zu lesen.
Nein, heute hatte sie nicht gelesen, nur so getan; sie hatte Paul beobachtet, wie er die Vitrine einräumte. Seine langen sensiblen Finger, die sorgsam jedes Stück gedreht und gewendet hatten, um es auf Beschädigungen zu untersuchen. Wie er die Gegenstände mit einem Tuch vom Staub befreit hatte, um bei dem ein oder anderen zu verweilen und es nachdenklich zu betrachten. Er war völlig konzentriert, und sie hätte gerne gewusst, was er dachte, ob er sich ihrer überhaupt bewusst war, oder ob er völlig vergessen hatte, dass sie da war.
Es war, als ob jede seiner Bewegungen eine Welle erzeugte, die sie traf und wie ein sanftes Streicheln über ihre Haut schwappte. Sie wünschte sich so sehr, dass er sie wirklich berühren würde, gleichzeitig war sie wie versteinert. Es war undenkbar, und sie musste damit aufhören! Sie zwang sich, in das Buch zu schauen, aber sie hatte nur den gleichen Satz wieder und wieder gelesen.
Dann war sein Bruder gekommen, und sie waren so unterschiedlich, wie man nur sein konnte. Alles an Friedrich war licht, sein blondes Haar, adrett gescheitelt, seine blauen Augen, seine Art, den Raum für sich einzunehmen, als wäre er eine große Lampe, die man eingeschaltet hatte. Sie fühlte sich ertappt, als sich seine Aufmerksamkeit auf sie richtete: Wie konnte er nicht sehen, was sie gedacht hatte? Sie schämte sich und ihr erster Reflex war die Flucht, nur weg von diesen Gefühlen.
Als sie das Angebot zum Ausgehen annahm, war sie von sich selbst überrascht. In ihrem Zimmer machte sie sich klar, dass sie es nur getan hatte, um Pauls Reaktion zu sehen, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Und sie war noch einen Schritt weiter gegangen. Sie hatte das Kleid angezogen, welches ihr Vater ihr gekauft hatte. Er hatte sich so sehr gewünscht, dass sie in Baden-Baden Spaß hatte, hatte ihr vom Kasino und dem Kurpark vorgeschwärmt. Sie wusste, dass er heimlich hoffte, sie würde einen guten Mann kennenlernen. Das konnte er haben! Friedrich wäre ganz nach seinem Geschmack. So hatte sie alles gegeben: das Kleid, die Kette, die Frisur.
Friedrichs Reaktion hatte sie befriedigt, aber Pauls Gesicht hatte sie mehr interessiert. Sofort hatte ihr dummes Spiel bereut. Natürlich hatte er reagiert, jeder Mann reagierte auf ihren Busen, seit er so groß geworden war, dass man ihn nicht mehr verbergen konnte. Sie hatte sich zur Schau gestellt, und jetzt schämte sie sich. Sie hatte Paul beeindrucken wollen, aber nicht mit ihrem Körper.
Es war geschehen, er hatte reagiert, aber dann hatte er sich abgewandt und mit roten Wangen ging sie nun an der Seite des anderen attraktiven Mannes, der sich darum bemühte, sie in eine gute Laune zu versetzen. Alexandra wandte sich Friedrich zu und lächelte. Du bist eine dumme Gans, dachte sie. Versuche lieber zu bekommen, was noch nicht vergeben ist. Vielleicht stellt sich der Spatz in der Hand ja doch als Taube heraus.
* * *
Die Einheit wartete.
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