Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
studierte mit dem Notar noch einmal die Verträge und trank mit gierigen Schlucken. Dann wandte er sich an Johanna und stieß mit ihr an. Valentin brachte sie stumm zu einem Spiegel im Flur.
Sie sah sich an, fand aber nur ein verwirrtes Mädchen mit roten Wangen und glänzenden Augen. Als Valentin hinter sie trat, forschte sie in seinen schwarzen Augen nach Emotionen.
„Du bist wunderschön”, sagte er ernst. Er legte eine Hand zart auf ihre Schulter, genau so, dass sein Daumen ihren bloßen Nacken berührte. Sein Finger war kalt, schien aber auf ihrer Haut zu brennen.
„Ich konnte es nicht ablehnen”, flüsterte sie. „Er ist verrückt.”
Valentin nickte und seine Finger bewegten sich zu ihrem Haaransatz. Das war zu viel.
„Wir reden später”, sagte sie schnell und drehte sich weg.
Sie spürte in ihrem Rücken, dass er ihr nachsah. Annabelle hatte jetzt nur noch einen Wunsch: Rudolf Bader musste ihr endlich erzählen, was ihr Vater ihm anvertraut hatte, und dann würde sie abreisen können.
* * *
„Glöckchen …”, grinste Friedrich, als Paul wieder in die Bibliothek kam.
„Das geht dich nichts an”, erwiderte Paul automatisch.
„Was hat sie gesagt?”
Paul sagte abwesend: „Es geht ihr gut. Sie kommt morgen zurück.” Friedrich merkte, dass sein Bruder in Gedanken immer noch bei dem Telefongespräch war.
„Na dann können wir die Bader-Werke ja getrost hochnehmen”, sagte Friedrich locker.
Paul sah alarmiert hoch und Friedrich freute sich. Sein Bruder war manchmal so stocksteif wie ihr Vater. Paul ging zu dem Ledersessel, auf dem Annabelle gerne saß, und legte eine Hand auf die Lehne: „Glaubst du, dass jemand aus den Werken hinter den Verbrechen steckt?”, fragte er nach einer Pause.
Friedrich schüttelte den Kopf: „Nein, eigentlich nicht. Da gibt es eine Menge Baracken außen herum, und allerlei Verdorbene in den Nebeln.” Friedrich hatte schon Einsätze am Rhein gehabt und wusste, was sich dort herumtrieb.
„Rudolf Bader war bis gestern wohl auch sehr krank.” Paul kratzte sich am Kopf. Friedrich wusste, dass ihm etwas zu schaffen machte.
„Was ist? Nun rück schon mit der Sprache raus”, forderte er ihn auf.
„Ich mache mir Sorgen. Annabelle soll mit ihrer Hand nichts machen, bis sie sich sicher ist, dass sie es kontrollieren kann. Was, wenn sie wieder die Kontrolle verliert? Aber sie hat mir gerade erzählt, dass sie Bader geheilt hat, zumindest hat sie es versucht.”
Friedrich verschränkte die Arme hinter dem Kopf: „Wie soll sie es denn lernen, wenn sie es nicht anwenden darf? Da beißt sich doch die Katze in den Schwanz.”
„Du hast gut reden”, ereiferte sich Paul. „Sie ist ja nicht deine Frau.”
Friedrich grinste frech: „Ahh, aber sie hätte es werden können! Und außerdem, noch seid ihr nicht verheiratet! Wenn du sie nicht mehr willst, ich nehme sie gerne.”
Paul funkelte ihn an: „Das ist nicht dein Ernst!? Hör auf mit deinen dummen Witzen.”
Friedrich lachte: „Oh, du meinst, es würde mir etwas ausmachen, dass sie keine Jungfrau mehr ist? Ich glaube, da ist noch genug Feuer in ihr, sie könnte einiges lernen.”
Paul stellte sich vor seinen Bruder und hob die Hand, dann ließ er sie wieder sinken: „Halt die Klappe, Friedrich”, sagte er mühsam beherrscht. „Du hast keine Ahnung, und nicht das geringste bisschen Respekt.” Er drehte sich weg und ging hinter den Schreibtisch.
Friedrich schnaubte. „Das hast du dir selbst eingebrockt, Brüderchen. Ich spreche nur aus, was andere denken.”
Paul öffnete geräuschvoll ein Buch und blätterte energisch einige Seiten um: „Das ist mir egal. Wenn sie zurück ist, dann werden wir einen Termin für die Hochzeit festlegen. Und ich will nicht, dass du weiter so von ihr sprichst.”
Friedrich überlegte noch nach einer guten Antwort, als die Tür sich öffnete und die Russin erschien. Augenblicklich erhob er sich und starrte: Sie hatte ein Kleid an, welches auf unglaublich verwirrende Weise ihre Vorzüge hervorhob. Die langen Beine, die schmale Taille, das wohlgeformte, große, milchweiße Dekolleté … Das Kleid an sich war ganz schlicht, aus dunkelrotem Samt, mit einem kleinen hochgestellten Kragen, der ihren langen Hals betonte. Sie trug eine eng anliegende Perlenkette mit einer Kamee und hatte ihre schwarzen Haare hochgesteckt. Friedrich war froh um sein jahrelanges Training im Umgang mit Frauen, sonst wäre er jetzt sprachlos gewesen.
„Sie sind wunderschön, Fräulein
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