Affaere in Washington
Worten öffnete sie die Tür noch ein bisschen weiter.
»Also gilt das für uns beide.« Alan fasste Shelby unters Kinn und küsste sie hart und kurz auf den Mund. »Bis zum nächsten Mal.«
Sein Kuss hatte sich fast wie eine Drohung angefühlt. Shelby schloss die Tür hinter ihm und lehnte die Stirn an das kühle Holz. Mit dem wird es noch Ärger geben, dachte sie. Ich bin sicher, der Fall Alan MacGregor entwickelt sich zu einem echten Problem.
3. K APITEL
Für einen Montag war das Geschäft an diesem Morgen sehr lebhaft. Bis elf Uhr hatte Shelby schon mehrere Stücke verkauft, drei davon waren beinahe noch warm vom Brennofen. Sie saß zwischen ihren Kunden und zog Drähte durch eine Lampe, der sie Form und Gestalt einer griechischen Amphore gegeben hatte. Einfach nur herumstehen und nichts tun, das war für Shelby unmöglich. So konnte jeder sich in Ruhe alles ansehen und je nach Belieben wieder verschwinden oder etwas kaufen. An warmen Tagen stand die Ladentür sowieso immer offen. Shelby wusste, dass das einladender wirkte.
Das fortwährende Kommen und Gehen von neugierigen Leuten machte ihr nichts aus. Wenn sie auch nichts kauften, so bestand doch immerhin die Möglichkeit, dass sie später ihre Kunden wurden. Außerdem bedeutete die Anwesenheit anderer Menschen für Shelby immer willkommene Gesellschaft.
Ein junger Mann erschien, um das Schaufenster zu putzen. Er hatte ein tragbares Kofferradio bei sich, und laute Musik begleitete seine emsigen Bemühungen, die große Scheibe blank zu reiben. Das alles war ganz nach Shelbys Geschmack. Die Arbeit ging ihr gut von der Hand. Sie knüpfte gerade geschickt die Drähte zusammen, als Myra Ditmeyer auftauchte.
In ihrem modischen hellroten Kostüm mit dem dazu passenden Lippenrot war sie nicht zu übersehen. Ihr schweres Parfum erfüllte alsbald den Verkaufsraum.
»Shelby, Liebes, immer bist du so fleißig.«
Mit herzlichem Lächeln beugte sich Shelby über den Ladentisch und küsste Myras gepuderte Wange. Wenn man sich gelegentlich für etwas würzigen Klatsch interessierte oder auch nur lachen wollte, gab es keine Bessere als Myra. »Ich fürchtete, du müsstest zu Hause bleiben und all die köstlichen Dinge vorbereiten, die ich heute Abend bei dir zu essen bekommen soll.«
»Gütiger Himmel, dann würden meine Gäste verhungern müssen.« Myra stellte ihre Krokotasche auf den Ladentisch. »Der Koch ist in vielversprechender kreativer Stimmung.«
»Du weißt, dass ich schrecklich gern bei euch bin.« Shelby zog eine Schlinge durch das Oberteil der Lampe. »Es kommt immer etwas Reelles auf den Tisch, nicht diese modernen kleinen Schnickschnacks, die exotisch sein sollen und nach deren Genuss man vor Hunger nicht in den Schlaf kommt.« Geistesabwesend klopfte sie mit dem Fuß den Takt zur Radiomusik. »Mom wird auch erscheinen?«
»Ja, mit Botschafter Dilleneau.«
»Ach natürlich, der Franzose mit den großen Ohren.«
»Ist das die feine Art, über einen Diplomaten zu sprechen?«
»Mom ist eigentlich recht oft mit ihm zusammen«, sagte Shelby nachdenklich. »Ob ich wohl einen pariserischen Stiefpapa bekomme?«
»Schlimmeres könnte dich treffen.«
»Mag sein. Sag mal, Myra, wen hast du denn für mich vorgesehen?« Shelby drehte mit sicherer Hand die Fassung auf den Lampenhals.
»Vorgesehen? Das klingt ja scheußlich!« Myra rümpfte die Nase. »Wie unromantisch, Shelby.«
»Dann will ich mich besser ausdrücken: Gegen wen sollen Amors Pfeile gerichtet werden?«
»Wenn du so hinterhältig dazu lachst, dann hört sich das auch nicht besser an.« Myra beobachtete interessiert, wie Shelby eine Birne in die Fassung schraubte. »Wie geschickt du bist, mein Schatz! Aber ich will lieber nicht mehr verraten. Es soll eine Überraschung werden. So etwas magst du doch so sehr.«
»Eigentlich gebe ich lieber, als dass ich nehme.«
»Das weiß ich doch. An eine gelungene Überraschung von dir und deinem Bruder erinnere ich mich noch ganz genau. Ihr wart erst acht und zehn Jahre alt ungefähr, deine Mutter gab einen Empfang in eurem eleganten Salon. Die Gesellschaft bestand aus lauter einflussreichen Leuten. Ihr Kinder kamt herein, und in den Händen trugt ihr höchst unschmeichelhafte, aber sehr treffende Karikaturen der Kabinettsmitglieder, die ihr uns stolz gezeigt habt.«
»Oh ja, aber das war leider Grants Idee und nicht meine.« In Shelbys Stimme lag deutlich Bedauern darüber, dass ihr dieser Spaß nicht selbst eingefallen war. »Dad hat es so gut
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