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Affaere in Washington

Affaere in Washington

Titel: Affaere in Washington Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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passte allerdings weder die Frau noch ihr ausgefallener Geschmack.
    Das geniale Durcheinander von Möbelstücken, Grünpflanzen und übergroßen Stofftieren in Shelbys Wohnung lud nicht gerade zu besinnlichem Nachdenken und gemütlichem Feierabend ein, aber anregend wirkte alles, sehr, sehr anregend!
    Alan trat auf den Schrank zu, wo er die Whiskyflasche vermutete. Wie angewurzelt blieb er stehen. Auf einem Sessel rekelte sich Moische und betrachtete aufmerksam den Fremden mit seinem einen Auge. Der Kater rührte sich nicht, und Alan musste zweimal hinsehen, um festzustellen, ob es sich tatsächlich um ein Lebewesen handelte. Die schwarze Augenklappe hätte eigentlich lächerlich wirken müssen, tat es aber keineswegs. Warum sollte eine Katze so etwas nicht tragen? Direkt über Moische hing der große Käfig von Tante Emma. Der Papagei starrte Alan an und verfolgte neugierig jede seiner Bewegungen.
    »Soll ich dir auch einen Drink mixen?«, fragte Alan den Kater und kraulte ihn unter dem Kinn. Genüsslich kniff Moische das Auge zusammen.
    »Das Trocknen dürfte nicht länger als zehn oder fünfzehn Minuten dauern«, kündigte Shelby an, als sie jetzt wieder hereinkam. Das Schnurren des Katers war deutlich zu vernehmen. »Sie haben sich ja bereits mit meinen Untermietern bekannt gemacht.«
    »Offensichtlich! Warum die Schutzklappe?«
    »Moische hat sein Auge im Krieg verloren, er mag darüber nicht reden. Haben Sie den Scotch gefunden?«
    »Ja. Spricht der Vogel?«
    »In den letzten zwei Jahren hat er kein Wort gesagt.« Shelby goss Whisky in die Gläser. »Das war der Zeitpunkt, als Moische hier eingezogen ist. Tante Emma ist sehr nachtragend, dabei hat Moische ihren Käfig nur einmal – ganz am Anfang – umgestoßen.« Sie reichte Alan seinen Drink.
    »Danke.« Alan musste sich eingestehen, dass sein Selbstbewusstsein einen Knacks bekommen hatte. Er war fest davon überzeugt gewesen, von Frauen etwas zu verstehen. Aber jetzt bei Shelby mit Moische und Tante Emma – so etwas war für ihn völlig neu – wurde er unsicher. »Wie lange leben Sie schon hier?«, fragte er.
    »Ungefähr drei Jahre.« Shelby ließ sich auf das Sofa fallen, zog die Beine hoch und hockte sich hin wie ein Indianer. Auf dem Tisch davor lag eine Schere mit orangefarbenem Griff, die Washington Post – aufgeschlagen beim Comic-Teil –, ein einzelner Saphirohrclip, allerlei ungelesene Post und eine Macbeth-Ausgabe, die recht abgegriffen wirkte.
    »Ich habe gestern nicht sofort geschaltet«, sagte Alan und setzte sich neben Shelby. »Robert Campbell war Ihr Vater.«
    »Ja, das stimmt.« Shelby nippte an ihrem Drink. Der Scotch war gut, braun und milde. »Kannten Sie ihn?«
    »Nicht persönlich. Ich besuchte noch das College, als er getötet wurde. Aber gehört habe ich viel über ihn. Natürlich wurde ich Ihrer Mutter vorgestellt. Sie ist eine bemerkenswerte Frau.«
    »Ich habe mich oft gewundert, warum sie nie selbst kandidiert hat. Sie liebte das Leben mit Vater sehr.«
    War da ein Unterton von Verdruss zu hören gewesen in Shelbys Stimme? Alan nahm sich vor, gelegentlich danach zu fragen. »Sie haben einen Bruder, wenn ich recht informiert bin.«
    »Grant, meinen Sie? Ja, er ist aber nur sehr selten hier in Washington.« Draußen heulte eine Sirene und verklang wieder. »Er zieht den Frieden und die Abgeschiedenheit von Maine vor. Wir scheinen beide nicht den Ehrgeiz für eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst geerbt zu haben.«
    »Warum sind Sie so bitter?« Alan spürte das Seidenkissen kühl und weich an seinem Rücken. Sicher würde Shelbys Haut sich ähnlich anfühlen.
    »Die berühmte Hingabe an das Volk, Vorliebe für Papierkrieg und natürlich ein Hauch von Macht.« In Shelbys Ton lag jetzt deutlich Arroganz und ein wenig Verachtung.
    »Was ist dagegen zu sagen?«
    »Mich geht nur mein eigenes Schicksal an, in das anderer Menschen will ich mich nicht einmischen.«
    Alan spielte mit dem Lederband an Shelbys Nacken, bis sich der Knoten löste. War er zum Debattieren gekommen? Musste er sich hier verteidigen? Shelby schwieg, als ihre offenen Haare über ihren Rücken hinabfielen. Wie selbstverständlich saßen sie und Alan nebeneinander, beide nur leicht bekleidet, und unterhielten sich tiefernst über das Leben.
    »Vielleicht ist Ihr Hemd trocken, ich werde nachsehen.« Shelby machte Anstalten, sich zu erheben. Aber Alan hielt ihr Haar fest. Als sie ihm den Kopf zudrehte, blickte sie direkt in die forschenden dunkelbraunen

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