African Queen
Johnnie, Collin und mir den ganzen Abend, und am Ende, ich weiß auch nicht genau, warum, hat sich der Wind gedreht. Ich denke zwar immer noch an Lisa, aber ich bin weder wütend noch defensiv. Ich freue mich darauf, ihr einen Spiegel zu kaufen, in dem sie wieder sehen kann, wie schön sie ist. Das beweist mir einmal mehr, dass Beziehungsprobleme ganz einfach zu lösen sind. Kontrolle und Komplimente sind die ideale Formel für das nachhaltige Glück mit Frauen, und endlich bin ich sicher, dass es richtig war, sie nicht allein in der Lodge verschwinden zu lassen. Collin hätte sie bestimmt geknackt.
Exakt.
Am nächsten Tag verlassen wir Lichinga nach Sonnenuntergang. Eigentlich sollte man bei Dunkelheit nicht mehr auf dieser Straße sein. Es gibt Räuberbanden, und es gibt, aus den Jahren des Bürgerkriegs, noch sehr viele Waffen. Fünf Stunden Nachtfahrt liegen vor uns, und etwa ab der Hälfte der Strecke werden wir ziemlich allein sein. Den Wagen vollgepackt mit den leckersten Sachen. Außerdem war Collin auf der Bank. Es ist Monatsende, und er muss Gehälter zahlen. Wir haben zehntausend Dollar dabei, wir sind ein Jackpot auf Rädern, aber Collin macht das nicht zum ersten Mal. Er wird wissen, was er tut. Aber weiß er das wirklich? Oder vertraut er seinem Glück?
«Take it easy, Helge, niemand erwartet hier nachts ein Fahrzeug.»
«Du meinst, niemand glaubt, dass jemand so dämlich ist wie wir?»
«Exakt.»
Und warum sind wir so dämlich? Warum schlafen wir nicht noch einmal in der Stadt und fahren, wenn es wieder hell wird? Collin sagt, weil morgen in der Lodge zu viel Arbeit auf ihn wartet, um auch diesen Tag noch zu verlieren, und ich sage, er ist ein Kontrollfreak. Lisa wird den Laden schon nicht abfackeln, ein Tag mehr ohne ihn wird locker gehen. Aber Kontrollfreaks sind wie alle Triebtäter tendenziell unheilbar.
Wenig später verlässt uns die Elektrifizierung der Welt, der Wald steht schwarz und schweigend, die Scheinwerferkegel des Geländewagens beleuchten nur Ausschnitte einer ständig schlechter werdenden Straße. Eventuelle Hindernisse, wie wilde Männer mit Gewehren, würden wir frühestens aus zwanzig Meter Entfernung sehen. Ich kenne den Film. In tausend Versionen. Und minimum in jeder zweiten würde jetzt gleich was Schlimmes passieren. Nach etwa drei Stunden informiert mich Collin darüber, dass wir nun in dem Gebiet mit den meisten wilden Tieren seien. Also Leoparden, Löwen, Elefanten, Wildhunde et cetera, und vielleicht fünf Minuten später leuchtet eine rote Lampe am Armaturenbrett auf, und Collin sagt: «Fuck, wir haben ein Problem.»
Die Batterie gibt den Geist auf. Das Scheinwerferlicht wird kontinuierlich schwächer und erlischt schließlich ganz. Collin will wissen, ob ich eine Taschenlampe dabeihabe. Ja, habe ich. Frisch auf dem Markt in Lichinga gekauft. Chinesische Ware, groß, billig, gut. Ich lehne mich aus dem Seitenfenster und beleuchte den Weg, so gut es geht. African Travelling, so muss es sein. Eine kleine Konfrontation mit den Urängsten. Was ist, wenn jetzt auch noch der Motor ausgeht? Dann muss einer von uns zu Fuß nach Cobue, und der andere bewacht den Wagen. Wie weit ist es von hier zu Fuß bis Cobue? Mehrere Stunden. Was wäre mir lieber? Allein durch den Wald der wilden Tiere zu gehen oder allein das Auto zu bewachen? Womit bewachen? Mit der Machete, die ich gekauft habe? Sie ist noch nicht geschliffen. Collin hat eine scharf gemachte Machete neben dem Fahrersitz, aber die würde er mitnehmen. Und noch etwas: Selbst mit einer scharfen Machete käme ich im Falle eines räuberischen Überfalls nicht weit, es sei denn, ich hätte die Bereitschaft, jemanden zu verstümmeln. Und ich glaube, die hab ich nicht. Ich glaube, ich würde die Pazifistennummer machen und jedem kampflos die Karre und die Einkäufe überlassen, nur den kleinen roten Spiegel für Lisa, den bitte nicht, ihr wisst, wie Frauen sind. Würde das klappen? Man weiß es nicht.
Der Motor bleibt an. Und die Taschenlampe aus China frisst sich tapfer durch eine immer kurviger werdende Angelegenheit, wir schleichen mehr, als dass wir fahren, und als die Kurven endlich zu Serpentinen werden, sehen wir unter uns zwar nicht die Lichter von Cobue, denn auch hier gibt es keine Elektrizität, aber wir sehen Cobue und haben es nicht nur überlebt, sondern auch geschafft. Collins Leute warten mit dem Boot am Strand. Willard, Francis und Andrew Bwanali. Drei Freunde in der Nacht. Wir beladen das Boot, und kaum
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