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African Queen

African Queen

Titel: African Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helge Timmerberg
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Franzose aus Simbabwe und ein auf Madagaskar geborener Amerikaner. Der Amerikaner ist mit seinem Bart, Verhalten und Charisma die perfekte Mischung aus Indiana Jones und dessen Vater. Er lebt als Professor der Universität von Madagaskar hauptsächlich im Busch, denn er ist überzeugter Feldforscher. Seine Mission auf der Ilha de Moçambique ist für ihn eine willkommene Gelegenheit, Arbeit und Urlaub zu verknüpfen. Was er wissen will: Die Tiere Madagaskars im Allgemeinen sowie die Fledermäuse Madagaskars im Besonderen unterscheiden sich von ihren Brüder- und Schwesternarten auf dem Kontinent mal recht deutlich, mal weniger stark – wie unterscheiden sich die Fledermäuse von Madagaskar von denen auf der Ilha de Moçambique?
    Der in Simbabwe lebende Franzose ist um einiges jünger als der Amerikaner und auch sonst ein ganz anderer Typ. Er wäre durchaus als Steward der «Air France» oder als Börsenmakler vorstellbar, und sein wissenschaftliches Interesse an der armen, kleinen Fledermaus, die sie gefangen haben, konzentriert sich auf die potenziellen Seuchenerreger, die sie in sich trägt. Er erzählt uns von einer Krankheit, von der ich noch nie gehört habe, wahrscheinlich, weil sie nur Schafe und Ziegen befällt. Aber über für Menschen relevante und bisher weitgehend unbekannte Krankheiten referiert er auch sehr gern. Da gibt es zum Beispiel eine, die dafür sorgt, dass alle Gelenke versteifen. Die Krankheit verläuft sehr, sehr langsam, es dauert Jahre, manchmal Jahrzehnte, aber irgendwann kannst du dich nicht mehr bewegen, und das war’s dann mit dem Spaß am Leben. Übertragen wird sie von einer Mücke mit schwarz-weißen Beinen und, bingo!, schon habe auch ich ein Problem. Genau so ein Insekt hat es unter unser Moskitonetz geschafft und mich gestochen. Aber der Franzose entspannt mich ein bisschen. Nicht jede dieser Mücken übertrage die heimtückische Krankheit, die meisten hätten nur den Virus des Denguefiebers in ihrer Shit-happens-Angebotspalette. Wie beruhigend ist das denn? Es wird auch Knochenbrecherfieber genannt, weil der Schüttelfrost bei vierzig Grad Fieber einem Trommelwirbel gleicht. Zweiundzwanzigtausend Menschen sterben jährlich daran. «Hören Sie bitte nicht auf ihn», sagt dazu der dritte Fledermaus-Wissenschaftler aus Südafrika. «Er ist ein Paranoiker, wie alle Kollegen der medizinischen Fakultäten.»
    Sie haben ein Netz im Innenhof von Gabrieles Gästehaus aufgespannt, und darin flattert etwas verwirrt die kleine Fledermaus. Mit ultraschallempfindlichen Mikrophonen untersuchen sie ihre Flugbewegungen und Vibrationen, drei Macs zeichnen die Messungen auf. Leider sind das nur die Warm-ups für die eigentlichen wissenschaftlichen Tätigkeiten, und das Tier ist zu Recht nervös, denn Fledermausforscher sind als brutal bekannt. Auf welche Weise fand man denn heraus, um ein klassisches Beispiel zu nennen, wie sich die Flattermäuse in absoluter Dunkelheit orientieren? Früher glaubte man, dass sie Supermaus-Augen haben, und man empfahl deshalb Sehbehinderten, sich das Gesicht mit Fledermausblut einzureiben. Erst im 18. Jahrhundert klärte der italienische Wissenschaftler Lazzaro Spallanzani den Irrtum auf. Zunächst ließ er unmanipulierte Fledermäuse in dunklen Räumen fliegen, und sie fanden sich prima zurecht. Dann stach er ihnen die Augen aus, und sie flogen noch immer, ohne sich irgendwo anzustoßen. Anderen Fledermäusen ließ er das Augenlicht, aber verklebte ihre Ohren. Und nur die fielen hilflos zu Boden. Und? Wird das Fledermäuschen in Gabrieles Haus die Testreihen der Forscher überleben? Der Amerikaner sagt nein, ganz sicher nicht. Aber ich soll mich nicht sorgen. Sie wollen das Tier hinter verschlossenen Türen und Fensterläden in ihrem Zimmer sezieren.
    Gabriele kommt am Nachmittag zurück. Unversehrt, wie es scheint. Er hat keine blauen Flecken, keine ausgeschlagenen Zähne und noch alle Fingernägel. Er wirkt entspannt und lacht, als wir ihm von unseren Sorgen um ihn berichten. Gabriele sagt, es sei eine alte Geschichte. Auf der Insel gibt es einen jungen, ehrgeizigen und vor allem rachsüchtigen Staatsanwalt, dem der Italiener mal vor Jahren einen unstandesgemäßen Platz in seinem Wagen angeboten hat. Der Beamte stand an der eineinhalb Kilometer langen Brücke, die das Festland mit der Ilha verbindet, und wollte nicht zu Fuß drübergehen. Als Gabriele mit seinem Pickup vorbeikam, bat der Mann, mitfahren zu können. Gabriele sagte, na klar nehme ich Sie mit,

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