African Queen
dergestalt, dass sie von Christen, Moslems und Geisterbeschwörern gleichermaßen unterschrieben werden können. 1. Ich bin dein Herr, dein Gott, du sollst keine anderen Autos haben neben mir. 2. Du sollst nicht ehebrechen. 3. Musiker gewinnen immer. 4. Du sollst das Alter ehren. Das erste und das letzte Gebot werden folgendermaßen dramatisiert: Der Tanzschulenbesitzer ist der Gigolo unter den vier Freunden. Er fickt mit einer fast doppelt so alten, schwerreichen Unternehmerin, und nachdem sie ihm den Jaguar überlassen hat, verlässt er sie. Daraufhin nimmt sie ihm den Jaguar wieder weg, und er kehrt zu ihr zurück. An der Beinah-Nichtbefolgung des zweiten Gebots zerbrechen fast die Ehen des Arztes und des Rechtsanwalts sowie deren Freundschaft, denn jeder hat was mit der Frau des anderen. Aber glücklicherweise wirklich nur beinahe. Die Hemden der Männer werden aufgeknöpft und ihre Brustwarzen geküsst, aber sobald man sich an ihren Gürteln zu schaffen macht, überlegen es sich die Ehemänner noch mal. Nur der Musiker ist geschieden. Weil seine Ex-Frau ein Arschloch ist, darf er seinen Sohn nicht sehen. Er bittet seinen mächtigen Onkel (Konzernboss) um Hilfe, die der sofort gewährt. Der Onkel ruft eine seiner Top-Anwältinnen an und sagt, nun machen Sie diesen Mann mal froh. Aber der Musiker hat ausgerechnet diese Anwältin vor ein paar Tagen in seiner Bar so schlecht bedient, wie wir hier gerade bedient werden, weil er kurz zuvor von seiner Ex beleidigt wurde und einen temporären Hass auf das weibliche Geschlecht mit zur Arbeit genommen hat. Und es gibt noch ein Problem: Der Konzernchef ist ja nicht der Boss der Anwältin, sondern deren Klient, ihr Chef aber ist zufällig der Mann, für den die geldgierige Ex des Musikers den Vater ihres Sohnes verlassen hat. In Nollywood, wo achtzig Prozent aller berufstätigen Männer Anwälte sind, kommt das schon mal vor. Alles wird trotzdem gut. Die Anwältin verliebt sich in den Musiker, kündigt ihren Job in der Kanzlei und erstreitet als selbständige Juristin für ihren neuen Freund das Sorgerecht. Und Abspann. Und nach dem Abspann ein paar lustige Szenen aus dem Making-of, also Momente, in denen die Schauspieler versagt haben. Irritierenderweise sind die Patzer auch nicht schlechter als der offizielle Film.
Aber ich will nicht unfair sein. Schauspieler sind nur so gut wie ihre Regisseure, und die sind nur so gut wie ihre Kameramänner, und die sind nur so gut wie ihre Ausbildung im Club Aldiana. Das ist jetzt kein Witz. Und kein Film. Das ist das reale Afrika. Ich habe im Senegal einen Nollywood-Kameramann kennengelernt, einen Freund meines Freundes Dirk, und er hat, genau wie Dirk, neun Jahre lang im Club Aldiana Dakar als Animateur gearbeitet. Sein Name ist Omar. Als die Videokamera erfunden wurde, entschloss sich die Geschäftsführung in Deutschland, eine handverlesene Gruppe ihrer Animateure aus allen Clubs zu einer Firma nach Nürnberg zu schicken, um ihnen dort die Technik und den Gebrauch des neuen Mediums näherbringen zu lassen. Omar stand damals nicht auf der Liste, aber er sagte zu seinen Chefs, er würde den Flug, das Hotel und alle Kosten selber tragen. Er wolle nur, bitte, bitte, an diesem Seminar teilnehmen, und sie sagten ja. Was dazu führte, dass wenig später deutsche Touristen im Club Aldiana Dakar auf einen Afrikaner trafen, der ihnen sagte, er werde ihnen jetzt erst einmal erklären, wie diese brandneue Technik funktioniere, und am letzten Abend werde man dann keine Dias vom Aufenthalt im Senegal präsentieren, sondern jeder Gast zeige sein selbstgedrehtes Urlaubsvideo. Das machte Omar, bis der Club im Senegal geschlossen wurde, danach beschäftigte ihn Nollywood. Egal, Animateure sind keine Amateure, sondern irgendwas dazwischen.
Der Film, den wir sehen, dauert plus Abspann und Making-of satte zwei Stunden. Und erst kurz danach kommt unser Essen. Noch wichtiger ist: Wir haben bereits die Tickets für die Fähre und freuen uns auf die Überfahrt. Sie dauert nur zwei Stunden, und das Wetter ist bestens. Also, morgen sind wir in Sansibar.
17. ALLES SANSIBAR
U ngelogen, ein Fisch kam geflogen. Rot und tot lag er auf der weißen Treppe zur Terrasse des «Blue Oyster Hotel». Ein schöner Fisch und irgendwie passend zum Indischen Ozean, aus dem er gekommen war. Ich sehe über dieses Meer und weiß, dass hinter dem Horizont, ganz, ganz weit dahinter, Bombay und Goa liegen, und ich sehne mich ein bisschen nach Indien, aber doch nicht so sehr,
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