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African Queen

African Queen

Titel: African Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helge Timmerberg
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«Safari» auf ex runter. Ich esse kein Fleisch. Ich bin ein geborener Vegetarier, und ich war immer stolz darauf, es nicht aus religiösen oder gesundheitlichen Gründen zu sein, sondern einzig und allein, weil ich mich vor Aas ekle. Wann immer ich gefragt wurde, warum ich Vegetarier bin, antwortete ich, dass mich schon als Kind der Geschmack und die Konsistenz von toten Tieren angewidert hat. Und jetzt das! Also noch ein «Safari» und noch eine «Portsman», aber die Pizza rühr ich nicht mehr an, egal, wie genial sie schmeckt. Ab sofort bin ich Vegetarier aus weltanschaulichen Gründen, ab sofort tun mir die Tiere leid.
    Zum Hotel ist noch zu sagen, dass es eine gelungene Mischung aus Sansibar und Niedersachsen ist. Ich habe mal vor so langer Zeit, dass es mir fast wie ein anderes Leben vorkommt, in der Nähe von Braunschweig gewohnt, in einem Dörfchen namens Eilum, das zweihundertfünfzig Seelen zählte, und etwa ein Drittel davon waren zugezogene Landfreaks, wie Klaus und ich. An der Gegend gefiel uns, dass die Grenze zur DDR nicht weit war, das machte alles billiger. Ich wohnte mit meiner Familie in einer Fünfzimmerwohnung für zweihundertfünfzig Mark, Klaus hatte ein ganzes Haus plus riesigem Garten für knapp die doppelte Miete. Wir hatten Kinder, wir hatten Gras, wir hatten eine Partei. Klaus und ich gründeten den Kreisverband Wolfenbüttel der «Grünen Liste Umweltschutz» (GLU), aus der später die Grünen hervorgingen. Um ein Haar wären wir als erste GLU-Abgeordnete in den niedersächsischen Landtag eingezogen, aber dafür haben wir dann doch zu viel gekifft. Ich bereue bis heute nicht, die politische Laufbahn ausgeschlagen zu haben, denn es gefällt mir nicht, was aus Joschka Fischer und Jürgen Trittin geworden ist. Gefällt mir, was aus mir wurde? Schwer zu sagen, aber Klaus und ich waren wirklich gute Freunde, fünf Jahre sahen wir uns jeden Tag, dann trennte sich meine Frau von mir, und ich ging nach Indien und kehrte nie mehr nach Eilum zurück. Und sah Klaus nie wieder. Auch er verließ wenig später das Dorf und ging nach Afrika. So etwas passiert. Man nennt das Lebensabschnittsfreunde, und wenn man sich dann nach Jahrzehnten wiedertrifft, kann es passieren, dass man sich zuerst nicht erkennt oder nicht mehr sympathisch findet. Ob das mit Klaus und mir so ist, vermag ich nicht zu sagen, denn er ist in Deutschland. Sein Sohn managt das Hotel. Mit dem verstehe ich mich so gut wie mit seinem Vater damals, er sieht auch aus wie der junge Klaus. Die Ähnlichkeit ist so verblüffend, dass ich ihn ständig Klaus nenne, obwohl er Anwar heißt, und natürlich entschuldige ich mich dafür, denn ich kann mir denken, dass so etwas nervt, aber es dauert nicht lange, und ich verwechsle die Namen schon wieder. Ich krieg einfach den Klaus aus seinem Sohn nicht raus. Und Niedersachsen nicht aus Sansibar. Immer wieder schwärme ich von der gelungenen Fusion der doch recht verschiedenen Welten in seinem Hotel, und Lisa weiß dann nicht, wovon ich rede. «Alle Materialien kommen aus Afrika, und auch der Baustil ist absolut sansibarisch. Also was erinnert dich hier, außer den Gästen, an die Norddeutsche Tiefebene?» Ich habe keine wirklich befriedigende Antwort darauf. Vielleicht ist Niedersachsen afrikanischer, als man denken mag, vielleicht fusionieren die Welten auch nur insofern, als das «Blue Oyster Hotel» vom Stil her zwar urafrikanisch ist, aber ohne Pfusch gebaut. Es ist die Perfektion, die hier so niedersächsisch wirkt, sowie das Glaubensbekenntnis zur Sauberkeit. Darüber hinaus spüre ich überall seinen Geist. Ich bin stolz auf Klaus und stolz auf mich, denn sein fabelhaftes Hotel beweist mir, dass ich seinerzeit nicht mit einem Penner befreundet gewesen bin.
    Was die anderen Gäste angeht, nun ja, die meisten sehen wie Niedersachsen aus, und das ist halt eine spezielle Sorte Mensch. Solide, bodenständig und vernünftig in der Partnerwahl. Ich sehe jede Menge Männer in meinem Alter mit Frauen bei Tisch, die in etwa so alt sind wie sie oder ein ganz klein bisschen jünger. Lisa und ich sind das einzige Paar im Restaurant und am Strand mit einem ernsthaften Altersunterschied. Wir kennen das inzwischen, von der Lodge und überall eigentlich, und es ist immer dasselbe: Die anderen mögen das nicht. Die Männer reagieren neidisch, die Frauen hassen mich. Ich kann das verstehen, ich beleidige sie, ohne sie beleidigen zu wollen. Manchmal würde ich am liebsten von Tisch zu Tisch gehen, um sie zu

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