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Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Titel: Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Haas
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ich wieder überrascht. Nicht jeder vermochte als Zugewinn zu verbuchen, was für mich einen der Höhepunkte der Reise darstellte. Ein guter Freund, selbst Vater eines zehnjährigen Sohnes, sprach mir nach unserer Rückkehr aus Afrika seine uneingeschränkte Bewunderung aus – nicht wegen der miteinander durchlebten Abenteuer oder der gemeinsamen glücklichen Stunden. Nein, wegen meiner Tapferkeit im Umgang mit der für ihn offensichtlichen „Sprachlosigkeit“ meines Reisepartners. Eintönigkeit für ihn, größtes Glück für mich. Das verstand er nicht, ganz gleich, wie ich es ihm auch zu erklären versuchte. Schließlich fiel bei mir der Groschen: Wie die Rauschhaftigkeit der Liebe oder die Abgründe des Hasses mussten auch diese intensiven Gefühle der Nähe und Zusammengehörigkeit durchlebt werden, um sie, vielleicht auch nur annähernd, verstehen und beschreiben zu können.
     
    Eine ganz besondere Sache waren die Lagerfeuer. African-TV, wie sie es hier nannten, zog uns jedes Mal aufs Neue in seinen Bann. Meist versammelten wir uns nach Sonnenuntergang – hundemüde und ausgehungert wie die Hyänen, die uns vom anderen Ufer aus mit ihrem Gemecker den letzten Fetzen Bodenkontakt raubten. Denn wir alle schwebten in anderen Sphären, drohten innerlich zu zerplatzen, eruptionsgleich wie frisch geschüttelte Cola Flaschen überzusprudeln. Gleich ginge es los. Wie magisch blickten wir in die hypnotisierenden Flammen. Sobald der Heißhunger gestillt und die bei dem zurückliegenden kräftezehrenden Fußmarsch restlos geleerten Kohlenhydratreservoirs wieder annähernd aufgefüllt waren, konnte ihn niemand mehr zurückhalten – den aus unserer aller Münder heraus drängenden Zwang, sich mitzuteilen. Jeder wollte seine Version des heutigen Spektakels loswerden, der Beute, der wir den ganzen Tag hinterhergejagt waren und mit der uns das Okawango–Delta wieder so reichlich beschenkt hatte. Groß wäre die Not, könnte man sich nicht austauschen, fänden die Geschichten nicht ihren Weg.
    Bei stockdunkler Nacht waren wir heute Morgen aus unseren Schlafsäcken gekrochen. Es war überraschend kalt, sicher nur wenig über dem Gefrierpunkt. Kaum jedoch, dass die Strahlen der aufsteigenden Sonne das Purpur der Morgenröte verblassen ließen, wurde es wieder so glühend heiß wie an den vergangenen Tagen. Wir alle waren heiß, abenteuerhungrig, aus auf Erlebnisse. Jeder bewaffnet mit Fotoapparat, Wasserflasche und Kopfbedeckung. Die Sinne waren auf Jagdbetrieb eingestellt, das Ohr feinjustiert, die Pupillen scharf, der Magen durch kein Frühstück belastet, wach wie ein Pastor vor der Sonntagspredigt. Schon nach ein paar hundert Metern ging die rechte Hand von Bob, unserem (An-)Führer, ruckartig nach oben. Er hatte etwas erspäht. Jeder verharrte augenblicklich im Schritt. Mit kreisendem Blick versuchten auch wir, das Etwas zu erkennen. Vergeblich. Erst, als Bob seinen Arm ausstreckte und geradeaus zeigte, konnten wir unsere Beute erkennen. Und die Beute war: Scheiße.
    Genauer gesagt, frische, dampfende Elefantenscheiße. „Noch keine halbe Stunde alt“, schätzte Bob mit verkniffener Miene und wies auf eine Stelle im Gebüsch etwa 30 Meter entfernt. Dort war das Unterholz niedergedrückt und eine etwa kreisrunde Stelle im Gras markierte das Nachtlager des Elefanten. „Eigentlich lässt sich ihr Dung nicht so nah an ihrer Schlafstelle finden“, erklärte uns Bob. „Dann hatte er es wohl eilig“, dachte jeder von uns den Satz für sich zu Ende und verewigte anschließend, wieder einer nach dem anderen, die Dungballen auf Foto.
    Für ein paar von uns wären es um ein Haar die letzten Bildaufnahmen geworden. Nur wenige Minuten weiter durch den Busch zeigte sich die unberechenbare Seite der Natur – die Wildnis. Der Bulle, ein alter Einzelgänger, hatte sich noch nicht weit entfernt. Was dann kam, ging alles rasend schnell, für Michael beinahe zu schnell. Trotz aller Achtsamkeit war uns entgangen, dass weniger als nur 7 Meter vor uns die graue Rückseite des Riesen zwischen den dichten Büschen aufragte. Ein riesiger Elefantenarsch – wir hätten ihn übersehen. Es war ein unwirklicher Augenblick sekundenlanger Erstarrung. Dann wurden wir von Bob mit im Flüsterton hervorgestoßenen „Go! Go! Go!“-Befehlen zum eiligen Rückzug aufgefordert, ja, vielmehr in die Richtung geschoben, aus der wir gekommen waren. Bobs besonnene Art war zwischen Elefantenbeinen und botswanischem Busch verloren gegangen – sein Gesicht

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