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Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Titel: Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Haas
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Frauen, deren Häuser alle im gleichen froschgrünen Anstrich über die Hügel strahlten. Corporate Identity in Reinform. Der gefürchtete Promi-Zulu König Shaka hatte vor 200 Jahren mehr als 3000 Konkubinen sein eigen nennen dürfen.
    2. Nachts kommt der Tokoloshe. Um den kleinen Gnom daran zu hindern, sich von seinem Versteck unter dem Bett entlang der Bettpfosten ins Bett zu hangeln und mit dem Schlafenden allerlei Unfug zu treiben, führt kein Weg daran vorbei – ungeachtet aller Verschandelung – unter sämtliche Beine jedes einzelnen Bettes in KwaZulu Natal klobige Backsteine zu stapeln.
    3. Wenn nichts mehr hilft, hilft Muti. Die traditionelle, afrikanische Medizin aus runzeligen Schlangenhäuten, muffigen Kadaverresten und gedörrten, ausgekochten oder pulverisierten Pflanzenteilen – eben allem, was sich gut in den knorrigen Händen eines pittoresken Sangomas, des Hexenmeisters, macht – wird seit Urzeiten zur Abwehr von Schwarzer Magie als häufigster Krankheitsursache verwendet. Besonders skurril: Jungfrauensex als heilendes Muti gegen die Immunseuche AIDS.
    4. Der Glauben gibt es viele. Und ein Gottesdienst in KwaZulu Natal ist feierlicher als Zuhause. Feierlicher im Sinne von sanges- und tanzfreudiger. Selbst der Dreikäsehoch wurde in der Kirche genannten Bretterbude vor den Altar gezerrt und durfte neben der plärrenden Hammondorgel zeigen, was er drauf hatte. Nämlich genauso nachdrücklich impulsiv mit jeweils einem Fuß auf den Lehmboden zu stampfen und dabei in die Hände klatschen zu können, wie der Rest der Gemeinde. Der Rest der Gemeinde, einschließlich jener beiden angesichts dieses exaltierten, kirchlichen Rituals völlig verschreckten Besucher aus dem Heimatland Papst Benedikts II., die nicht umhin kamen, es den übrigen nachzutun.
    5. Sandy, eine Frau fürs Leben. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Obwohl: Bildhaft ließe sich die Zukunft ausmalen, angesichts der zwinkernden Avancen und provokanten Augenaufschläge der jungen Wilden. Unsere Hütte im selben blutigen Rot wie die angebotenen Lippen als Manifest meiner (hypothetischen) südafrikanischen Dependance. Mit achtundneunzig, ach was, mit hunderten weiteren, die Hügel KwaZulu Natals in kafkaeskes Bonbonrot getauchte Hütten unseres bajuwarischen Zulu-Clans.
     

    Bild 9: Welche Frau könnte da widerstehen? Eines der 99 froschgrünen Häuser.
     

    Bild 10: Hier hat der Tokoloshe keine Chance
     
    Alles in allem unterschied sich der Zulu-Alltag der Gegenwart sehr von dem nostalgischen Bilderbuchleben der Vergangenheit, wie es uns im Museumsdorf verklickert werden sollte. Trotz allem, der Übergang vom archaischen Leben in Krälen und Rundhütten hin zu einer Lebensform in festen Gebäuden mit Strom und im günstigsten Fall funktionierenden Wasserhähnen, von Subsistenzwirtschaft hin zu betrieblicher Festanstellung war fließend verlaufen. Der Unterschied lag wie immer im Detail.
    Der traditionelle Kral, landesweit nach festem Muster gebaut und umgeben von zwei Palisadenringen zur Abwehr angriffslustiger Nachbarn hatte nicht den Hauch einer Ähnlichkeit mit dem labyrinthischen Wirrwarr des neuzeitlichen Zulu-Weilers, durch den wir im Gefolge von Babsi, Amy und Sandy geirrlichtert waren. Die Wände der penibel herausgekehrten Strohhütte des Sangomas zierten in der guten alten Zeit akkurat aufgehängte Primatenschädel und penibel aufgerollte Schlangenleiber neben glänzenden Raubtierfellen. Von oben herab hingen irdene Gefäße, die den geheimnisvollen Pestilenzhauch des Hades verströmten. Im schlechtverputzten Kabuff des 21. Jahrhundert roch es hingegen nach Schweiß, Alkohol und feuchtem Zementboden, auf dem man zwischen all dem achtlos hingeschmissenen und in schmutzige Plastiktüten verpackten heiligen Tand schneller zu liegen kommen konnte, als einem lieb sein durfte.
    Nur in puncto Alkoholkonsum standen sich die Generationen in nichts nach. Der moderne Hexenmeister stierte genauso donnervoll auf seine zur Weissagung geworfenen Knöchelchen wie die Riege der traditionellen Jagdtänzer mehr stolpernd und sich gegenseitig weggrätschend als virtuos tanzend den Pantheon der Götter über dem lebenden Museum um Mut und Jagdglück baten.
    Alkoholismus schien generell weit verbreitet zu sein, und es verging kaum ein Tag, an dem wir nicht mit Volltrunkenen zu tun hatten. Zumeist armselige Auftritte in ihrer Pisse auf dem Boden Schlafender, seltener brutale Gewaltausbrüche nebulösen Hintergrunds, im besten Fall lustiges

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