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Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Titel: Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Haas
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Waren wir zu spät und die Schildkrötenbabys vielleicht schon weg? Oder schliefen sie noch? Wollte unser Führer nur ein Bakschisch, um uns auf den richtigen Weg zu bringen? Es ging auch ohne Bestechung. Mit ein paar sehr vorsichtigen, kreisenden Bewegungen seiner Hände schob er die letzten ein oder zwei Zentimeter des Sandes beiseite, die den kleinen Babys noch gefehlt hatten, um das Licht der Welt zu erblicken. Mit ein wenig Geduld hätten sie es in zwei oder drei Minuten auch so geschafft. Von wegen „Ihr im Westen habt die Uhren, wir in Afrika haben die Zeit.“
    Michaels Augen begannen zu leuchten. Er war wieder ganz Kind. Aah und Ooh und wie lieb. Keine Spur mehr von Piratentum oder von der rauen Schale, die er sich während der vergangenen Wochen quer durch Afrika zugelegt hatte. Irgendwie war es beruhigend und erfüllend, ihn so kindlich und natürlich auch so glücklich zu sehen. Wie er den Meeresschildkrötenbabys hinterherrannte, kaum mit den Kleinen Schritt halten konnte und sich immer wieder bewaffnet mit unserer Spiegelreflexkamera auf alle viere fallen ließ, um schnell genug zu sein und eine gelungene Aufnahme eines der kleinen Flitzer einzuheimsen. Tja, damit würde er seine Klassenkameradinnen beeindrucken. Zweifellos.
     

    Bild 17: Unsere sandverkrusteten Schildkrötenbabys am Strand von Juani Island
     
    Für ein standesgemäßes Mittagessen blieb vor unserem Tauchgang keine Zeit mehr. Eine Rolle Pringles als Aufbaunahrung musste genügen. Michael hatte natürlich nichts dagegen einzuwenden. Er war noch immer in absoluter Hochstimmung. Aufgekratzt wie selten hüpfte er auf dem Weg zu den Big Blu Divers die Dorfstraße entlang vor mir her und machte mit seinem pausenlosen Gegackere der heimischen Hühnermannschaft Konkurrenz. Ob ich es wollte oder nicht – Michaels Blödeleien waren hochansteckend. Ein Wort ergab das andere, bis wir alles um uns herum vergaßen und nur noch zwei wie tollwütig zuckende Leiber auf dem Weg durch die pralle Sonne waren. Wir waren der Mittelpunkt der Welt – nichts existierte mehr außer uns. Jeder versuchte, den anderen an Schabernack zu übertreffen, mit Running Gags, die nur uns beiden etwas sagten. Skurrile Begegnungen, unvergleichliche Wortwechsel, unermüdlich aufs Neue abgearbeitet und komödiantisch bis zum Exzess aufgebauscht.
    Die Glücksregler auf Maximum gedreht trafen wir mit reichlich Verspätung auf der Terrasse der Tauchbasis ein. Gerade noch rechtzeitig, um so schnell es ging die passenden Accessoires – Brille, Flossen und Tauchanzug – zusammenzuraffen und unter einem Großaufgebot an Selbstkontrolle auf die abfahrbereite Dau zu hüpfen, ehe es mit mehr als genügend Wind in den Segeln auch schon losging.
    Die Fahrt war eine kleine Katastrophe. Ein winziger Moment reichte. Ein kurzer Blickkontakt – und das infantile Gekicher ging von vorne los. Ein einziger Buchstabe, von Michaels Lippen lautlos geformt, genügte als Initialzündung, um mir eine ganze Geschichte wie durch Gedankenübertragung in mein sowieso schon überfülltes Gehirn zu schießen. Dort prallte sie mit dem vielen, was sich dort ohnehin schon befand, erbarmungslos zusammen und löste eine noch viel größere, infernale Explosion aus. Es war wie ein Rausch. Ein Rausch, der auch den beiden Tauchlehrern nicht verborgen blieb.
    Erst, als sie sich mit ernsten, sorgenvollen Mienen neben uns setzten und vorsichtig mit dem Briefing begannen, wurde es langsam ein wenig besser. Mussten wir uns – notgedrungen und so gut es nur eben ging und mit der Selbstbeherrschung für ein ganzes Jahr – zusammenreißen.
    Für uns sollte es sich für die nächsten dreißig Minuten nur um einen adäquaten Druckausgleich und um das Mundstück, das wir niemals, aber wirklich nie-, nie-, niemals aus dem Mund nehmen durften, drehen. Jedenfalls, solange wir unter Wasser waren, nahm ich mal an, verzichtete aber darauf, nachzufragen. Wer weiß, was dann wieder alles passiert wäre. Also lachtechnisch. Für alles andere Überlebenswichtige würden unsere jeweiligen Tauchlehrer sorgen, die versprachen, uns von hinten festzuhalten und penibel darauf zu achten, dass wir dort unten in ihrem Wohnzimmer keinen Blödsinn anstellten.
    Dann tauchten wir ab. Der entscheidende Unterschied zu unseren Schnorchelerfahrungen war ganz zweifellos, dass die Masken absolut dicht waren und vor allem nicht beschlugen. Natürlich brauchten wir auch nicht alle paar Sekunden aufzutauchen, weil uns die Luft auszugehen drohte.

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