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Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Titel: Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Haas
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verlassen in meinem Low-Budget-Einzelzimmer in Kairos Altstadt. Und zum Glück hatte ich meine Rechnung nicht im Voraus bezahlt, denn es war nur dieses ausstehende Geld, das jemand in mein Zimmer trieb und mich rettete – gerade noch rechtzeitig vor dem letalen Würgegriff unumkehrbarer Dehydrierung.
    Michael und ich hielten den Eiferern jeglicher Couleur unser Kreuz mit dem Namen Malarone entgegen. Ein sehr gut verträgliches, prophylaktisches und – für den Fall der Fälle – therapeutisches Präparat. Keine Experimente. Bekehrung aussichtslos. Einzige erkennbare Nebenwirkung: Ein Loch in der Geldbörse von der Größe eines halben Flugtickets. Aber schließlich wollten wir, dass nichts in die Hose geht. Stimmt’s, Ivy?
     
    Für unseren letzten Tag auf Mafia Island hatten Michael und ich etwas ganz Besonderes geplant. Die vergangenen Tage waren wie im Flug vergangen. Auf Mohammeds Dau kannten wir schon jede scharfe Kante und von den Korallenriffen gab es keines, dessen oberen drei oder vier Meter wir nicht mit Maske und Schnorchel bewaffnet erforscht hätten. Aber was kam weiter unten? Wir waren beide keine Taucher. Michael nicht, weil er bisher noch zu jung dazu gewesen war. Und ich fand es oberhalb der Wasserkante immer spannend genug, um nicht tiefer in die Welt unter Wasser eintauchen zu müssen. Das sollte sich jetzt ändern.
    Zusammen mit den Big Blu Divers wollten wir auf deren Dau zu einem der spektakulärsten Tauchplätze vor Ort aufbrechen. Nach einer kurzen Einweisung würde es bis auf zehn Meter Tiefe hinab gehen. Immer mit der Hand des persönlichen Tauchguides im Nacken und ohne auf Technik oder physische Gesetzmäßigkeiten achten zu müssen. Probetauchgang nannte sich das und eröffnete uns Nicht-Tauchern die einzigartige Möglichkeit, zu tauchen, ohne eigentlich tauchen zu können.
    Der Trip war erst für den Nachmittag anvisiert. Wir hatten also noch ausreichend Zeit für eine weitere Spezialität Mafia Islands: Schildkrötenbabys. Nein! Nicht als Ragout. Wir wollten beobachten, wie die kinderhandtellergroßen Putzelchen sich den Weg aus ihren Sandnestern in die Freiheit erkämpften und sie auf ihrem gefahrvollen Weg quer über den Strand bis in den Indischen Ozean begleiten und beschützen – vor übellaunigen Krebsen und hungrigen Möwen.
    Dafür hieß es wieder einmal, früh aufzustehen. Sogar sehr früh. Wir ließen uns im ersten Licht des beginnenden Tages von Mohammed zur Nachbarinsel Juani Island übersetzen, wo im nächstbesten Weiler bereits ein kundiger Mitarbeiter der Naturschutzbehörde auf uns wartete. In dessen Begleitung durchquerten wir das Inselinnere. Eine vergessene Ecke der Welt, in der die Zeit vor Jahrhunderten stehengeblieben schien. Die Menschen lebten in winzigen Lehmhütten, natürlich ohne Strom, fast immer ohne Generator. Es ging vorbei an Ruinen aus vergangenen Zeiten, überwachsen vom Gestrüpp vieler Jahrzehnte. Entlang Geheimnis tragender Mauern, die – so meinten wir jedenfalls – noch immer den sauren Odem der Sklavenhändler und den salzigen Schweiß geknechteter Körper ausatmeten.
    Michael hatte seinen Entdeckerblick aufgesetzt. Mit einem um die Stirn gebundenen roten Halstuch und seinem hochgekrempelten, letzten Paar knielanger Hosen sah er aus wie ein Pirat auf Beutezug. Er war ganz in seinem Element. Mit einer Rute aus einem abgerissenen Palmstrunk stocherte er zwischen den Blättern am Wegesrand herum oder bohrte in Löchern im Boden auf der Suche nach versteckten Eidechsen und in der Hoffnung, endlich einmal einen Skorpion aufzustöbern. Ich war froh, dass er keinen fand.
    Dann waren wir da. Vor uns lag der Indische Ozean. Soweit das Auge reichte nichts als das stahlblaue Meer. Eingerahmt von einem wolkenlosen Himmel und einem jungfräulichen Sandstrand ohne einen einzigen Fußabdruck. Von Meeresschildkröten keine Spur. Doch unser Guide wusste, wo es lang ging. Zielsicher steuerte er den Fuß einer etwa sieben oder acht Meter hohen Dünung an und ließ uns ihm gegenüber Aufstellung nehmen. Dann zeigte er auf den Sand, lächelte und nickte vielversprechend. Trotz des mittlerweile hellen Sonnenlichts sahen wir – nichts.
    „Kannst du etwas sehen?“, fragte ich Michael, der wie ich in die Hocke gegangen war und den Sand anstarrte.
    „Nein, Papa. Nix. Du auch nicht, oder?“
    Wir zuckten beide die Achseln und schauten unseren Guide an, der sich gerade eine Zigarette angezündet hatte und mit zugekniffenen Augen versonnen den Horizont abtastete.

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